Man soll ja nicht alles glauben, was man im Fernsehen hört. Zum Beispiel, dass das Zahnfleischpflege-Gel Parodont wirklich gegen Parodontose hilft. Weil der Zahnarzt Ismail Özkanli in der TV-Sendung „Höhle der Löwen“ das Produkt etwas zu euphorisch beworben hatte, hat Investor Ralf Dümmel beziehungsweise seine DS Produkte jetzt Ärger. Das Landgericht Hamburg erließ auf Antrag eines Apothekers eine einstweilige Verfügung.
Das Zahnfleischgel soll bei Parodontose eingesetzt werden, aber auch bei Herpes, Aphthen oder Druckstellen von Prothesen. Die „Löwen“ standen Schlange, um dem Zahnarzt Geld für den größeren Vertrieb seines Produktes zu geben. Nach Ausstrahlung der Sendung stieg dann auch der Absatz gewaltig.
Doch aus der Sicht von Apotheker Christian Kraus aus Pforzheim dürfte das Produkt gar nicht im Mass-Market angeboten werden. Spätestens seit der Sendung würden Verbraucher die Creme nämlich für ein Arzneimittel halten, so der Vorwurf. Er ließ die Herstellerfirma DS Produkte wegen verschiedener in der Sendung getätigter Aussagen zu den Eigenschaften des Produkts abmahnen und zog schließlich vor Gericht.
Das LG Hamburg erließ eine einstweilige Verfügung gegen DS Produkte. Eine ganze Reihe von Aussagen aus der TV-Sendung wurden kritisiert, darunter: „Aber es gibt weltweit kein Mittel, was bewirkt, dass sich das Zahnfleisch wieder an den Zahn anheftet. Unsere Parodont-Creme aber kann das.“ Auch die Bezeichnung als „altägyptisches Heilöl“ oder die Nennung des Anwendungsgebiets „bei Mund-Schleimhauterkrankungen“ wurden untersagt. Unzulässig sind laut Beschluss auch klar Wirkversprechen wie „Die Parodont-Creme schließt Zahnfleischtaschen und heftet das Zahnfleisch wieder an den Zahn an.“
Verbraucher würden diesen und weiteren angegriffenen Aussagen entnehmen, sie könnten mit dem Gel Paronditis behandeln. „Da diesbezüglich kein hinreichender Nachweis existiert, handelt es sich um eine irreführende Werbeaussage“, heißt es im Beschluss.
Ob es sich bei dem Zahfleischpflege-Gel letztlich um ein kosmetisches Mittel – als solches ist es im Handel – oder ein Präsentationsarzneimtitel handelt, konnte den Richtern zufolge offen bleiben, da es in diesem Rechtsstreit um die Aussagen und nicht um das Produkt selbst ging. Und diese implizierten, „dass das Produkt über eine reine Pflegewirkung hinaus geht und es vielmehr der Behandlung einer Krankheit dient. Eine solche Heilungswirkung ist jedoch nicht nachgewiesen“.
DS Produkte hatte sich gegen die Abmahnung gewehrt: In der TV-Sendung habe Özkanli sein Produkt vorgestellt. Ralf Dümmel war – neben Carsten Maschmeyer – als Risikokapitalgeber eingestiegen. Dümmel steht als einer von drei Geschäftsführern hinter der abgemahnten Firma DS Produkte. Dort habe man überhaupt erst durch die Präsentation in der „Höhle der Löwen“ von Parodont erfahren. Deshalb könnten der Firma die Aussagen des Zahnarztes auf keinen Fall zugerechnet werden, argumentierten die Anwälte.
Dasselbe gelte für die ebenfalls angegriffene Präsentation beim Shoppingsender QVC. Özkanli habe sein Produkt entwickelt und selbst seit Jahren im Handel. Für eigene Aussagen in Sendungen sei nur er selbst verantwortlich.
Das sahen die Richter anders: DS Produkte müsse sich nicht nur Özkanlis Aussagen zurechnen lassen, sondern auch die der Jurymitglieder, da sich die Firma diese zu Eigen mache. So gebe es etwa auf der Parodont-Homepage einen eigenen Reiter mit dem Verweis auf die maßgebliche TV-Sendung. Aussagen des QVC-Moderators müsse sich DS Produkte dagegen nicht zurechnen lassen. Allerdings hat Kraus gegen QVC eine eigene einstweilige Verfügung durchgesetzt.
Sowohl DS Produkte als auch QVC können gegen die jeweilige Entscheidung des LG Hamburg noch Beschwerde einlegen. Offen ist auch noch, wie Parodont künftig vertrieben werden darf. Denn Kraus erwägt, die Frage nach dem Präsentationsarzneimittel separat klären zu lassen. Dann wäre es gar nicht mehr verkehrsfähig, bis es eine Zulassung als Funktionsarzneimittel hätte.
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