Abschied von AstraZeneca Alexandra Negt, 20.04.2021 11:05 Uhr
Der Corona-Impfstoff von AstraZeneca könnte in Deutschland vor dem Aus stehen. In den Impfzentren werden ab sofort nur noch Zweitimpfungen mit AstraZeneca durchgeführt. Und die Arztpraxen können ab dieser Woche wählen, ob sie die Vakzine überhaupt noch bestellen wollen.
Vaxzevria hat in den wenigen Wochen seit Markteinführung eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich. Erst gab es wegen fehlender Daten eine Altersbeschränkung bis 65 Jahre, dann wurde diese wegen seltener Nebenwirkungen quasi umgedreht. Zu den gravierenden, aber seltenen Thrombosen kommen heftige und weit verbreitete Impfreaktionen: Schon kurz nach Beginn der Impfungen hieß es aus Kliniken, dass reihenweise Mitarbeiter:innen, die den Impfstoff erhalten hatten, für ein oder zwei Tage ausfielen. Das Vertrauen ist weg. Die anfänglichen Pläne, vor allem Menschen in Gesundheitsberufen mit engem Patientenkontakt mit dem Vektorimpfstoff zu immunisieren, haben sich zerschlagen.
Nun wird der Rückzug eingeleitet – zumindest in den Impfzentren. Hier soll die Vakzine nur noch für Personen zum Einsatz kommen, die bereits ein erstes Mal immunisiert wurden. „Ab Mitte April werden die Impfzentren der Länder […] nur noch Zweitimpfungen mit AstraZeneca durchführen, keine Erstimpfungen mehr. Die Lieferungen an die Länder mit AstraZeneca in KW 17 decken den Bedarf ab, den die Länder dem BMG zur Sicherstellung dieser Zweitimpfungen übermittelt haben“, bestätigt ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG).
Parallel können die Praxen ab dieser Woche frei entscheiden, ob sie den Impfstoff einsetzen wollen. In dieser Woche kann die Vakzine gar nicht bestellt werden, weil nichts geliefert wird – gut möglich, dass dann mit den nächsten Bestellungen in der kommenden Woche der Impfstoff endgültig ins Abseits gerät. Wie es dann mit den bereits georderten Kontingenten weitergeht, ist unklar. Über die EU soll Deutschland in diesem Jahr laut BMG rund 56,3 Millionen Dosen Vaxzevria erhalten. Erst ein Bruchteil davon dürfte bislang ausgeliefert worden sein: Bis Ende März waren es knapp 5,6 Millionen Dosen, bis Ende April werden es insgesamt 6,9 Millionen Dosen sein.
Gut möglich, dass der Impfstoff für jedermann zugänglich gemacht wird. Nachdem in den Impfzentren immer wieder Termine mit AstraZeneca geplatzt waren, hatte etwa der Kreis Gießen ein Buchungsportal namens „Impfbrücke“ freigeschaltet: So sollen nach Angaben der Kreisverwaltung abgesagte Termine schnell und unkompliziert neu vergeben und ein unnötiges Lagern – oder Vernichten – von Impfstoff verhindert werden.
Ende März gab es erneut Anpassungen bei den Impfeinschränkungen. Zwar hatte die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) den Impfstoff trotz Thromboserisiko uneingeschränkt freigegeben, in Deutschland sollen jedoch nur noch Menschen über 60 Jahren mit dem Vakzin immunisiert werden.
Personen, die jünger als 60 Jahre sind und bereits eine Erstimpfung mit Vaxzevria erhalten haben, sollen mit einem mRNA-Impfstoff geimpft werden. Die Impfserie soll so gemischt komplettiert werden. Das gilt nicht für Erstgeimpfte über 60 Jahre – hier wird erneut AstraZeneca verabreicht. Hier dürften nicht allzu viele Impfdosen für die Impfzentren übrig bleiben, sodass der Vektorimpfstoff ab Sommer gar nicht mehr in den Impfzentren zu finden sein dürfte.
„Gemäß der Absprachen zwischen Bund und Ländern werden perspektivisch in den Impfzentren die Impfstoffe von Biontech und Moderna verimpft, in den Arztpraxen werden die Mengen verimpft, die über die vereinbarten 2,25 Mio. Dosen für die Impfzentren hinaus geliefert werden“, heißt es seitens des BMG. Zukünftig soll der Fokus eher auf den mRNA-Impfstoffen liegen. Der vorraussichtlich im Juni zugelassene Impfstoff von Curevac soll laut BMG ebenfalls über die Apotheken an die Arztpraxen verteilt werden.