Apotheken haben die ersten Rückmeldungen über die Liefermengen der Covid-19-Impfstoffe für kommende Woche erhalten. Die Zusagen kommen einen Tag verspätet und dürften erstmals seit Langem wieder für Entsetzen in den Arztpraxen sorgen. Der Großhandel bewertet die Liefersituation weniger drastisch – die Lage sei im Mai und in der ersten Junihälfte deutlich dramatischer gewesen.
Die Nachfrage nach Impfungen in der Bevölkerung steigt. Aus diesem Grund haben vielerorts wieder mehr Ärzt:innen Covid-19-Impfstoffe bestellt. Alleine 16 Mediziner:innen meldeten sich bei einem Inhaber aus Baden-Württemberg. „Davor hatten wir nur noch fünf Ärzte, die regelmäßig bestellt haben“, sagt er. Die anderen hätten von einer Bestellung teilweise drei Wochen gezehrt. Insgesamt meldete er bei seinem Großhändler 122 Vials Comirnaty an, das heißt, dass nicht jede Praxis die Höchstmenge von acht Vials je Arzt ausschöpfte.
Die Rückmeldung fiel deutlich geringer aus. „Ich bekomme 64 Vials“, sagt der Apotheker. „Ich wurde noch nie so gekürzt wie jetzt.“ Die Gründe kennt er nicht: „Bisher hatte ich immer das Gefühl, ich bekomme mehr als der Durchschnitt.“ Derzeit sei sein Team dabei, die Praxen über die Bestellmengen für kommende Woche zu informieren. Die Reaktionen seien von „großem Entsetzen“ geprägt. „Jetzt muss abgewogen werden, welche Patienten wieder ausgeladen werden.“ Die Praxen seien froh gewesen, dass die Termine vergeben waren.
Wie erwartet war auch im Fall der baden-württembergischen Apotheke die Nachfrage nach dem Impfstoff von Biontech besonders groß. Spikevax von Moderna habe nur eine Praxis bestellt – und zwar ein Vial. Die Ablehnung gehe auf die Patient:innen zurück, erklärt der Apotheker. Die Praxen sagten, sie hätten genug zu tun und könnten jetzt nicht noch über einen neuen Impfstoff aufklären und diskutieren. „Manche haben auch gesagt, dass sie Moderna nachbestellen wollen, wenn sie nicht genug Biontech bekommen.“ Genau das, will der Inhaber jetzt beim Großhandel versuchen.
Ein Vertreter des Großhandels bewertet die Rückmeldung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mit den zugesicherten Liefermengen differenzierter. „Natürlich gibt es punktuell bei Apotheken ärgerliche Situationen.“ Insgesamt sei es bei einer „großen Zahl an Apotheken gut gelaufen.“ Man könne 85 bis 100 Prozent der bestellten Impfstoffe ausliefern. Knapp 20 Prozent der Bestellungen entfielen auf den Moderna-Impfstoff.
Bei den Bestellungen, die bis Dienstagnachmittag eingegangen sein mussten, hätten einzelne Apotheken einen Fehler gemacht. Es sei nicht pro Ärzt:in, sondern pro Apotheke bestellt worden. „In diesen Fällen bleibt uns nichts anderes übrig, als die Bestellung zusammenzustreichen.“ Denn das BMG habe festgelegt, dass pro Mediziner:in 8 Vials Biontech bestellt werden dürften. In Berlin kündigte man zudem an, dass es auch weniger Vials sein könnten.
Die faire Verteilung der Impfstoffe war besonders zu Beginn der Impfkampagne, als die Vakzine knapp waren, eine Mammutaufgabe für die Großhändler. Sie müssen bei den eingehenden Bestellungen die Kontingente der Bundesländer prüfen. Darüberhinaus gibt es Schlüssel für den Marktanteil sowie einen für den Bevölkerungsanteil pro Bundesland, die festlegen, wer wie viel Impfstoff erhält und an die Apotheken weitergeben kann.
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