Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) hat in Anlehnung an die Empfehlungen des Nationalen Ethikrates eine S1-Leitlinie zur palliativmedizinischen Versorgung von Covid-19-Patienten entwickelt. Wichtiger inhaltlicher Punkt ist die Entscheidung für intensivmedizinische Maßnahmen. Die Leitlinie verweist darauf, dass diese Entscheidung nicht aufgrund des Alters des Patienten getroffen werden kann. Im Fokus sollten der Wille des Patienten und das Vorliegen einer nicht heilbaren lebenslimitierenden Erkrankung stehen.
Bei der Entscheidung über eine palliativmedizinische Therapie von Covid-19-Patienten sollten neben der vorliegenden nicht heilbaren Erkrankung auch der Wille des Patienten im Fokus stehen. Um Ärzten und Pflegekräften das Vorgehen zu erleichtern, hat die DGS eine S1-Leitlinie zur palliativmedizinischen Versorgung von Covid-19-Patienten entwickelt. Die Autoren setzen die Gesamtsituation des Patienten in den Fokus: Ob eine intensivmedizinische Versorgung aufgenommen wird oder nicht, sollte nicht allein vom Alter des Patienten abhängen.
„Jedes menschliche Leben genießt den gleichen Schutz“, heißt es in den Empfehlungen des Nationalen Ethikrats in Anlehnung an das Grundgesetz, und zwar unabhängig von Geschlecht, Rasse, Religion, Herkunft und Alter. „Daher darf der Staat auch in Ausnahmezeiten nicht vorschreiben, welches Leben in einer Konfliktsituation vorrangig zu retten ist“, sagt Norbert Schürmann, Autor der neuen S1-Leitlinie und Vizepräsident der DGS. Er betont: „Das Alter stellt keine Begründung für eine Behandlungsrestriktion dar.“
Die Therapiezielfestlegung sollte mehrdimensional erfolgen. Die DGS hat hierfür fünf Fragen ausgearbeitet, die bei der Entscheidung für oder gegen eine intensivmedizinische Behandlung abgefragt werden sollten.
Falls eine Intensiv- oder Beatmungstherapie nicht indiziert ist, sollte der Patient palliativ versorgt werden. Gleiches gilt auch, wenn eine intensivmedizinische Betreuung nicht dem in der Patientenverfügung geäußerten Willen des Patienten entspricht. Auch dann sollte der Betroffene auf einer Palliativstation, in einem Hospiz, durch ein Palliativteam oder den Hausarzt versorgt werden.
Falls die Berücksichtigung von Triage unvermeidlich ist, sollte eine Entscheidung stets durch ein Mehraugenprinzip gefällt werden. In der S1-Leitlinie wird empfohlen, dass die Entscheidung für eine Beatmungstherapie im Falle von begrenzten Beatmungsplätzen stets anhand von ethischen Fallbesprechungen getroffen werden sollte. Diese können, so die Empfehlung weiter, auch zu mehr Transparenz bei Angehörigen und Mitarbeitern führen.
Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungstherapie (DGP) hat ein Positionspapier zur praktischen Umsetzung der apparativen Differenzialtherapie der akuten respiratorischen Insuffizienz bei Covid-19-Infizierten veröffentlicht. Die Empfehlungen basieren auf der aktuellen Studienlage und Erfahrungen aus der Praxis. Es werden Ansätze aufgezeigt, welche Art der Beatmung in welchem Fall angebracht ist. Die DGP unterteilt die Infektion in drei Phasen: frühe Infektion, pulmonale Erkrankung und hyperinflammatorische Erkrankung. Wie ausgeprägt die respiratorische Insuffizienz ist, wird durch mehrere Faktoren bestimmt. Dabei sind der Schweregrad der Infektion und die Immunantwort des Körpers ausschlaggebend. Hierbei spielen auch der Grundzustand des Organismus und eventuelle Komorbiditäten eine Rolle.
Menschen mit unheilbaren, lebenslimitierenden und fortschreitenden Krankheiten sollen eine kompetente Versorgung erhalten. Palliative Versorgung setzt dort an, wo eine kurative Behandlung nicht mehr möglich ist. Immer im Fokus: Die Verbesserung der Lebensqualität und Selbstbestimmung der Patienten. Innerhalb der palliativmedizinischen Versorgung werden neben der medizinischen und medikamentösen Versorgung auch psychologische und soziale Unterstützung angeboten. Die „Spezialisierte ambulante Palliativversorgung“ (SAPV) gehört zum Leistungskatalog der GKV und richtet sich an Palliativpatienten, die besonders aufwendig medizinisch betreut werden müssen. Das Ziel der SAPV ist eine Versorgung der Patienten in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung. SAPV- spezialisierte Teams setzen sich aus Palliativärzten, Pflegediensten, Physiotherapeuten, Seelsorgern und SAPV-spezialisierten Apotheken zusammen. Diese sogenannten „Palliative Care Teams“ braucht der Patient für eine optimale Rundumversorgung.
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