In Thüringen hat das Landesamt für Verbraucherschutz eine Apotheke geschlossen. Die Behörde sah sich zu diesem Schritt gezwungen. Denn der Inhaber der Stern-Apotheke in Kranichfeld leitete die Apotheke ohne Betriebserlaubnis. Das Amt hatte zuvor Verstöße gegen das Apothekengesetz (ApoG) festgestellt. Die umliegenden Apotheken wollen gemeinsam nach Wegen suchen, um die Versorgung sicherzustellen.
Apotheker Tobias Wettig führte die Stern-Apotheke seit sieben Jahren. Am 20. Juli wurde sie zwangsgeschlossen. Dem Pharmazeuten wird laut Landesamt vorgeworfen, die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten nicht mehr gewährleisten zu können. „Es gab über einen längeren Zeitraum verschiedene Verstöße“, sagt eine Sprecherin des Landesamtes.
Wettig wird etwa vorgeworfen, die Anwesenheitspflicht nicht eingehalten zu haben. Laut ApoG muss eine Apotheke persönlich vom Apothekenleiter beaufsichtigt werden. Die Betriebserlaubnis verpflichtet zur persönlichen Leitung in eigener Verantwortung. Das Landesamt hatte den Inhaber der Sprecherin zufolge bereits zuvor über die Verstöße informiert. Eine Besserung habe sich nicht eingestellt.
Deshalb sei Wettig die Betriebserlaubnis bereits etwa eine Woche vor dem 20. Juli entzogen worden. „Die Apotheke hätte selbst schließen und für die Abwicklung sorgen müssen“, so die Sprecherin. Doch der Inhaber führte den Betrieb weiter. Deshalb kam es zur Zwangsschließung. „Die Schließung verlief ohne Einsatz oder Amtshilfe der Polizei.“ Zwei Amtsmitarbeiter seien vor Ort gewesen, die alles einvernehmlich abwickeln konnten. Eine neue Betriebserlaubnis sei nicht noch beantragt worden.
Das Landesamt hat der Sprecherin zufolge dafür gesorgt, dass von der Stern-Apotheke bestellte Arzneimittel noch an die Kunden ausgeliefert werden. „Die Abholung von Nachlieferungen und bestellten Arzneimittel erfolgt über die Klosterberg-Apotheke in Bad Berka“, heißt es auf einem Zettel an der Apothekentür. Kunden sollten sich ab dem 20. Juli, 15 Uhr, an den Betrieb von Vilma Trefflich wenden. Zudem prangt als Aushang in der Tür: „Diese Apotheke wurde behördlich geschlossen.“ Eine weitere Erklärung für Kunden gibt es nicht. „Zwangsschließungen von Apotheken kommen äußerst selten vor“, sagt die Sprecherin. „In Thüringen weniger als einmal pro Jahr.“
Nur eine Arztpraxis verbleibt in der rund 3400 Einwohner großen Stadt. In der Gemeinschaftspraxis von Susanne Brinkmann, Kirsten Schmidt und Dr. Ulf Zitterbart liegen keine Informationen zur Schließung vor. „Wir wissen gar nichts“, sagt eine Mitarbeiterin. Die Patienten sagten, es sei sehr schlecht, dass es in Kranichfeld jetzt keine Apotheke mehr gebe. „Wir müssen sie jetzt in die umliegenden Städte und Dörfer schicken.“
Etwa sechs Apotheken in Bad Berka, Blankenhain und Stadtilm können Kunden im näheren Umkreis zwischen neun und 25 Kilometer ansteuern. Die Strecke nach Stadtilm fällt derzeit wegen einer Straßensperrung deutlich länger aus. Die Baustelle ist bis Mitte August geplant.
Die Apotheker hoffen auf eine Information der Patienten durch das Landesamt und die Apothekerkammer. „Ich bin selber überrascht gewesen“, sagt Hans-Joachim Jaep. Der Inhaber der Apotheke am Markt in Stadtilm erfuhr von der Schließung wie seine Kollegen kurzfristig von der Apothekerkammer. „Wir mussten daraufhin den Aushang der Notdienste anpassen.“ Die Apotheke sei ungeräumt und vernünftig hinterlassen. Lediglich der Briefkasten quelle über. „Mir ist schleierhaft, was passiert ist“, sagt Jaep, der auch Gebietsvertrauensapotheker der Kammer vom nördlichen Ilmkreis ist.
Jaep kennt den Standort: Von der Voreigentümerin pachtete er die Stern-Apotheke eine kurze Zeit. „Es ist eine kleine Apotheke, unter heutigen Bedingungen keine Ideal-Apotheke.“ Die Inhaber im Umkreis wollen sich gemeinsam dafür einsetzen, dass die Arzneimittelversorgung sichergestellt ist: „Vielleicht über eine Rezeptsammelstelle“, sagt Jaep. Nach der Schließung sei in seiner Apotheke in Stadtilm die Kundenfrequenz gestiegen. „Bisher gab es ein paar verunsicherte Kunden.“
Eine andere Apothekerin aus der Region befürchtet, dass eine Rezeptsammelstelle nicht ausreicht, um die Versorgung sicherzustellen. Die Kammer sollte überlegen, vielleicht in ein Abholterminal zu investieren. „Wir hätten uns von der Kammer gewünscht, dass den Patienten per Aushang Bescheid gegeben wird und sie nicht alleine gelassen werden. Wir dürfen nicht auf die anderen Apotheken verweisen.“ Sie ist sich sicher, dass keiner der im Umkreis ansässigen Apotheker in Kranichfeld eine Filiale eröffnen wird. Dazu gebe es zu wenig Personal.
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