Bürgertests nur noch bis Oktober

„Angemessener Preis“: Corona-Tests werden kostenpflichtig

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Berlin -

Im Kampf gegen eine vierte Corona-Welle in Deutschland müssen sich Nicht-Geimpfte auf mehr Testpflichten einstellen – und Schnelltests ab 11. Oktober in der Regel auch selbst bezahlen. Das vom Bund finanzierte Angebot für kostenlose „Bürgertests“ für alle soll am 10. Oktober enden. Darauf verständigten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder bei Beratungen am Dienstag. Ausnahmen gelten nach dem Beschluss für Personen, die nicht geimpft werden können oder für die es keine allgemeine Impfempfehlung gibt.

Erklärtes Ziel: Möglichst schnell mehr Menschen für Impfungen zu gewinnen – und einen neuen Lockdown abzuwenden. „Wer nicht geimpft ist, muss sich absehbar regelmäßig testen lassen, wenn er in Innenräumen mit anderen Menschen zusammentrifft“, hieß es in einem Entwurf für die Bund-Länder-Runde. Denn das Infektionsgeschehen steigt nach dem niedrigen Niveau des Sommers inzwischen rasch wieder. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen liegt laut Robert Koch-Institut (RKI) nun bei 23,5 – am Vortag hatte die Sieben-Tage-Inzidenz noch bei 23,1 gelegen, beim jüngsten Tiefststand vor gut einem Monat 4,9.

TESTEN: Sich vor einem Restaurantbesuch oder der Urlaubsreise mal eben testen zu lassen, wird absehbar komplizierter – durchaus auch als Anstoß für mehr Impfungen, die ja gratis sind und extra Tests meist überflüssig machen. Da mittlerweile allen ein unmittelbares Impfangebot gemacht werden könne, sei eine dauerhafte Übernahme der Kosten für alle Tests durch den Steuerzahler nicht angezeigt, hieß es in dem Entwurf. Gratis sollen Schnelltests nur noch für jene zu haben sein, die sich nicht impfen lassen können oder für die es keine allgemeine Impfempfehlung gibt wie Schwangere und Unter-18-Jährige.

Der Berliner Regierende Bürgermeister und Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller (SPD), erläuterte vor der Runde im ZDF mit Blick auf die Umstellung Mitte Oktober: „Dann hat ab jetzt jeder acht Wochen Zeit, sich impfen zu lassen.“ Der Bund finanziert seit März mindestens einen Schnelltest pro Woche für alle Bürger, das kostete schon mehr als drei Milliarden Euro. Künftig soll ein „angemessener Preis“ selbst zu zahlen sein, hatte die Regierung erklärt. Zur Orientierung: Für Testanbieter wurde die Vergütung zum 1. Juli auf 11,50 Euro für Sachkosten und das Testabnehmen gesenkt.

IMPFEN: Bund und Länder wollten einen erneuten Appell senden, jetzt überall leicht erreichbare Impfgelegenheiten anzunehmen – und zwar schnellstmöglich. „Wer im Herbst einen vollständigen Impfschutz haben möchte, muss jetzt mit der Impfung beginnen“, hieß es im Entwurf. Vollständig geimpft sind 45,8 Millionen Menschen oder 55,1 Prozent aller Einwohner. Für einen Grundschutz der ganzen Gesellschaft reicht das aber auch angesichts der ansteckenderen Delta-Virusvariante noch nicht. „Wir haben genug Impfstoff für alle Altersgruppen“, warb Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Das versprochene Angebot für alle im Sommer ist laut Bund jetzt da – das Impftempo stockt aber.

SCHUTZMAßNAHMEN: Kein Streit zeichnete sich dazu ab, den Basis-Schutz mit Abstand, Hygiene und Maskenpflicht in manchen Bereichen bestehen zu lassen: in Bussen, Bahnen oder Geschäften. Angepeilt wurden zudem einheitliche Vorgaben, die „3G-Regel“ für den Zugang zu bestimmten Innenräumen zu verankern: Also, dass nur hinein oder teilnehmen kann, wer geimpft, genesen oder frisch negativ getestet ist. Gelten könnte dies laut Entwurf etwa für Kliniken, Pflegeheime, Innengastronomie, Veranstaltungen drinnen, Gottesdienste, beim Friseur sowie für Fitnessstudios, Schwimmbäder oder Sporthallen. Bei Beherbergungen könnte ein Test bei Anreise und dann zwei Mal pro Woche kommen.

Starten könnte dies laut Entwurf noch im August – das genaue Datum war vorerst offen. Möglich wären demnach Schnelltests, die nicht älter sind als 24 Stunden – oder genauere PCR-Tests, die bis zu 48 Stunden zurückliegen könnten. Ausgenommen wären dem Entwurf zufolge voll Geimpfte, Genesene und Schüler ab 6 Jahren, die ohnehin regelmäßig getestet werden. Im Gespräch war auch, dass die Länder die 3G-Regel bei stabil niedrigem Infektionsgeschehen aussetzen können.

DER CORONA-RAHMEN: Es zeichnete sich ab, dass eine wichtige Rechtsgrundlage wohl bestehen bleiben soll – die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“. Auch die Gesundheitsminister aller Länder sprachen sich am Montag einstimmig dafür aus, dass der Bundestag sie über den 11. September hinaus verlängert. Das Parlament hatte das zuletzt am 11. Juni getan – ohne erneutes Votum würde die Sonderlage nach drei Monaten auslaufen. Sie gibt dem Bund das Recht, direkt Verordnungen etwa zu Tests und Impfungen zu erlassen. Auch Maßnahmen der Länder wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen beziehen sich laut Infektionsschutzgesetz (IfSG) auf die Feststellung dieser Sonderlage.

Im Entwurf hieß es außerdem, Bund und Länder wollten sich auf „weitere Maßnahmen“ verständigen, falls die Anstrengungen beim Impfen und Testen nicht reichten, das Infektionsgeschehen zu kontrollieren. Dazu sollten „alle Indikatoren“ genau beobachtet werden, insbesondere die Inzidenz, aber auch die Impfquote, schwere Krankheitsverläufe und die Belastung des Gesundheitswesens, wurde im Entwurf hervorgehoben.

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