Gericht verhängt Vermögensarrest

Zuweisungsgeschäft: Apotheker verliert Millionen

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Berlin -

An der Schuld des Apothekers bestehen eigentlich kaum noch Zweifel – die bei der Durchsuchung sichergestellten Dokumente belegen den mutmaßlichen Abrechnungsbetrug in Millionenhöhe. Deshalb hatte das Amtsgericht Nürnberg einen „Vermögensarrest“ angeordnet: 11 Millionen Euro werden somit vor Abschluss des eigentlichen Verfahrens eingefroren. Mit seiner Beschwerde dagegen ist der Apotheker vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth (LG) kurz vor Weihnachten gescheitert.

Der Apotheker soll mit einer Firma, die Medizinprodukte zur Einnahme von Arzneimitteln vertreibt, gemeinsame Sache gemacht haben. Die Firma bot Patient:innen ein Betreuungsprogramm an, das auch die Versorgung mit den benötigten Medikamenten umfasste.

Folgerezepte wurden jeweils im Auftrag des Patienten bei den Ärzten angefordert. Der Apotheker oder sein Schwiegersohn holten die Rezepte ab. Die Medikamente lieferte er nicht selbst. Die Firma mit Großhandelserlaubnis bestellte und lieferte direkt an die Patienten. Die Lieferungen wurden auf einem Tisch im Lager abgearbeitet. Die Arzneimittel wurden dennoch im Kassensystem der Apotheke als verkauft erfasst, die Rezepte entsprechend bedruckt und abgerechnet. Allein in den Jahren 2019 und 2020 stellte die Firma dem Apotheker Beträge zwischen von monatlich rund 50.000 Euro in Rechnung.

Illegale Absprache mit Großhändler

Aus Sicht der Generalstaatsanwaltschaft liegt unter anderem ein Verstoß gegen das Zuweisungsverbot nach § 11 Apothekengesetz (ApoG) vor. Der mutmaßliche Abrechnungsbetrug war bei den Krankenkassen aufgefallen. Deren statistische Auswertungen erhärteten den Anfangsverdacht, am 27. Oktober 2021 wurden Apotheke und Privatwohnung des Apothekers durchsucht. Um die Menge an beschlagnahmten Unterlagen gab es eine eigene rechtliche Auseinandersetzung.

Weil eine Verurteilung wegen Abrechnungsbetrug also im Raum steht, hat das Gericht „zur Sicherung eines Anspruchs auf Einziehung des Wertersatzes“ den Vermögensarrest verhängt. Denn der Apotheker habe aufgrund der Verstöße gegen das Zuweisungsverbot sowie das Qualitätsgebot keinen Anspruch auf Zahlung der Krankenkasse. „Nach gegenwärtigem Ermittlungsstand liegt die Summe der Auszahlungen bei 11.061.978,03 Euro“, heißt es im Urteil.

Zuweisung schließt Vergütung aus

Dem Gericht erscheint eine die Täuschung der Kassen als hinreichend wahrscheinlich. Denn der Apotheker habe „schlicht gar nichts unternommen, was sich als Belieferung, das heißt als Abgabe des Arzneimittels an den Patienten begreifen ließe“. Diese Abgabe sei erfolgt, „ohne dass je ein Apotheker einen kontrollierenden Blick darauf geworfen hätte“. Ein Verstoß gegen Abgabevorschriften schließt laut Gericht auch die Vergütung aus.

Der Verteidiger des Apothekers hatte allerhand versucht, um das Prozedere zu rechtfertigen. Mal wurde die Firma als „Bote des Patienten“ gehandelt, dann wieder als „Bote der Apotheke“. Auch auf die Versanderlaubnis der Apotheke wurde abgestellt. Allerdings hatte Zeugen nur von gelegentlichen Besuchen des Apothekers beim Geschäftsführer der Firma berichtet. Im Lager sei er nie gesehen worden. „So wird das Gesetzesziel klar verfehlt: Die Verknüpfung des Arzneimittelversands mit der Apotheke soll gerade sicherstellen, dass die versandten Arzneimittel von pharmazeutischem Personal aus einer vom Apotheker kontrollierten Sphäre entsprechend den konkreten Anforderungen bereitgestellt, verpackt und zum Transport gegeben werden“, zitieren die Richter die Vorschriften.

Vertuschung befürchtet

Die zweite mutmaßliche Täuschung betraf die Zuweisung. Zwar gab es keine direkte Verbindung zu einzelnen Ärzte, eine unmittelbare Zuweisung über die Firma erfülle aber den Tatbestand aber ebenso. Eine solche Absprache könne auch stillschweigend getroffen werden, das Vorliegen eines schriftlichen Vertrags sei nicht notwendig. Für die Organisation und Durchführung des Rezeptmanagements war in der Bilanz der Apotheke zudem der Posten „Provisionen“ erfasst. Die Einverständniserklärung der Patienten änderte laut Gericht nichts an der Unzulässigkeit der Zuweisung, „denn deren Verbot besteht im – indisponiblen – öffentlichen Interesse“.

Die mutmaßliche Schadenshöhe beim Betrug ergebe sich aus der Auswertung der Abrechnungen der Apotheke. Eine Belieferung habe nach Lage der Dinge gerade nicht stattgefunden, sodass der Apotheker seinen Teil der Verpflichtung nicht ordnungsgemäß erfüllt habe.

Der Apotheker dürfte kaum in der Lage sein, die zu erwartenden Nachforderungen der Kassen zu erfüllen. Den Betrieb der Apotheke – die ohnehin hauptsächlich von diesem Deal lebte – hat der ehemalige Inhaber zum Jahreswechsel eingestellt. Ein Vermögensarrest kommt laut Gericht in Betracht, wenn ansonsten die Vollstreckung des Urteils „vereitelt oder wesentlich erschwert“ werden könnte. Nach kriminalistischer Erfahrung sei damit zu rechnen, dass der Apotheker versuchen könnte, die Vermögenswerte, über die er noch verfügt, vor seinen Gläubigern in Sicherheit zu bringen.

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