AOK nimmt ihren Apotheker in Schutz Alexander Müller, 11.11.2016 14:25 Uhr
Die AOK Rheinland/Hamburg hat der Darstellung einer onkologischen Praxis zu einer Panne bei den Zyto-Verträgen entschieden widersprochen. Nach Angaben der Kasse lag der Fehler ganz klar bei der Praxis – und nicht bei der Vertragsapotheke. Bei der AOK vermutet man politische Interessen hinter den Anschuldigungen.
Seit August gelten exklusive Zyto-Verträge mehrerer AOKen. Eine Praxis aus dem Rheinland berichtet seitdem über wiederholte Probleme mit der neuen Partnerapotheke der AOK. Neben Verzögerungen soll es zuletzt zu einer folgenschweren Panne gekommen sein. Demnach wurde eine Ad-hoc-Bestellung von der Vertragsapotheke nicht gemäß der Vorgabe angepasst. Der Patient soll deshalb eine zu hohe Dosis erhalten haben.
Die AOK lässt das nicht auf sich sitzen: „Der einseitig interessensgeleiteten Darstellung des MVZ treten wir entschieden entgegen. Sie dient offenbar dem Ziel, vom eigenen Organisationsversagen abzulenken und sich aus der Verantwortung zu stehlen“, teilte eine Sprecherin auf Nachfrage mit. Die vertraglichen Regelung seien jedenfalls nicht Ursache für die fehlerhafte Applikation einer parenteralen Zubereitung.
Der Sachverhalt sei bereits Ende Oktober mit dem beteiligten MVZ und der liefernden Apotheke geklärt worden. Laut AOK hat es das MVZ versäumt, der Apotheke den neuen aktualisierten Therapieplan zur Verfügung zu stellen. „Die neu angepasste Dosis wurde lediglich auf dem gefaxten Rezept zur Bestellfreigabe vermerkt, maßgeblich für die Zubereitung ist jedoch grundsätzlich immer der Therapieplan“, so die Sprecherin. Es sei daher die auf dem Therapieplan vermerkte Dosis geliefert worden.
Auch die falsche Applikation hat laut AOK die Praxis verschuldet: Diese Lieferung sei vor der Verabreichung vom MVZ nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüft worden. Die Kasse erhebt nun ihrerseits schwere Vorwürfe gegen den behandelnden Arzt: „Die Verabreichung einer Zytostatika-Zubereitung ohne Abgleich von Inhalt und Konzentrationsangaben auf den Etiketten ist grob fahrlässig.“
Es sei „eine unabdingbare ärztliche Pflicht und Verantwortung“, sich vor der Applikation von der Richtigkeit der Dosierung zu überzeugen. „Gerade bei einer Dosisänderung, wie im vorliegenden Fall, ist hier höchste Aufmerksamkeit geboten, die offensichtlich durch das MVZ nicht erfolgte. Zumal bei einer Übermittlung per Fax aus Gründen der Lesbarkeit resultierende Missverständnisse nie vollkommen auszuschließen sind“, so die Sprecherin.
Der Fehler sei dem Apotheker bei Vorliegen des Originalrezepts aufgefallen, berichtet die AOK-Sprecherin. Dieser habe die Praxis darauf aufmerksam gemacht, das Medikament sei aber da bereits verabreicht worden. „Dieser Vorgang ist nicht zur ungerechtfertigten Diskreditierung existierender Verträge zu nutzen. Eine Überprüfung der Praxisabläufe wäre die angemessene Reaktion“, so die AOK-Sprecherin.
Das MVZ ist mit der AOK schon seit Beginn der Verträge im Streit über die Umsetzung: Weil die Ärzte Regresse für nicht verabreichte Rezepturen befürchten, werden die Therapien regelmäßig als Ad-hoc-Versorgung bestellt, was den Aufwand für die Apotheke natürlich beträchtlich erhöht.
Aus Sicht der Kasse sind die Befürchtungen der Praxis unbegründet, da für Verwürfe die Vertragsapotheke aufkommen müsse. Die Praxen wurden aufgefordert, wieder auf das bisherigen Verordnungsverhalten umzustellen. Der Geschäftsführer des MVZ hätte die Freistellung aber gerne schriftlich bestätigt.
Der betroffene Apotheker wollte sich gegenüber APOTHEKE ADHOC nicht zu der Angelegenheit äußern – aus vertraglichen Gründen. Die AOK ist mit der Umsetzung ihrer Zyto-Verträge insgesamt zufrieden.