Ansteckung über Nerze: Nicht das erste Mal Cynthia Möthrath, 12.11.2020 12:28 Uhr
In der vergangenen Woche sorgte eine Meldung aus Dänemark für Aufsehen: Demnach wurden mutierte Coronaviren von Nerzen auf den Menschen übertragen. Im Sinne des Seuchenschutzes wurden daraufhin alle Tiere gekeult. Offenbar war es jedoch nicht das erste Mal, dass das Virus von Nerzen übertragen wurde – in den Niederlanden war es bereits im Sommer zu ähnlichen Beobachtungen gekommen, auch in anderen Ländern wurden infizierte Tiere registriert.
Rund 17 Millionen Nerze sind in Dänemark aufgrund des mutierten Coronavirus getötet worden. Die neue Variante trägt die Bezeichnung „Cluster-5-Virus“. Nach bisherigen Erkenntnissen ist es zwar nicht gefährlicher, allerdings könnte es Auswirkungen auf das Pandemiegeschehen haben: Denn durch den Wechsel des Wirtes verändern sich die Viren, es entstehen neue Stämme. Diese könnten vom Immunsystem nicht erkannt werden, außerdem könnten Impfstoffe unwirksam sein.
Übertragung durch Nerze auch in anderen Ländern
Etwa die Hälfte der Neuinfektionen in der Region Nordjütland konnte auf Ansteckungen in Zusammenhang mit den Nerzen zurückgeführt werden. Für die Region wurde daraufhin ein Lockdown verhängt. Berichten zufolge ist es jedoch nicht das erste Mal, dass das Virus von Nerzen übertragen wurde. In den Niederlanden war es seit April ebenfalls zu Anhäufungen von Covid-19 auf Nerzfarmen gekommen. Auch hier hat es Massentötungen gegeben.
Ein Team der Erasmus-Universität in Rotterdam hat sich aufgrund der Aktualität das Infektionsgeschehen auf den Nerzfarmen in den Niederlanden mithilfe von Genomanalysen genauer angeschaut: Demnach sei das Virus zunächst vom Menschen auf die Tiere übertragen worden und anschließend wieder auf den Menschen, wie sie im Fachjournal „Science“ berichten.
Die Forscher ermittelten für die Arbeiter der Nerzfabrik und ihre Angehörigen ein hohes Infektionsrisiko – bei fast 50 Prozent der Abstriche konnte in den oberen Atemwegen das Virus nachgewiesen werden. Spätere Antikörpertests zeigten bei 51 Prozent ein positives Ergebnis. Knapp 70 Prozent der Mitarbeiter hatten sich mit Sars-CoV-2 infiziert.
Zuerst muss das Virus vom Menschen auf die Nerze übertragen worden sein: Vier von fünf Mitarbeitern gaben an, selbst Symptome entwickelt zu haben, bevor auch die Tiere erkrankten. Beim Vergleich der Virusgenome zeigte sich jedoch, dass es auch Ansteckungen gegeben haben muss, die umgekehrt – also vom Nerz auf den Menschen – erfolgt sind. Auch in Dänemark geht man von einer Virusmutation in den Tieren aus, die dann wieder auf den Menschen übertragen wird.
Reservoir-Bildung mit Folgen befürchtet
Die Wissenschaftler warnen daher von einer Etablierung der Viren in Nerzen: Denn auf diese Weise könnte sich eine Art Reservoir bilden. Viren könnten dann jederzeit wieder auf den Menschen übertragen werden. Nicht nur in den Niederlanden und Dänemark wurden bisher infizierte Nerze gemeldet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ebenfalls Fälle in Schweden, Italien, Spanien und den USA registriert. Bislang sei jedoch nur das in Dänemark identifizierte „Cluster 5“-Virus besorgniserregend.