Zehn Zweigapotheken gibt es derzeit in Deutschland. Den Reformplänen aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) zufolge sollen es bald 100 werden. Parallel dazu sollen auch „Light-Apotheken“ ohne Approbierte möglich sein. Dass das aber nicht wirklich ein Konzept für unterversorgte Gebiete ist, macht Apothekerin Heike Lücking deutlich. Sie verwaltet derzeit Pellworms einzige Apotheke, während Gerd Paulsen von der Schwan-Apotheke auf dem Festland in Husum der Inhaber ist. Damit hat Pellworm zwar keine Apotheke mit eigener Rezeptur, aber mit eigener Apothekerin. Und das soll auch so bleiben.
„Ein ‚Light‘-Kandidat kann die Apotheke hier sicher nie sein“, ist Lücking überzeugt. Sie teilt sich die nötige Verwaltung einer Zweigapotheke durch ein:e Approbierte:n mit ihrer Kollegin Ulrike Schulze. Eigentlich wurde Lücking als Elternzeitvertretung geholt, mittlerweile teilen sich die beiden den Dienst zu je ein beziehungsweise zwei Dritteln. Doch nun ist Schulze erneut in Elternzeit und Lücking wuppt den Rund-um-die-Uhr-Dienst wieder für etwa 15 Monate allein. Eine Kauffrau, wenn auch keine pharmazeutische, unterstützt sie an den Vormittagen. „Aber das ist ok.“
Ohne Approbierte ginge es auf der Insel aber nicht. 1208 Einwohner:innen hat Pellworm, hinzu kommt eine Vielzahl von Tourist:innen. Auf der Insel ist zudem jeweils ein Arzt oder eine Ärztin im Wechsel im Dienst. „Gerade bei den Beschränkungen durch die ärztliche Versorgung, unserem begrenzten Sortiment und den logistischen Anforderungen an die Lieferung der Arzneimittel ist eine approbierte und erfahrene Kraft unabdingbar“, meint Lücking. „Ich stehe oft im fachlichen Austausch mit dem Arzt, ‚bastele‘ eine Alternative, suche eine Lösung; das könnte keine PTA leisten“, ist sie sich sicher.
Eine Lanze für die Versorgung durch Pellworms einzige Apotheke brach sie nun auch in der Inselzeitung „De Pellwormer“ mit einem Gastbeitrag. Hierin teilt sie ihre Ansicht zur Apothekenlandschaft allgemein, aber natürlich auch zu ihrer besonderen Situation auf der kleinen Nordseeinsel mit: „Eine normale Apotheke braucht ein Einzugsgebiet von bummelig 4000 Menschen, um wirtschaftlich zu überleben. Bei 1200 Einwohnern auf Pellworm und trotz etlicher Urlaubsgäste erreichen wir diese Zahlen nie“, schreibt sie dort. Die logistischen Herausforderungen brächten auf der Insel zudem weitere Kosten mit sich, so die Verwalterin.
Lücking legt Wert darauf, dass zwar keine Rezepturen auf Pellworm angefertigt werden könnten, die Zweigapotheke ansonsten aber eine vollwertige Apotheke sei, 35 Stunden in der Woche ist die Apotheke für die Einwohner:innen und Tourist:innen geöffnet. Die Zweigapotheke bekommt ihre Ware aufgrund ihrer Lage nicht direkt vom Großhandel, sondern von der Hauptapotheke in Husum. Einmal am Tag kommen die Arzneimittel mit der Fähre von dort, auch die bestellten Rezepturen werden mitgeliefert. „Das klappt gut. Ich drucke das Rezept hier aus und faxe es nach Husum.“
„Der Vorrat gerade an Antibiotika ist umfangreich, die Fülle unseres Sortiments ruft regelmäßig Erstaunen hervor – ja, wir sind eine richtige Apotheke! Wir haben – bis auf Sonntag – jeden Tag geöffnet, außerhalb der Öffnungszeiten besteht ständige Dienstbereitschaft: 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr.“ Seit die zweite Approbierte im Mutterschutz ist, sei ein Verlassen der Insel daher nur noch mit einer Vertretung möglich.
Bei den allgemein gestiegenen Kosten und der stagnierenden Vergütung „ist es fast nicht möglich, diese Apotheke wirtschaftlich zu betreiben“, so Lücking. Sie sei gerne für die Pellwormer:innen da, liebt die Insel, auf die sie für diesen Job gezogen ist, aber Apotheker seien eben zwangsläufig auch ein Stück weit Kaufleute. „Wir sind darauf angewiesen, dass ihr zu uns kommt. Jedes Rezept, dass ihr bei uns einlöst, hilft uns zu überleben“, appelliert sie an die Inselbewohner:innen.
Ein Punkt der geplanten Reform sei daher auch im Sinne des Erhaltes der Insel-Apotheke: „Wir (über)leben von der Notdienst-Pauschale, da ist eine Anhebung natürlich willkommen“, so Lücking. Bei den Insulaner:innen wird sie mit ihrer abschließenden Liebesbekundung an ihren Beruf und auch an die Insel sicher Unterstützung finden: „Ich liebe meinen Beruf, die Insel, die mittlerweile meine Heimat geworden ist, und mag die Menschen hier sehr. Ich versuche, durch fachliche Beratung und menschliche Betreuung jede und jeden von dem Nutzen, dem Vorteil dieser Insel-Apotheke zu überzeugen. Und so hoffe ich persönlich, dass es ‚meine‘ Apotheke auf Pellworm noch lange geben wird.“
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