Zum 1. April kommen auf die Apotheken Lagerwertverluste in einem noch nie dagewesenen Umfang zu: Der GKV-Spitzenverband senkt die Preise für die Gruppe der TNF-alpha-Blocker auf das Niveau der bislang eingeführten Biosimilars. Auch bei anderen Wirkstoffgruppen werden die Preise teils drastisch gekürzt.
Bereits Ende 2019 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die TNF-alpha-Inhibitoren in einer neuen Festbetragsgruppe zusammenfasst. Mit einem Jahresumsatz von 2,1 Milliarden Euro ist es laut Unternehmensberatung Ecker + Ecker die umsatzstärkste Festbetragsgruppe, die es jemals gegeben hat. Ende vergangenen Jahres hatte der GKV-Spitzenverband das Stellungnahmeverfahren eingeleitet – und nun die Beträge so wie geplant festgesetzt.
Die vorgesehenen Preise orientieren sich an Adalimumab, enthalten in Humira (Abbvie). Hier sind mit Amgevita (Amgen), Imraldi (Biogen), Idacio (Fresenius), Hyrimoz (Hexal) und Hulio (Mylan) bereits Biosimilars erhältlich. Diese können ohne Aufzahlung weiter abgegeben werden, während der Preis für Humira um 48 Prozent abgesenkt werden müsste.
Ähnlich sieht es bei Etanercept aus. Während der Originalhersteller Pfizer den Preis für Enbrel um ein Drittel absenken müsste, wäre bei Benepali (Biogen) eine Korrektur um 15 Prozent erforderlich, um Zusatzkosten für die Patienten zu vermeiden. Die Biosimilars Erelzi (Hexal) und Nepexto (Mylan) sind bereits zum künftigen Festbetrag verfügbar.
Problematisch sieht es für Certolizumab und Golimumab aus, denn hier sind nur die beiden Originale Cimzia (UCB) und Simponi (MSD) erhältlich. Hier müssten die Hersteller ihre Preise um 40 beziehungsweise 52 Prozent absenken, was eher unwahrscheinlich ist. Vielmehr werden die Ärzte ihre Kassenpatienten wohl umstellen.
Laut G-BA sind die Wirkstoffe pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar: Als Inhibitoren des Tumornekrosefaktors alpha (TNF-alpha) binden sie an das proinflammatorisch wirkende Zytokin und neutralisieren dessen biologische Funktion, indem sie die Interaktion mit den zellständigen p55- und p75-TNF-Rezeptoren blockieren.
Darüber hinaus haben alle von der Festbetragsgruppe umfassten TNF-alpha-Inhibitoren aufgrund ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung in den Anwendungsgebieten „axiale Spondyloarthritis, Psoriasis-Arthritis, rheumatoide Arthritis“ einen gemeinsamen Bezugspunkt, aus dem sich laut G-BA die therapeutische Vergleichbarkeit ergibt. Tatsächlich gibt es zahlreiche weitere Erkrankungen aus dem entzündlich-rheumatischen Formenkreis, für die jeweils nur bestimmte Vertreter der Substanzklasse zugelassen sind.
Mit circa 485.000 Verordnungen erzielte die Festbetragsgruppe 2018 einen Umsatz von 2,14 Milliarden Euro. Mit den Wirkstoffen Adalimumab und Etanercept werden zwei der derzeit umsatzstärksten Medikament in die Festbetragsgruppe eingeschlossen. Die bisherige Festbetragsgruppe zu Etanercept soll zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Festbetragsgruppe der TNF-alpha-Inhibitoren außer Kraft gesetzt werden.
Nicht enthalten ist Infliximab, bekannt aus Inflectra, da der G-BA hier bedeutsame Aspekte in der Therapie sieht, die dem Einbezug in die Festbetragsgruppe der TNF-alpha-Inhibitoren entgegenstehen. Die bisherige Festbetragsgruppe für Infliximab wird somit beibehalten.
Bei Prasugrel wird ebenfalls ein Festbetrag eingeführt. Hier gibt es bereits zahlreiche Generika, doch nicht alle liegen auf oder unter der künftigen Preisobergrenze. Aristo und Ratiopharm als Rabattpartner von DAK/KKH beziehungsweise Knappschaft müssen den Preis beim Thrombozytenaggregationshemmer um 20 beziehungsweise 30 Prozent absenken. Heumann liegt sogar – wie das Original Efient (Daiichi Sankyo) – rund 40 Prozent darüber, ist aber ohne Rabattvertrag. Accord, Aliud, Betapharm, Biomo, Puren, TAD und Zentiva kommen weitgehend ohne Preisanpassung aus.
Neben Valdoxan (Servier) gibt es das Antidepressivum von zahlreichen Generikaherstellern, die allesamt unter dem künftigen Festbetrag liegen: Accord, Aliud, Aristo, Glenmark, Heumann, Hormosan, Mylan, Neuraxpharm, Puren, TAD und Zentiva. Ausnahmen bilden die 56er-Packungen, die es nur von Betapharm und Biomo gibt, sowie das Präparat von Ratiopharm, für das es Rabattverträge mit DAK, KKH und Knappschaft gibt.
Adenuric (Berlin-Chemie) kostet derzeit mehr als doppelt so viel wie das, was die Kassen künftig zahlen wollen. Dasselbe gilt für die Generika von Hexal und Axiromed (Medical Valley) – auch hier wieder Rabattartikel bei DAK, KKH, IKK und Knappschaft. Die übrigen Anbieter des Gichtmittels – 1A, AbZ, Accord, Aliud, Aristo, Betapharm, Genevida, Heumann, Mylan, Puren, Ratiopharm, TAD und Zentiva – kommen weitgehend ohne Preisanpassungen aus.
Das HIV-Medikament kommt als Original Prezista von Janssen und liegt bis zu zwei Drittel über Festbetrag. Auch das Generikum von Ratiopharm ist 50 Prozent teurer, immerhin Rabattarzneimittel der Knappschaft. Aliud, Betapharm, Heumann, Hexal, Hormosan, Mylan, TAD und Zentiva müssen ihre Preise um 15 bis 30 Prozent senken, um auf Festbetrag zu kommen.
Die aus Atripla bekannte Kombination wird durchweg günstiger: Die Generika von Aliud, Betapharm, Mylan und TAD liegen rund 6 Prozent über Festbetrag, die Präparate von Hexal und Ratiopharm rund ein Viertel. Das Original von Gilead ist 40 Prozent teurer.
Angepasst werden die Festbeträge für einige kleinere Gruppen:
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