Da die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) aktuell vermehrt Anfragen zur Verwendung von Sars-CoV-2-Antikörper-Schnelltests erhält, bezieht sie aktuell Stellung. Es wird darauf hingewiesen, dass das zugrunde liegende Testprinzip – anders als bei der PCR-Variante – bei vorliegender Infektion zu negativen Ergebnissen führen kann.
Die Antikörper-Schnelltests können nun auch durch Apotheken bezogen werden. In Österreich bieten einzelne Apotheken bereits eine Durchführung mit anschließender Besprechung des Ergebnisses an. Da diese Situation auch in Deutschland folgen könnte, weist die AMK aktuell auf die Gefahr falsch-negativer Ergebnisse hin: Apotheker und PTA sollten sich über das Testprinzip klar sein – Antikörper, die sich spezifisch gegen Sars-CoV-2 richten, bilden sich erst nach fünf bis sieben Tagen nach der Infektion.
Sich selbst auf eine Infektion mit Coronaviren zu testen, sei bislang nicht zuverlässig möglich, so der AMK-Vorsitzende Professor Dr. Martin Schulz. Selbsttests auf Antikörper gegen das Sars-CoV-2-Virus könnten leicht zu Fehlinterpretationen führen: „Apotheker klären ihre Patienten über die Grenzen der Testsysteme auf. Wer den Verdacht hat, an Covid-19 erkrankt zu sein, sollte sich an das zuständige Gesundheitsamt wenden. Ein Antikörper-Schnelltest kann einen laboranalytischen Test nicht ersetzen“, so Schulz.
Antikörpertests seien nur bedingt geeignet, eine Infektion zu erkennen. Deshalb köne bei einem negativen Ergebnis nicht davon ausgegangen werden, dass der Patient nicht infektiös sei. Schulz: „Eine Gefahr ist, dass sich Patienten bei einem negativen Testergebnis in falscher Sicherheit wiegen und die Hygienemaßnahmen wie zum Beispiel häufiges Händewaschen oder das Abstandhalten vernachlässigen. Das wäre fatal.“
Das Testprinzip basiert auf der Detektion von IgM- und IgG-Antikörpern. IgM-Antikörper werden in der frühen Phase der Infektion gebildet, später folgen IgG-Antikörper. Die AMK verweist darauf, dass spezifisch gegen das Virus gerichtete Antikörper in der Regel sogar erst nach 14 Tagen im Blut nachweisbar sind und die momentan am Markt erhältlichen Tests somit nur bedingt geeignet seien. „Ein negatives Testergebnis kann nicht ausschließen, dass der Patient zum Zeitpunkt der Testung eine Sars-CoV-2-Infektion aufweist und bereits infektiös ist.“
Die Antikörper-Schnelltests gehören zur Gruppe der Medizinprodukte und werden zur Zeit als In-Vitro-Diagnostikum mit niedrigem Risiko eingestuft (Liste B). Auf eine unabhängige Überprüfung kann somit verzichtet werden – die angegebenen Spezifitäts- und Sensivitätswerte wurden vom Unternehmen selbst ermittelt. Eine Validierung der Tests gilt mitunter nicht als gesichert. Die AMK erwähnt, dass bereits Fälschungen aufgetreten sind, vor denen auch die WHO jüngst warnte.
Desweiteren verweist die AMK darauf, dass die Testsysteme nur für den Gebrauch durch Fachpersonal vorgesehen sind, eine Abgabe an den Kunden sollte in der Apotheke nicht erfolgen. Patienten mit Verdacht auf Covid-19 sollen weiterhin an die lokalen Gesundheitsämter verwiesen werden – dort könnte die Notwendigkeit einer laboranalytischen Testung geprüft werden. Diese Vorgehensweise sollte nicht durch einen Schnelltest ersetzt werden.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) sowie Fachgesellschaften lehnen die alleinige Akutdiagnostik mithilfe dieser Tets ab. Eine breite Testung befürwortet die AMK, da dieses Vorgehen für epidemiologische Fragestellungen sinnvoll sein kann: Viele Testungen könnten die Erfassung der Serokonversionsrate in der Bevölkerung erleichtern, so könne der Stand der Immunisierung leichter abgeschätzt werden.
Für die Österreichische Ärztekammer steht fest: Solche Schnelltests mit Blutabnahme und Diagnosestellung sind eine rein ärztliche Tätigkeit. Die Kammer rät, Test in der Apotheke schnellstmöglich zu unterbinden, Patienten sollten die Testungen ausschließlich in Arztpraxen und Kliniken durchführen lassen. „Dass einige Apotheken aktuell Schnelltests auf Covid-19 anbieten, gehört sofort abgestellt“, appelliert Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. „Zum einen sind Blutabnahme und Diagnose eindeutig ärztliche Tätigkeiten, die unter den entsprechend vorgeschriebenen Hygienestandards durchgeführt werden müssen. Zum anderen bedeutet die – auch medial dokumentierte – Unsicherheit dieser Schnelltests ein unglaubliches Risiko, dass sich negativ getestete Personen in falscher Sicherheit wiegen.“
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