Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) prüft mit dem Großhandel, ob in der kommenden Woche Nachlieferungen des Impfstoffs möglich sind. Denn offenbar haben einige Impfzentren und Praxen in dieser Woche verspätet bestellt.
Vom Zeitpunkt der Bestellung bis zur Auslieferung vergehen in der Regel fünf Kalendertage, erklärt das BMG. Bis Dienstagmittag müssten die Länder, Arztpraxen und weiteren Abnehmer ihre Bestellungen aufgeben – ausgeliefert werde ab Montag der darauffolgenden Woche. „Dieser Mechanismus ist seit April (!) dieses Jahres bekannt.“ Trotzdem hätten einige Impfzentren beziehungsweise Praxen in dieser Woche verspätet bestellt. „Das BMG prüft aktuell gemeinsam mit dem Großhandel, was von den verspätet eingegangenen Bestellungen noch kurzfristig wie adressiert werden kann.“
In welchem Umfang und aus welchen Beständen der Impfstoff zur Verfügung gestellt werden kann, war zunächst nicht zu erfahren. Laut BMG werden aufgrund der bis Dienstagmittag eingegangenen Bestellungen in der kommenden Woche knapp 11 Millionen Impfdosen für Dosen an Arztpraxen und Impfzentren geliefert. Grundlage für die Berechnung ist neuerdings die Anzahl an Booster-Dosen – bei Moderna können dann aus einem Vial 20 statt nur 10 Dosen entnommen werden.
Ganz andere Töne schlug das baden-württembergische Gesundheitsministerium an: Auch Moderna werde vom Bund rationiert worden oder könne teilweise gar nicht mehr bestellt werden. „Wir können nicht einerseits die Impfoffensive hochfahren und gleichzeitig wird der Impfstoff rationiert“, sagte ein Behördensprecher am Freitag in Stuttgart.
Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) habe sich Anfang der Woche direkt beim geschäftsführenden Gesundheitsminister Jens Spahn eingesetzt, um kurzfristig eine zusätzliche Lieferung von Moderna zu bekommen. „Wir erwarten nun heute eine Sonderlieferung von 120.000 Dosen Moderna“, sagte der Behördensprecher. Derzeit bekommt nach Auskunft des Gesundheitsministeriums eine Arztpraxis nur 30 Dosen von Biontech pro Woche, Impfstützpunkte können nur 1020 Dosen pro Woche bestellen. „Eine solche Menge verimpft ein Impfstützpunkt normalerweise pro Tag.“
Die Impfoffensive des Landes laufe auf Hochtouren. „Und wir haben jetzt nicht soviel Impfstoff, wie wir gerne verimpfen würden um der großen Nachfrage zu begegnen. Bis Jahresende brauchen wir mindestens 3,5 Millionen Dosen mRNA-Impfstoffe, um die Menschen in Baden-Württemberg ausreichend versorgen zu können“, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums.
Zusammen mit den 6 Millionen in dieser Woche ausgelieferten Dose werde man innerhalb von zehn Tagen 18 Millionen Dosen für Auffrischimpfungen ausgeliefert haben, sagte pahn am Freitag in Berlin. Angesichts des Ziels, bis Weihnachten 20 bis 30 Millionen Booster-Impfungen zu erreichen, sei dies schon „ein ziemlich großer Schritt dahin“. In den vergangenen sieben Tagen habe es 3,5 Millionen Impfungen gegeben.
Im Gesamtsystem sei genug Impfstoff da, sagte Spahn. Er verwies zugleich darauf, dass es wegen Umstellungen zum stärkeren Hochfahren der Impfungen in der Logistik vom Großhandel über Apotheken in die Praxen zu Verzögerungen beim Verteilen in der Fläche kommen könne.
Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ist die Zahl der bestellenden Arztpraxen auf eine Rekordzahl von rund 100.000 gestiegen. Die KBV kritisierte, dass Bestellungen des Biontech-Impfstoffs begrenzt seien. Praxen legten teilweise
Sonderschichten ein, um noch vor Weihnachten so viele Menschen wie möglich zu impfen. „Und jetzt mangelt es erneut an Impfstoff“, sagte KBV-Vize Stephan Hofmeister.
Die Apotheken boten Unterstützung an. „Wenn der Gesetzgeber das will und Verstärkung an der Front der Impfenden gefordert ist, könnten wir Auffrischungsimpfungen in Apotheken ermöglichen“, sagte Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Es gebe derzeit etwa 2600 Apothekerinnen und Apotheker, die Impfschulungen für regionale Pilotprojekte zur Grippeimpfung gemacht hätten. Sie wären am schnellsten einsatzfähig.
Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Professor Dr. Lothar Wieler, warb für zusätzliche Impfkapazitäten auch angesichts von Rückmeldungen aus überlasteten Hausarztpraxen. Wenn es standesrechtliche Beschränkungen gebe, sollte man diese temporär aufheben. Auffrischimpfungen könnten zeitweise auch außerhalb von Praxen gemacht werden.
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