Bei Schnelltest-Abgabe drohen bis zu 30.000 Euro Bußgeld Alexander Müller, 21.04.2020 12:56 Uhr
Eine Corona-Infektion kann auch mit sehr schwacher oder überhaupt keiner Symptomatik einhergehen. Schnelltests sollen Gewissheit bringen, doch diese Covid-19-Antikörpertests sind unter Fachleuten umstritten. Die Abda rät Apotheken wegen rechtlicher Bedenken dringend davon ab, solche Tests ihren Kunden anzubieten. Denn das sei eine Ordnungswidrigkeit und könne mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
Mit den jetzt gelockerten Kontaktverboten wird wieder viel über Herdenimmunität spekuliert. Wie viele Menschen haben eine Coronavirus-Infektion vielleicht schon unbemerkt hinter sich und sind immun gegen eine Neuansteckung? Die Schnelltests sollen die Antwort bringen, auch Apotheken können sie bei verschiedenen Herstellern beziehen. Einige Apotheken geben die Tests an Kunden ab, anderen wurde der Verkauf seitens der Regierung bereits verboten.
Die Rechtsabteilung der Abda rät ebenfalls dringend von der Abgabe der Schnelltests in der Apotheke ab: Eine Abgabe an Patienten sei rechtlich bedenklich, heißt es in einem Schreiben an die Apothekerverbände.
Die Abda-Juristen verweisen auf die Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV), wonach In-vitro-Diagnostika zum direkten oder indirekten Nachweis eines Krankheitserregers für die Feststellung definierter Krankheiten nur an den hier ebenfalls definierten Personenkreis abgegeben werden dürfen. Bei Covid-19 handele es sich um eine „bedrohliche übertragbare Krankheit“ im Sinne des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Insbesondere eine Abgabe an Laien ist demnach untersagt“, stellt die Abda klar.
Die vorgesehene Ausnahme für In-vitro-Diagnostika sei für Tests, die dem Nachweis von CoV-2-Viren dienen, nicht einschlägig. Soweit das Robert Koch-Institut (RKI) von diesem Verbot in der MPAV befristete Ausnahmen zulassen kann, habe es von dieser Möglichkeit jedenfalls nach Kenntnis der Abda-Juristen noch keinen Gebrauch gemacht.
„Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung von Tests an Patienten in der Apotheke ebenfalls unzulässig ist“, betont die Abda. Bei der durch Durchführung derartiger Tests durch Apothekenpersonal handelt es sich um eine Tätigkeit, die IfSG ausschließlich Ärzten vorbehalten sei. „Darüber hinaus dürfte die Testung von Patienten in der Apotheke als erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde einzustufen sein.“ Insbesondere handele es sich nicht um einfache Gesundheitstests, bei denen dem Patienten lediglich ein Messwert, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Normwert, mitgeteilt wird.
Dass die Apotheker die Warnung ihrer Standesvertretung ernstnehmen sollen, verdeutlichen die Abda-Juristen mit einem Verweis auf die Konsequenzen: „Die Verletzung des Abgabeverbots nach § 3 Abs. 4 MPAV kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden“, heißt es in dem Schreiben. Die Verletzung des Arztvorbehalts nach IfSG werde als Straftat mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldbuße geahndet. Die gleiche Strafandrohung gelte für die Ausübung der Heilkunde als Nichtarzt ohne Erlaubnis.
Der Apothekerverband Rheinland-Pfalz hat seine Mitglieder in einem Schreiben bereits über die Stellungnahme der Abda informiert und die Argumente vorgetragen. In der Geschäftsstelle teilt man die rechtlichen Bedenken und sieht auch das Image der Apotheker in Gefahr. Da die Aussagefähigkeit der Tests von Experten bezweifelt werde, sei es gut, wenn die Apotheken eine zurückhaltende Position einnehmen würden, sagte ein Sprecher auf Nachfrage. Die fachliche Aussagekraft sei sehr gering, und wenn die Apotheke durch Kompetenz wahrgenommen werden möchte, solle sie solche Tests schon aus diesem Grund nicht anbieten.
Tatsächlich besteht auf Seite der Apotheken durchaus Interesse. Laut einer aposcope-Umfrage aus der vergangenen Woche bieten zwar bislang nur sehr vereinzelt Apotheken Schnelltests an, allerdings plant jede vierte Apotheke, ein entsprechendes Angebot aufzunehmen. Möglicherweise wird sich diese Einschätzung in dieser Woche – im Licht der rechtlichen Einschätzung – aber auch schnell ändern.
Einige Apotheken bieten die Tests trotzdem schon an und berufen sich auf eine rechtliche Grauzone: In der Adler-Apotheke im bayerischen Sonthofen gibt Apotheker Hans-Peter Keiß schon seit gut einer Woche Schnelltests ab. Die Nachfrage sei so groß. „Wir geben die Antikörper-Schnelltests auch nur an Kunden ab, bei denen wir den Einsatz als sinnvoll empfinden. Die Durchführung wird natürlich erklärt. Wir weisen auch darauf hin, dass bei einem positiven Testergebnis das weitere Vorgehen mit dem Arzt besprochen werden sollte“, so Keiß.
Auch Apotheker Timo Ried verkaufte die Tests in seinen Apotheken genau einen Tag lang – bevor es ihm vom Regierungspräsidium untersagt wurde. Ried ging davon aus, dass dieser Test sowohl für verunsicherte Bürger als auch für deren Ärzte und gerade auch für die vielen Betriebe in der Region in der aktuellen Situation eine echte Hilfe darstellen würde. Er hat zusammen mit den umliegenden Arztpraxen einen neuen Weg gefunden, wie er besorgten Patienten helfen kann: „Wir haben die Tests immer noch an Lager, doch geben wir sie nur in Form eines Gutscheins an den Patienten ab. Dieser geht mit dem Gutschein dann zu seinem Hausarzt und lässt den Test dort durchführen. Bezahlt wird in der Apotheke.“