Betroffene des Zyto-Skandals haben gestern am frühen Abend vor der Alten Apotheke in Bottrop demonstriert. Zu dem Protestmarsch durch die Fußgängerzone aufgerufen hatte Heike Benedetti. Auch die 56-Jährige könnte im Rahmen ihrer Krebsbehandlung gepantschte Zyto-Rezepturen erhalten haben und wünscht sich mehr Transparenz bei der Aufklärung.
Die Teilnehmer der Demo trafen sich gestern 17.30 Uhr in der Hansastraße und zogen über den Pferdemarkt zur Hochstraße und dann hinunter zur Cyriakuskirche, in deren Schatten die Alte Apotheke liegt. Auf Schildern standen Aussagen wie: „Warum klären unsere Gesundheitsämter die Betroffenen nicht auf?“ oder sarkastisch: „P.S. Hilft Kochsalz wirklich gegen Krebs?“
Nach Benedettis Angaben nahmen rund 180 Menschen an der Demo teil. „Mit so vielen hatte ich gar nicht gerechnet“, sagt sie. Bei der Polizei hatte sie 50 Teilnehmer angemeldet. Nur von der Stadtspitze habe sich niemand blicken lassen, bedauert Benedetti. Dafür war ein Fernsehteam von RTL vor Ort, das sie interviewt hat.
Benedetti weiß nicht, ob sie auch verdünnte oder komplett wirkstofffreie Sterillösungen erhalten hat. Als die ersten Meldungen über den Fall bekannt wurden, machte sie sich große Sorgen. Sie hatte gegen ihre Krebserkrankung eine hochdosierte Chemotherapie erhalten, die glücklicherweise auch angeschlagen hat. Doch die Wirkstoffe, die ihr Arzt ihr verordnet hatte, fanden sich auf der von der Staatsanwaltschaft veröffentlichten Liste. „Im Moment geht es mir gut, ich hoffe, dass das auch so bleibt“, so Bendetti gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Sie hat selbst Strafanzeige gegen Apotheker Peter S. gestellt. „Ich möchte wissen, warum er das getan hat“, so Benedetti. Jetzt hofft sie, dass sie in dem Verfahren als Nebenklägerin zugelassen wird. Das ist bislang nicht allen mutmaßlich Betroffenen gelungen, da offenbar nicht in jedem Fall die Herstellung der fraglichen Rezepturen klar dem Angeklagten zugeordnet werden konnte.
Benedetti hätte sich mehr Kommunikation gewünscht, auch von ihrer Arztpraxis. Denn seit der Fall bekannt ist, läuft bei ihr „Kopfkino“. Nicht zuletzt deshalb, weil sie selbst Freundinnen verloren hat. Während ihrer Chemotherapie hat sie mit zehn anderen Patientinnen Freundschaften geschlossen. Fünf von ihnen sind zwischenzeitlich gestorben. Die Ungewissheit, ob eine von ihnen wegen falscher Medikation nicht mehr lebt, lässt Benedetti keine Ruhe. Da sie selbst seit drei Wochen Oma von Zwillingen ist, weiß sie um so mehr, was sie am Leben hat.
Trotz allem hat sie das Vertrauen in Apotheken nicht verloren: „Ich beziehe das auf die Person, nicht auf die Apotheke. Es gibt hier sehr gute Apotheken in Bottrop und auf die vertraue ich.“ Für Benedetti ist wichtig, dass auch Menschen, die derzeit eine Chemotherapie benötigen, nicht noch zusätzlich Angst vor einer womöglich falschen Behandlung haben müssen. Deshalb ist für sie wichtig, dass die unfassbaren Vorgänge in Bottrop restlos aufgeklärt werden.
APOTHEKE ADHOC Debatte