Mittlerweile ist bekannt, dass Covid-19 nicht nur die Lunge, sondern auch die Endothelien befallen kann. Häufig treten daher thrombotische Komplikationen auf. Eine Prävention mit niedrigdosierter Acetylsalicylsäure (ASS) könnte im Falle einer Infektion den Verlauf positiv beeinflussen, wie eine Beobachtungsstudie nun zeigen konnte.
Schon häufiger wurde der Einfluss von Antikoagulantien bei Covid-19 diskutiert. Nun zeigt eine Studie der University of Maryland School of Medicine in Baltimore, dass bereits niedrigdosiertes ASS helfen könnte, für mildere Verläufe zu sorgen. Viele Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhalten den Wirkstoff bereits zur Sekundärprävention. Eine Studie zeigte, dass es bei diesen vorbelasteten Patienten weniger zu Komplikationen während einer Covid-Infektion kam.
Für ihre Analyse nahmen sich die Forscher Daten aus der ersten Pandemiewelle zur Hilfe: Knapp 100 Patienten waren bis Juli aufgenommen worden und mit niedrigdosiertem ASS in Höhe von 81 mg behandelt worden. Bei 314 Patienten, die den Wirkstoff nicht erhielten, kam es zu schwereren Erkrankungsverläufen.
Insgesamt mussten die ASS-Patienten nur in 35,7 Prozent der Fälle mechanisch beatmet werden, bei den Patienten ohne ASS waren es 48,4 Prozent. Auch eine Behandlung auf der Intensivstation war mit 38,8 Prozent seltener als mit 51 Prozent. Die Todesfälle waren hingegen in beiden Gruppen etwa gleich hoch – unter den ASS-Patienten starben 26,5 Prozent, ohne ASS 23,2 Prozent.
Patienten mit einer ASS-Einnahme hatten allerdings eine schlechtere Ausgangslage, da sie häufiger unter Bluthochdruck, Diabetes sowie Herz- und Nierenerkrankungen litten. Die Forscher berücksichtigten diese Risikofaktoren und werteten die Daten erneut aus: Insgesamt zeigte sich dann ein 44 Prozent vermindertes Risiko für eine mechanische Beatmung. Außerdem mussten die ASS-Patienten um 43 Prozent seltener auf einer Intensivstation behandelt werden. Es zeigte sich zudem, dass das Sterberisiko mit 47 Prozent fast um die Hälfte verringert war. Gleichzeitig wurde keine erhöhte Rate für schwere Blutungen oder Thrombosen dokumentiert.
Bisher findet in den meisten Kliniken eine antithrombotische Behandlung mit Heparinen statt. Der Einsatz von ASS erscheint jedoch ebenfalls durchaus plausibel. Als Grundlage sind allerdings weitere Studien notwendig, die die Wirkung gezielt untermauern können. Auch als Prävention ist ASS bisher nicht ausreichend untersucht. Das mit der Einnahme verbundene erhöhte Blutungsrisiko könnte zu Komplikationen führen. Vor der Einnahme müsste daher eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung stattfinden.
Blutverdünner konnten bereits in mehreren Untersuchungen das Sterberisiko unter Covid-19 senken: US-Mediziner hatten nach einer Studie mit knapp 4400 Teilnehmern im „Journal of the American College of Cardiology“ vielversprechende Ergebnisse veröffentlicht. Die Behandlung mit Blutverdünnern – unter Berücksichtigung des Zustands der Patienten – ging den Forschern zufolge mit einer etwa halbierten Todesrate einher. Zudem war das Risiko für eine künstliche Beatmung um etwa 30 Prozent reduziert. Das Thema Antikoagulanzien ist schon länger Thema bei Covid-19. Erst im Juli beschäftigte sich eine Studie mit dem Einsatz von Heparin & Co. – die Gabe von niedermolekularem Heparin wurde zuletzt in die überarbeitete Leitlinie „Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit Covid-19“ aufgenommen.
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