Inhaber warnen vor Lockerung

Zuweisung: Inhaber schätzt Verlust auf 300.000 Euro

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Berlin -

Die Frage nach einem gelockerten Zuweisungsverbot wird von Inhabern kritisch gesehen. Denn in der Praxis gebe es bereits Fälle, die eine Umgehung vermuten ließen, sagt ein Apotheker aus Nordrhein-Westfalen. Geschätzt fehle ihm dadurch ein Umsatz im sechsstelligen Bereich. Ein Inhaber aus Bayern warnt davor, bei einer Aufweichung der Vorschrift von vermeintlich mündigen Patientinnen und Patienten zu viel erwarten.

Nach der Forderung einer Lockerung des Zuweisungsverbots weist ein Inhaber darauf hin, dass dieses bereits mitunter umgangen werde. Natürlich sei es nur eine Vermutung, aber er frage sich etwa bei einem langjährigen Stammkunden, warum sich dieser seine teuren Arzneimittel gegen eine Nierenkrankheit von einer anderen Apotheke schicken lasse. Die Medikamente kosteten zwischen 15.000 und 20.000 Euro, sagt er Inhaber. Auf Nachfrage habe es ausweichende Erklärungen gegeben. Auch bei Arzneimitteln gegen Augenerkrankungen wie Lucentis gebe es Hinweise, dass es Absprachen geben könnte.

Zuweisung bei Impfstoffen

Der Schaden, der ihm dadurch umsatzseitig entstehe, könnte sich auf bis zu 300.000 Euro belaufen, schätzt der Apotheker. „Für so unrealistisch halte ich das nicht.“ Auch mit dem E-Rezept habe sich die Situation nicht verbessert. In vielen Praxen werde den Patientinnen und Patienten gesagt, dass die Verordnung „dann unten in der Apotheke“ liege. Er selbst kenne es, dass Kundinnen oder Kunden ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK) vorlegten und sagten, die Praxis habe gesagt, das Rezept liege schon in der Apotheke. Bei Rezepten über Impfstoffe sei es bereits vorgekommen, dass dieses direkt an die Apotheke geschickt wurde.

„Wenn ein Hausarzt eine Lockerung des Zuweisungsverbots fordert, unterstelle ich, dass er keine Vorstellung von dem Schaden hat“, sagt der Inhaber. Zudem übten einige Praxen Druck auf die Patientinnen und Patienten aus oder fragten einfach gar nicht nach. „Dagegen ist man im Prinzip wehrlos und es müsste viel mehr dagegen getan werden. Das würde die Apotheken auf dem Land sehr unterstützen, ohne dass es etwas kostet.“

Apotheker Dirk Federlein aus Mainaschaff pflichtet ihm bei: „Es könne durchaus vorkommen, dass der eigentlich ‚mündige‘ Patient sich scheut, die Empfehlung des Arztes, was die Wahl der Apotheke angeht, zu missachten“, sagt der Inhaber der Easy-Apotheke Main Park Center. Denn er könne Angst davor haben, dass die Ärztin oder der Arzt „komisch“ von ihm denkt oder er noch länger auf einen Termin warten muss, wenn er seinen „gut gemeinten Rat“ nicht befolge.

Warnung vor Missbrauchspotenzial

Zudem könnten auch Krankenkassen ein Interesse daran haben, dass bestimmte Apotheken wie Versender aus dem Ausland bevorzugt würden. „Wenn die Zuweisung nicht mehr verboten wäre, dann würden sicher viele ‚kreative Marktteilnehmer‘ ihre Chancen auszuloten.“ Er selbst habe keine Berührung mit Grenzen der Zuweisung. Doch Federlein geht davon aus, dass gerade im Diabetes-Bereich mit Nadeln und Teststreifen seit vielen Jahren das Verbot missachtet werde. „Ich sehe erhebliches Missbrauchspotential und die möglichen Vorteile aus Sicht des Patienten wiegen nach meiner Meinung deutlich geringer als die Nachteile.“

Das Zuweisungsverbot ist in § 11 Apothekengesetz (ApoG) geregelt. Dort heißt es: „Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken dürfen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, oder mit Dritten keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben.“ Ähnliche Regelungen gibt es im Berufsrecht der Ärzt:innen.

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