OTC-Abverkäufe

Zusatzverkäufe bei Impfzertifikaten?

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Berlin -

Seit 14. Juni stellen die Apotheken fleißig Zertifikate aus, der Aufwand wurde zunächst mit 18 Euro und seit 8. Juli mit 6 Euro vergütet. Aber sind Kunden, die einen Impfnachweis wollen, auch potenzielle Käufer? Zahlen von Insight Health deuten darauf hin, dass auch das eine oder andere Zusatzgeschäft gemacht wird.

Rund 125.000 Euro an zusätzlichem Umsatz haben Masken, Tests und Zertifikate jeder Apotheke an zusätzlichen Einnahmen in die Kasse gespült, rechnete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn unlängst beim Deutschen Apothekertag (DAT) vor. Ein Betrag, aus dem sich auch Gewinn machen lasse, wie er sagte – ohne zu erwähnen, dass gerade der Erkältungsbereich massiv eingebrochen ist. Immerhin: Das normale Geschäft in der Apotheke entwickelt sich im Vorjahresvergleich seit dem zweiten Quartal wieder einigermaßen positiv. Die Hamsterkäufe im März 2020 hatten zu Vorzieheffekten geführt, sodass zumindest auf einem niedrigen Niveau ein Plus zu verzeichnen ist.

Einen der bisher höchsten Zuwächse bei der Kundenfrequenz gab es laut Analyse von Insight Health in der Woche vom 14. bis 19. Juni – also genau jenem Zeitraum, in dem in den Apotheken erstmals Impfzertifikate ausgestellt wurden: In KW 24 wurden in den Apotheken knapp 18 Prozent mehr OTC-Bons ausgestellt als im Vergleichszeitraum im Vorjahr. Die Anzahl der abgegebenen OTC-Packungen lag sogar 30 Prozent über Vorjahr, der Umsatz aus diesem Segment immerhin ein Viertel höher. Im Rx-Bereich lagen Absatz und Umsatz um 16 beziehungsweise 15 Prozent höher.

Lässt sich daraus ableiten, dass viele Kund:innen außer ihrem Zertifikat auch noch die eine oder andere Packung aus der Sicht- oder Freiwahl mitnahmen oder ihr Rezept einlösten? Möglicherweise. Wie die Apothekerverbände seinerzeit informierten, wurde in der ersten Woche bundesweit mehr als sieben Millionen Impfnachweise in Apotheken ausgestellt, also knapp ein Drittel alle bis dahin insgesamt rund 22,3 Millionen gefertigten Zertifikate. Bezogen auf eine Sechs-Tage-Woche kam man also auf 61 QR-Codes pro Apotheke pro Tag – und eine entsprechende Anzahl an potenziellen Käufern.

Bei Insight Health ist man allerdings vorsichtig mit einer solchen Interpretation der Zahlen, denn die Entwicklungen seien abhängig von einer Vielzahl von Faktoren, so die Marktforscher. Tatsächlich sieht man auch in den Wochen davor und danach erhebliche Schwankungen: So lagen die Bonzahlen in KW 21 und 22 unter Vorjahr, während sie in KW 23 – also der Woche vor den Zertifikaten – ebenfalls 18 Prozent höher lag. Umsatz und Absatz wiederum lagen in KW 21 besonders hoch, und zwar sowohl im Rx- als auch im OTC-Bereich – und das trotz Pfingstmontag. Umgekehrt war in diesem Jahr auch KW 26 in beiden Segment stark, obwohl hier schon seit zwei Wochen in den Apotheken Zertifikate ausgestellt wurden.

Über einen längeren Zeitraum betrachtet bleibt die Entwicklung im OTC-Bereich ernüchternd: In den vergangenen zwölf Monaten seit August 2020 sank die Zahl der abgegebenen Packung um 6,7 Prozent auf 747 Millionen Einheiten. Auch das Gesamtjahr 2020 war in Summe schwach – 2018 und 2019 waren in den Apotheken noch 885 beziehungsweise 880 Millionen Packungen abgegeben worden. Der Versandhandel dagegen hat sich erholt und auf Basis der letzten zwölf Monate zumindest stabilisiert. Mit den starken Vorjahren im Rücken konnte seit 2018 die Zahl der Packungen von 161 auf 217 Millionen ausgebaut werden. Beim Umsatz zeigt sich ein ähnliches Bild.

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