Auf der Zielgeraden

Biontech: Ein Corona-Impfstoff reicht nicht

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Berlin -

Mit vielversprechenden Nachrichten zu seinem Impfstoff hat Biontech große Hoffnungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie geschürt. Nun informiert das Mainzer Unternehmen, wie es geschäftlich läuft. Ein zugelassender Corona-Impfstoff würde jedoch nicht für alle Bürger reichen – Experten dämpfen die Hoffnungen. Eine schnelle Rückkehr ins alte Leben wird es wohl nicht geben.

Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer hatten am Montag als erste westliche Hersteller vielversprechende Ergebnisse einer für die Zulassung entscheidenden Impfstoff-Studie veröffentlicht. Ihr Impfstoff biete einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor der Krankheit Covid-19, erklärten die beiden Unternehmen. Schwere Nebenwirkungen seien nicht festgestellt worden. Die Unternehmen wollen nach eigenen Angaben voraussichtlich schon ab der kommenden Woche die Zulassung bei der US-Arzneimittelbehörde FDA beantragen. Ein effektiver Corona-Impfstoff in Europa und den USA rückt damit in greifbare Nähe. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, er gehe von einer parallelen Beantragung der Zulassung bei FDA und der europäischen Arzneimittelbehörde EMA aus.

Mediziner zeigten sich überrascht von den Forschungsergebnissen von Biontech und Pfizer, Finanzanalysten sprachen von einem möglichen Durchbruch im Kampf gegen die Corona-Pandemie. An der Börse schossen die Aktien der beiden Unternehmen hoch. Kurz nach der Veröffentlichung ermutigender Zwischenergebnisse zu seinem Corona-Impfstoff legt das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech an diesem Dienstag Zahlen zum dritten Quartal vor. Zudem will Biontech um 14 Uhr in einer Telefonkonferenz „Informationen zum operativen Fortschritt“ geben.

Für Corona-Impfstoffe gilt wegen der besonderen Dringlichkeit ein beschleunigter Zulassungsprozess. Bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA können Arzneihersteller schon vor dem kompletten Zulassungsantrag einzelne Teile zu Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit eines Präparats einreichen. Ein solches Verfahren hat neben Biontech auch das britisch-schwedische Unternehmen Astrazeneca für seinen Impfstoff-Kandidaten gestartet.

Biontech hatte den Impfstoff BNT162b2 im Projekt „Lightspeed“ (Lichtgeschwindigkeit) seit Mitte Januar entwickelt. Die für eine Zulassung entscheidende Phase-3-Studie begann ab Ende Juli in verschiedenen Ländern. Bis Montag haben mehr als 43.500 Menschen mindestens eine der beiden Impfungen bekommen, die im Abstand von drei Wochen verabreicht werden. Ein Impfschutz wird nach Angaben der Hersteller eine Woche nach der zweiten Injektion erreicht. Biontech und Pfizer rechnen damit, noch in diesem Jahr weltweit bis zu 50 Millionen Impfstoff-Dosen bereitzustellen, im kommenden Jahr kalkulieren sie mit bis zu 1,3 Milliarden Dosen. Die EU-Kommission verhandelt bereits seit einiger Zeit mit Biontech und Pfizer über einen Rahmenvertrag zur Lieferung des Impfstoffs an alle EU-Staaten.

Bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs setzt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) auf eine Herstellung in großem Stil. „Es wird darauf ankommen, den Impfstoff nun möglichst rasch und in großen Mengen zu produzieren“, sagte Karliczek. Die Nachricht von Biontech und Pfizer sei ein Grund zum Optimismus. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dringt darauf, dass die EU nun in den nächsten Tagen einen Liefervertrag mit Biontech und Pfizer abschließt. Es gebe bisher einen Vorvertrag, aber keinen Abschluss, kritisierte Spahn am Montagabend im ZDF. Jetzt müsse man zu einem Ergebnis kommen. „Ich könnte es als deutscher Gesundheitsminister jedenfalls schwer erklären, wenn in anderen Regionen der Welt ein in Deutschland produzierter Impfstoff schneller verimpft würde als in Deutschland selbst.“

Die EU-Kommission verhandelt bereits seit einiger Zeit mit Biontech/Pfizer über einen Rahmenvertrag zur Lieferung des Impfstoffs an alle EU-Staaten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb am Montagnachmittag auf Twitter, man werde bald einen Vertrag über bis zu 300 Millionen Impfdosen abschließen.

 

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