Apothekenleiter ersetzbar, Approbierte nicht Lothar Klein, 04.11.2016 13:35 Uhr
Die Berechnung des „Job-Futuromaten“, dass die Arbeit von PTA zu 67 Prozent von Maschinen erledigt werden könnte, begeistert die Betroffenen naturgemäß nicht. APOTHEKE ADHOC sprach mit den Machern des ARD-Projekts über die Berechnung – und warum Apotheker weniger leicht zu ersetzen sind als Krankenhausapotheker.
Trotz der gegenwärtigen Krisenstimmung in Folge des EuGH-Urteils müssen sich die Apotheker demnach grundsätzlich wenig Zukunftssorgen machen. Anders als viele andere Berufsbilder ist der Apotheker nicht von der um sich greifenden Automatisierung bedroht: Glaubt man den Angaben des Job-Futuromaten der ARD-Themenreihe „Zukunft der Arbeit“, können nur 17 Prozent der Arbeit von einem Computer erledigt werden.
Bei in Krankenhäusern angestellten Apothekern sieht die Zukunft nicht ganz so rosig aus. Dort errechnet der Job-Futuromat einen Automatisierungsgrad von 43 Prozent. Erstaunlich ist auch, dass Apothekenleiter schlechter abschneiden als Apotheker: 31 Prozent ihrer Tätigkeiten könnte schon heute von Maschinen verrichtet werden, weil laut Futuromat von 13 verschiedenen Tätigkeiten bereits vier von Maschinen übernommen werden können.
Die Erfinderin des Job-Futoromat, Dr. Britta Matthes, Leiterin der Forschungsgruppe Berufliche Arbeitsmärkte am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, erklärt die Unterschiede gegenüber APOTHEKE ADHOC wie folgt: „Der wesentliche Unterschied zwischen dem Apotheker und dem Krankenhausapotheker ist der direkte Kundenkontakt des Apothekers. Nach dem im 'Berufenet' beschriebenen Berufsbild sind Krankenhausapotheker zwar auch für die individuelle Anfertigung von Arzneimitteln zuständig. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung ist es aber möglich, dass dies zukünftig von den Arzneimittelherstellern selbst erledigt werden kann. Eine wichtige Aufgabe des Apothekers ist dagegen, Produkte zu verkaufen und Kunden zu beraten, was derzeit noch nicht von Robotern erledigt werden kann.“
Auf den Hinweis, dass sich angesichts des aktuellen Trends zur personalisierten Medizin auch der Klinikapotheker immer unersetzlicher wird, antwortet Matthes: „Wir sind sehr an Hinweisen interessiert, die unsere Einschätzung darüber verbessern, ob Tätigkeiten und Berufen bereits von Computern und computergesteuerten Maschinen erledigt werden können.“
In den FAQ zum Job-Futuromat räumen die Erfinder ein, dass die Ergebnisse nicht die tatsächliche Wahrscheinlichkeit der Automatisierung widerspiegeln. Für PTA ergibt der Test beispielsweise einen Maschinisierungsgrad von 67 Prozent. Dies hatte den Widerspruch von Adexa-Chefin Barbara Stücken-Neusetzer provoziert: „Dass von den Tätigkeiten der PTA 67 Prozent schon heute von Maschinen übernommen werden könnten, trifft zumindest für den Bereich der öffentlichen Apotheken nicht zu. Hier sind offenbar PTA aus der pharmazeutischen Industrie und der Apotheke in einen Topf geworfen worden – mit dem Resultat eines wenig aussagekräftigen Mischergebnisses.“
Auch Bettina Schwarz, Geschäftsführerin des Bundesverbandes PTA (BVPTA), hält von der Aktion nichts: „Die Ergebnisse des ARD-Jobfuturomats zur Automatisierung des PTA-Berufes zeugen von einem ähnlichen Unverständnis der Situation in deutschen Apotheken, das offenkundig auch dem EuGH unterlaufen ist. Bis zu 80 Prozent aller Arzneimittelabgaben werden inklusive Beratung und Betreuung der Patienten durch PTA geleistet. Wie man dies ohne Qualitätsverluste automatisieren will, ist uns ein Rätsel.“
In der Erläuterung der ARD zum Job-Futuromat heißt es, der „Grad der Automatisierbarkeit“ entspreche dem Anteil an wesentlichen Aufgaben, die „theoretisch schon heute von Maschinen, Robotern oder Computerprogrammen ausgeführt werden könnten“. Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hätten für jede Tätigkeit ermittelt, ob sie heute schon automatisierbar wäre oder nicht.
Der Job-Futuromat berücksichtige nur die „wesentlichen Tätigkeiten“. In einem Job können neben diesen auch andere Tätigkeiten eine Rolle spielen. Da auch sie den Grad der Automatisierbarkeit beeinflussten, sollte das Ergebnis des Job-Futuromat „nicht missverstanden werden, wie wahrscheinlich es ist, im Job durch Maschinen ersetzt zu werden“.
Der Job-Futuromat gebe auch keine Prognose ab, dass ein Beruf in den nächsten 10 oder 20 Jahren verschwinde, da er durch Maschinen oder Software erledigt werde: „Ist eine Tätigkeit im Job-Futuromat automatisierbar, bedeutet dies allerdings nicht, dass sie heute schon durch Maschinen ausgeführt wird. Möglicherweise ist die menschliche Arbeit wirtschaftlicher, flexibler oder von besserer Qualität. Beispielsweise gibt es in fast jedem Geschäft Kassierer oder Kassiererinnen, obwohl der Beruf einen Grad der Automatisierbarkeit von 100 Prozent hat.“
Der Grad der Automatisierbarkeit stehe also lediglich für das Potenzial, dass Teile eines Berufs im Prinzip durch Maschinen ersetzt werden könnten. Damit sage der Job-Futuromat allerdings durchaus etwas über die Zukunft der Berufe aus. Es sei sehr wahrscheinlich, dass sich diese Berufe und die in diesem Beruf zu erledigenden Tätigkeiten verändern würden. Neue Maschinen müssten bedient, kontrolliert, gewartet, gebaut und weiterentwickelt werden. „Die Veränderung der Berufe bedeutet, dass Weiterbildung im Job wichtiger wird“, so die Berufsforscher.
Der Job-Futuromat ist ein Produkt der ARD unter Federführung von Radio Bremen. Er entstand in Kooperation der ARD mit der dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die Statistik der BA und das IAB lieferten die Daten für das Tool und berieten fachlich bei der Gestaltung des Job-Futuromat.