Corona-Massenimpfung

40 Prozent weniger Dosen: Impftermine verzögern sich

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Berlin -

Es ist alles gerichtet. Seit einer Woche stehen die Kreisimpfzentren in Baden-Württemberg und anderen Ländern bereit. Die Termine sind begehrt, nur fehlt das Wichtigste: Es ist nicht genug Impfstoff da. Das Ministerium bremst jede Euphorie, denn die Spritze gegen das Virus wird vorerst ein knappes Gut bleiben. Das geht aus einem Lieferplan von Biontech hervor, der am Montag der Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) vorgestellt wurde.

Die Impfkampagne gegen das Coronavirus verzögert sich in Niedersachsen wegen reduzierter Lieferungen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs um mehrere Wochen. Das Impfen von Altenheimbewohnern werde statt Ende Januar nun voraussichtlich erst Mitte bis Ende Februar abgeschlossen werden können, sagte die Vizechefin des Corona-Krisenstabs der Landesregierung, Claudia Schröder, am Dienstag in Hannover. Mit dem Impfen von über 80-Jährigen, die noch zu Hause wohnen, könne zum 1. Februar statt in allen nur in wenigen Impfzentren begonnen werden. Die übrigen folgten im Laufe des Februars.

Von der für Januar ursprünglich zugesicherten Menge an Biontech/Pfizer-Impfstoff für Januar werde Niedersachsen nur 60 Prozent erhalten, sagte Schröder. Ab Mitte Februar soll dann wieder wie ursprünglich geplant geliefert werden. Inzwischen wurden 95.044 Menschen in Niedersachsen geimpft. Dies sind etwa 41.000 Bewohner von Heimen und etwa 45.000 Heimbeschäftigte. Wie Schröder mitteilte, sind bereits etwas mehr als die Hälfte der Bewohner und etwas weniger als die Hälfte der Heimbeschäftigten geimpft.

Wegen einer Verringerung der Liefermenge werden in Rheinland-Pfalz vereinbarte Termine für Erstimpfungen ab kommender Woche verschoben. „Zweitimpfungen finden weiterhin statt“, teilte Impfkoordinator Alexander Wilhelm (SPD) am Dienstag mit. Die jetzt vorliegenden Lieferangaben des Bundes zeigten, dass Rheinland-Pfalz bis Mitte Februar etwa 30.000 Impfdosen weniger bekomme, als bislang nach den Zusagen eingeplant worden sei.

Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen will an ihren Impfterminen festhalten. „Was bislang geplant ist, wird auch geimpft“, sagte ein Sprecher am Dienstag. Noch müsste keiner der bisher vereinbarten Termine abgesagt werden. Die notwendigen zweiten Dosen für bereits Erstgeimpfte seien aufbewahrt worden. Die rund 45.000 Termine für Erst- und Zweitimpfungen würden eingehalten. Thüringen erhält in dieser Woche demnach zuerst 23.400 Dosen – etwas mehr als angekündigt, da mittlerweile die Entnahme von sechs statt fünf Dosen aus einer Ampulle zugelassen wurde. Bisher geplant waren jeweils 19.500 Dosen pro Woche bis Mitte Februar, allerdings noch auf fünf Dosen pro Ampulle bezogen. Ab dem 25. Januar erhält Thüringen nun laut Plan nur 11.700 Dosen Impfstoff. In den Wochen vom 1., 8. und 15. Februar sollen dann jeweils 17.550 Dosen kommen.

„Wir werden unsere Planungen an die neuen Liefermengen anpassen müssen. In jedem Fall hat es sich als richtig erwiesen, ähnlich wie Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg mit dem Impfstoff konservativ zu haushalten und die zweite Impfdosis konsequent zurückzuhalten“, erklärte Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke). Von 29.250 möglichen Impfungen zur Erstimmunisierung seien bis Montag 26.000 Impfungen vorgenommen worden. Die restlichen 3250 Impfdosen stünden den Thüringer Krankenhäusern zur Impfung des Personals und der Rettungsdienstmitarbeiter zur Verfügung.

Ähnlich sieht es auch in anderen Bundesländern aus. Schleswig-Holstein erhält in der kommenden Woche nur 17.550 statt 24.375 Dosen, danach 23.400 Dosen pro Woche. Für die Woche vom 22. Februar stellt Biontech dem Plan zufolge dann aber insgesamt mehr Impfstoff in Aussicht als bisher geplant. Sachsen erhält 23.400 Dosen bezogen auf sechs Entnahmen je Ampulle. Angekündigt waren einmal 34.125 Dosen, bezogen auf fünf mögliche je Ampulle. Ab 1. Februar geht es dann dem Lieferplan zufolge wieder aufwärts mit der Menge: Sachsen kann in der ersten Februarwoche mit 29.250 Dosen rechnen, in der darauffolgenden Woche dann mit gut 35.000 Dosen.

Das Gesundheitsministerium in Baden-Württemberg bremste am Dienstag jede Euphorie: „Klar ist: Es wird sehr, sehr wenig Termine geben. Und viele Menschen werden keinen bekommen“, sagte Sprecher Markus Jox in Stuttgart. „Das muss man in aller Deutlichkeit so sagen und wir müssen weiterhin um Geduld bitten.“ Grund seien weniger die fehlende Kapazität oder das Personal, als der nicht vorhandene Impfstoff.

Nach Angaben des Ministerium sollte am Dienstag die mit den Herstellern Pfizer und Biontech vereinbarte Menge noch geliefert werden. Es handelt sich um eine größere Menge von 111.115 Dosen in 19 Boxen – bezogen auf die nun zugelassene Entnahme von sechs statt fünf Dosen aus einer Ampulle. In der Woche vom 25. Januar werden es aber nur noch 64.360 Impfdosen. In den ersten beiden Februarwochen erwartet das Land weitere insgesamt rund 193.000 Dosen.

„Nichts geht mehr“, hieß es etwa am Dienstag nach nur 20 Minuten bei den Anmeldungen für die heiß begehrten ersten Termine im Heilbronner Kreisimpfzentrum. Kein Impfstoff, keine Termine. „Wir würden gerne sehr viel mehr Termine anbieten“, bedauerte Bürgermeisterin Agnes Christner (parteilos). „Die Menschen wollen sich impfen lassen.“ Es werde aber anders als ursprünglich angekündigt nur sehr wenig Impfstoff geliefert.

Das Impfzentrum in der Stauwehrhalle im Stadtteil Horkheim ist wie die anderen fast 50 in Baden-Württemberg seit Tagen startklar. Am Freitag geht es los und täglich könnten allein in Heilbronn bis zu 800 Menschen geimpft werden. Aber nicht zuletzt auch wegen der Verzögerungen bei den Impfstoff-Lieferungen des Pharmakonzerns Pfizer werden es nun nur 152. Und das an einem ganzen Wochenende.

Dem Betrieb der Kreisimpfzentren stehe dennoch nichts im Wege, sagte Jox. Bis Ende Januar könne dort auch bei Lieferverzögerungen geimpft werden, allerdings weniger als geplant. Unterm Strich stehen zunächst in jedem KIZ nur 585 Impfdosen pro Woche für eine Erstimpfung zur Verfügung. „Und die werden auch noch einmal auf Impfungen im Zentrum selbst sowie auf Impfungen durch die Mobilen Impfteams in den Pflegeheimen verteilt“, sagte Jox.

Allein die Personengruppe der Über-80-Jährigen und des medizinischen Personals, die derzeit impfberechtigt sind, addierten sich aber auf rund eine Million Menschen. „Und derzeit können wir täglich in Baden-Württemberg nur rund 7000 Menschen impfen“, sagte Jox. Werde nicht mehr Impfstoff geliefert, koste es fast fünf Monate, bis auch der letzte Anspruchsberechtigte einen Termin habe.

Der Impfstoff bleibe weiterhin ein knappes Gut, sagte der Ministeriumssprecher. „Das ist schade, weil unsere Infrastruktur eigentlich mehr zulässt. Wir können diese Lieferungen aber als Land nicht beeinflussen“, verteidigt er die Strategie des Ministeriums.

Denn die geriet auch am Dienstag von der Opposition schwer unter Beschuss: SPD-Fraktions- und Parteichef Andreas Stoch warf Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) vor, nicht sinnvoll zu priorisieren. „Und insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Corona-Intensivstationen konkurrieren in diesen Tagen mit den 800.000 noch nicht Geimpften aus der ersten Gruppe um eine Impfung“, sagte Stoch. Andere Bundesländer konzentrierten die Impfungen derzeit noch auf die Bewohner und das Personal in Pflegeheimen. Dort sei das Sterberisiko mit Abstand am größten. Wichtig seien auch die Beschäftigten im medizinischen Bereich, die tagtäglich in sehr engem Kontakt zu Corona-Kranken stünden.

Das fordert auch der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jochen Haußmann. „Es ist ein Unding, diejenigen, die an vorderster Front stehen, auf allgemeine Verfahren mit langen Wegen zu verweisen“, sagte er. Das medizinische Personal müsse vor Ort in der Klinik geimpft werden können.

Die Gewerkschaft Verdi verlangt, Beschäftigte auf den betroffenen Stationen mit oberster Priorität zu impfen und den Krankenhäusern dafür die erforderlichen Impfdosen zur Verfügung zu stellen. „Die allermeisten warten sehnsüchtig auf ihren Impftermin. In vielen Kliniken im Land gibt es nur Wartelisten und keine Termine“, sagte Verdi-Gesundheitsexpertin Irene Gölz. „Und dass sie begleitend zu ihrer hochriskanten täglichen Arbeit nun auch noch pauschal als Impfmuffel dargestellt werden, stößt vielen bitter auf.“

Auf Kreisebene sollte eigentlich bereits ab dem 15. Januar geimpft werden. Ursprünglich waren nach den Berechnungen des Ministeriums für die KIZ täglich etwa 800 Impfungen geplant, in den neun Zentralen Impfzentren (ZIZ) und am Standort Mannheim jeweils weitere rund 1500 Menschen pro Tag. Später im Jahr soll die Impfung auch beim Hausarzt möglich sein.

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