In der Adler-Apotheke in Rhaunen haben Apotheker und PTA erneut eine große Menge Desinfektionsmittel hergestellt. Nachdem es zunächst Probleme mit der Beschaffung der Rohstoffe gab, fehlen nun die Primärgefäße. Inhaber Johannes Jaenicke suchte nach einer Lösung und rief die Kunden dazu auf, ihre eigenen Gefäße mitzubringen. Vor Ort füllen die Mitarbeiter dann Mengen bis zu 100 ml ab.
Es ist nicht die erste Desinfektionsmittelherstellung in der Rezeptur von Johannes Jaenicke, seitdem Apotheken durch die Lockerung der Biozidverordnung selbst Isopropanol- oder Ethanol-haltige Lösungen herstellen dürfen. „Über 1000 Liter haben wir bereits produziert. Vorrangig für Verbandsgemeinden, Feuerwehren, Polizei und Seniorenheime.“ Für diese Institutionen stellt der Apotheker größere Mengen zu Verfügung. Für die Kunden stehen Gebinde zu 100 ml bereit.
Die Adler-Apotheke verfügt über eine optimale Ausstattung für die Großherstellung: „Wir haben durch vorhandenes Equipment die Möglichkeit, Ansätze über 100 Liter zu fahren.“ Dieses Volumen wird dann in Kanistern bis zur Abfüllung zwischengelagert. Aus 100 Litern Lösung entstehen somit 1000 Flaschen à 100 ml, doch diese große Anzahl an Primärgefäßen kann der Apotheker momentan nicht beziehen. Zuerst fehlten laut Jaenicke die Ausgangsstoffe, die habe er aktuell in ausreichenden Mengen vorrätig. Nun mangelt es an geeigneten Primärpackmitteln. Unternehmen wie Wepa können aktuell kaum oder gar keine Glas- oder Plastikflaschen mehr liefern.
Da es sich bei den alkoholischen Lösungen um Biozide handelt, spielt das Primärpackmittel in der Qualität eine untergeordnete Rolle. Bei der Abfüllung von Arzneimitteln dürfen nur Packmittel mit gültigem Zertifikat verwendet werden – bei der Abfüllung von Bioziden kann darauf verzichtet werden. Somit entschied sich Jaenicke dazu, die Kunden zu bitten, eigene Gefäße mitzubringen. Er betont, dass das Team genau hinsieht: „Wir schauen uns selbstverständlich jede Flasche vor der Abfüllung genau an und entscheiden dann, ob es sich als Gefäß für das Desinfektionsmittel eignet.“ Sei eine Flasche gänzlich ungeeignet, so würde keine Abfüllung stattfinden. Ist die mitgebrachte Flasche oder das mitgebrachte Glas sauber und intakt, so kann der Kunde 100 ml Desinfektionsmittel abgezapft bekommen.
Jaenicke ist stolz auf sein Team und bedankt sich für so viel Arbeitseinsatz. Er hat in seiner Offizin verschiedene Präventionsmaßnahmen eingeführt, so verfügen alle Kassenplätze beispielsweise über einen „Spuckschutz“ aus Plexiglas, selbst den Durchgang in den Backoffice-Bereich hat er mit Plexiglas versehen. Der Zugang zur Apotheke ist genauso geregelt wie der einzuhaltene Mindestabstand. Das gesamte Team arbeitet momentan mit Maske im Handverkauf. Für die Kollegen stehen ausreichend Desinfektionsmittel zur Verfügung.
Die Dorfgemeinschaft in Rhaunen hält zusammen. So nähen engagierte Frauen waschbaren Mundschutz und stellen diesen der Adler-Apotheke zur Ausgabe gegen eine kleine Spende zu Verfügung. Auch die Rhauner Feuerwehr hat sich engagiert: Vor einer Woche stellte sie der Adler-Apotheke zwei zusätzliche Feuerlöscher zu Verfügung, sodass die Sicherheit bei den großen Mengen Alkohol weiterhin gewährleistet ist. Jaenicke arbeitet darüber hinaus mit einer Schneiderei zusammen, die weitere Mundschutze produziert. Die Apotheke setzt bei der Belieferung auf Wartelisten, so sollen Kunden sich für Mundschutz oder Desinfektionsmittel einfach in eine Liste eintragen lassen, so könne besser gewährleistet werden, dass wenn die Ware eintrifft jeder der möchte versorgt werden kann.
Auch andere Apotheken greifen zu ungewöhnlichen Maßnahmen, so hat die Hexental-Apotheke in Merzhausen kurzerhand ein Zelt neben der Offizin aufgestellt, um die Desinfektionsmittel-Produktion zu gewährleisten. Bei der Abfüllung lässt die Apotheke sich von Freiwilligen helfen. Bei den Freiwilligen scheint es derzeit keine Lieferengpässe zu geben: „Ich bekomme viele E-Mails mit Hilfsangeboten, auch Kunden haben bereits gefragt“, erzählt die Inhaberin Dr. Sybille Koch-Göpfrich.
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