Infizieren oder Impfen? Auf Eltern kleinerer Kinder kommt eine schwere Entscheidung zu. Die Zulassung des ersten Corona-Impfstoffs für Kinder ab fünf Jahren steht auch in Europa unmittelbar bevor – aber überwiegt der Nutzen angesichts des geringen Risikos für einen schweren Krankheitsverlauf? Der Hersteller gibt das Vakzin als sicher, immunogen und wirksam an. Die Ergebnisse der Zulassungsstudie wurden im „New England Journal of Medicine“ (NEJM) veröffentlicht.
Schon bald könnten auch in Europa Kinder zwischen fünf und elf Jahren mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer geimpft werden. In den USA hatte Pfizer bereits im Oktober die Genehmigung der US-Arzneimittelbehörde FDA erhalten, wenige Tage später folgte die Empfehlung der US-Impfkommission. Unterdessen lassen Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und Ständige Impfkommission (Stiko) noch auf sich warten. Lange kann es jedoch nicht mehr dauern, bis die Kinder-Zulassung in der EU kommt.
Im Rahmen der Zulassungsstudie wurden an vier Zentren in den USA bereits im März 49 Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren geimpft. Dabei zeigte sich, dass bereits ein Drittel der Erwachsenendosis – 10 µg mRNA – eine gute Immunität bewirkte. In Phase II/III wurde dann nur noch die niedrige Dosis verimpft: Ab Juni wurden an 81 Zentren in den USA und Europa knapp 2300 Kinder mit zwei Impfdosen im Abstand von 21 Tagen geimpft. Sie erhielten entweder die 10 µg-Dosis oder Placebo. Dabei zeigten sich verschiedene Nebenwirkungen.
Im Rahmen der Studie konnte kein Fall eines sogenannten „multisystemischen Entzündungssyndroms“ festgestellt werden. Meist sind Kinder von der Symptomatik betroffen, die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) gaben ihm daher den Namen MIS-C („children“). Rund drei bis vier Wochen nach der Covid-Infektion entwickeln die Kinder plötzlich hohes Fieber. Die Entzündungswerte zeigen zudem einen starken Anstieg. Die Erkrankung macht eine Behandlung auf der Intensivstation erforderlich. In der Zulassungsstudie seien zudem keine Fälle von Myokarditis oder Perikarditis beobachtet worden. Laut Herstellerangaben sind diese Komplikationen relativ selten. Bei der geringen Teilnehmeranzahl waren sie somit nicht zu erwarten.
Trotz der niedrigeren Impfdosis von nur 10 µg statt 30 µg war die Immunantwort der 5- bis 11-Jährigen nicht schwächer als bei den 16- bis 25-Jährigen. Der mittlere geometrische Titer (GMT) war mit 1.197,6 versus 1.146,5 sogar etwas höher. Bei den geimpften Kindern ist es nur zu drei nachgewiesenen Covid-Erkrankungen gekommen. In der Placebogruppe waren es 16 Fälle. Die Impfwirksamkeit lag damit bei 90,7 Prozent und damit ähnlich hoch wie bei den Erwachsenen.
Kürzlich entschied sich auch Israel für die Kinder-Impfung: Der Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer darf seit Sonntag Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren verabreicht werden. Zuvor hatte sich bereits ein Beratergremium dafür ausgesprochen. Die vom Gesundheitsministerium konsultierten Berater seien praktisch einstimmig zu dem Schluss gekommen, dass „die Vorteile des Impfstoffs dessen Risiken bei weitem überwiegen“, hieß es. Nur 2 der 75 Fachleute stimmten demnach gegen eine Freigabe des Präparats für Kinder ab fünf Jahren. Das Gremium empfahl zudem mit großer Mehrheit, auch Kinder zu impfen, die bereits eine Corona-Infektion ausgestanden haben.
Bereits Ende Juli war in Israel die Impfung von Fünf- bis Elfjährigen in extremen Ausnahmefällen erlaubt worden. Die Ausnahmen sollten für Kinder gelten, die besonders gefährdet seien, im Falle einer Corona-Infektion schwer zu erkranken oder zu sterben, hieß es damals. Als Beispiele nannte das Gesundheitsministerium unter anderem extreme Fettleibigkeit, schwere chronische Lungenkrankheiten und Herzprobleme.
Expert:innen geben zu bedenken, dass Kinder generell überwiegend keine schweren Covid-19-Verläufe haben – anders als etwa Senioren, bei denen die Impfung nicht selten lebensrettend wirkt. Bei Minderjährigen seien erwartbare positive Effekte und denkbare unerwünschte Wirkungen der Impfung entsprechend schwieriger gegeneinander abzuwägen.
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