Frühwarnsystem für Mutationen

Biontech: KI fahndet nach Hochrisikovarianten

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Berlin -

Dass Viren mutieren, ist nicht neu. Dennoch sorgen neue Virusvarianten zunächst für Unruhe und Bedenken. Der Impfstoff-Hersteller Biontech hat nun gemeinsam mit dem Unternehmen InstaDeep ein Frühwarnsystem entwickelt, welches Aussagen über potenzielle Hochrisikovarianten zulassen soll.

Das System beruht auf einer neuen Berechnungsmethode, welche weltweit verfügbare Seuquenzierungsdaten analysiert. Mittels künstlicher Intelligenz (KI) sollen dann mögliche Hochrisikovarianten von Sars-CoV-2 vorhergesagt werden können. Dazu werden die virale Fitness – zum Beispiel die ACE2- und Spike-Protein-Interaktion der Virusvariante – und die Eigenschaften der Immunevasion der einzelnen Varianten herangezogen.

Vorhersage dank künstlicher Intelligenz

„Die neue Methode kombiniert die Strukturmodellierung des viralen Spike-Proteins mit KI-Algorithmen, um potenzielle Hochrisikovarianten innerhalb von weniger als einem Tag als solche zu erkennen“, erklärt Biontech. Neue Varianten könnten innerhalb von Minuten erkannt werden, das Risiko sei in Echtzeit überwachbar. „Mit den neuen Berechnungsmethoden, die wir in den letzten Monaten entwickelt haben, können wir die Sequenzinformationen des Spike-Proteins analysieren und neue Varianten nach ihrem vorhergesagten Immune-Escape- und ACE2-Bindung-Score einordnen“, sagte Professor Ugur Sahin, CEO und Mitgründer von Biontech. „Die frühzeitige Erkennung potenzieller Hochrisikovarianten könnte ein wirksames Instrument sein, um Forscher, Impfstoffentwickler, Gesundheitsbehörden und politische Entscheidungsträger zeitnah zu warnen und so mehr Zeit für die Einleitung entsprechender Maßnahmen gegen bedenkliche neue Virusvarianten zu haben.“

Zuverlässige Ergebnisse bei bisherigen Mutationen

Das System wurde bereits umfassend getestet und konnte zuverlässige Ergebnisse liefern: Während des Versuchszeitraums habe das System mehr als 90 Prozent der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) identifizierten Virusvarianten – Variants of Concern (VOC), Variants of Interest (VOI) und Variants Under Monitoring (VUM) – im Durchschnitt zwei Monate im Voraus erkannt. „Die von der WHO identifizierten Varianten Alpha, Beta, Gamma, Theta, Eta und Omikron wurden vom EWS noch in derselben Woche erkannt, in der ihre Sequenz erstmals hochgeladen wurde. Die Omikron-Variante wurde noch am selben Tag, an dem ihre Sequenz verfügbar wurde, als Hochrisikovariante eingestuft.“

Auch die kürzlich in Frankreich entdecke Variante wurde durch das System evaluiert. „Die Ergebnisse zeigen, dass die Fähigkeit dieser Variante, das Immunsystem zu umgehen, ähnlich zur Omikron-Variante ist, dass sie aber eine deutlich geringere Fitness aufweist. Dies macht sie angesichts der aktuellen Daten weniger bedenklich“, so Biontech.

Jeden Tag neue Varianten

„Derzeit werden jede Woche mehr als 10.000 neue Sequenzvarianten entdeckt. Experten können diese komplexen Daten in diesem Umfang nicht mehr bewältigen“, erklärte Karim Beguir, Mitgründer und CEO von InstaDeep. Sars-CoV-2 hat sich in den vergangenen zwei Jahren aufgrund seiner weiten Verbreitung häufig verändert. Die derzeit bekannten Varianten weisen Mutationen auf, die sie vom ursprünglichen Virusstamm unterscheiden. „Allein im Spike-Protein wurden über 13.400 einzelne Missense-Mutationen beobachtet. Die verfügbaren Daten zeigen, dass die Geschwindigkeit, mit der jede Woche Tausende neue Varianten auftauchen, stetig ansteigt. Der Wochendurchschnitt stieg von etwa 300 registrierten Varianten im September 2020 auf 7000 im August 2021 und 12.000 im Dezember 2021“, erklärt Biontech.

Zwar würden die meisten Mutationen zu einer Verringerung der allgemeinen Fitness führen oder keine Auswirkungen auf die Eigenschaften des Virus besitzen, einzelne Mutationen oder bestimmte Kombinationen könnten jedoch zu Hochrisikovarianten mit stark veränderten Fähigkeiten führen. Dadurch können sie das Immunsystem umgehen, die Impfstoffwirkung herabsetzen oder sich leichter Übertragen.

„Da bei infizierten Personen immer wieder neue Virussequenzen festgestellt werden, ist die Vorhersage von Varianten, die das Potenzial zu HRVs haben, von entscheidender Bedeutung für die Eindämmung der Pandemie“, so Biontech. Doch die Identifizierung dieser Varianten stelle die Gesundheitsbehörden vor eine große Herausforderung, da der Nachweis durch verschiedene Tests im Labor sehr zeitaufwändig ist. „Das EWS ermöglicht eine frühzeitige Erkennung dieser Varianten und verkürzt die Zeit, die die Gesundheitsbehörden benötigen, um ihre Auswirkungen zu bewerten und rechtzeitig zu reagieren.“

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