Wundversorgung: Verbände raten zu Vorsicht Patrick Hollstein, 06.12.2024 11:19 Uhr
Die Übergangsfrist für „sonstige Produkte zur Wundbehandlung“ wurde laut GKV-Spitzenverband verlängert; die Produkte sollen bis zum 2. März 2025 weiter abgegeben werden. Doch einige Landesapothekerverbände (LAV) raten zur Vorsicht: Es gebe bislang keine rechtsverbindliche Grundlage für die Abrechnungsfähigkeit.
Ursprünglich sollte eine Verlängerung mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) verabschiedet werden, so hatte es der Bundesrat in seiner Stellungnahme gefordert. Anderenfalls könne es ab dem Winter zu Engpässen in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Wunden kommen.
Doch zu einer gesetzlichen Regelung kam es nach dem Bruch der Ampel nicht mehr. Daher lief die bisherige Regelung am 2. Dezember aus. Kurzfristig hatten sich Bundesgesundheitsministerium (BMG) und GKV-Spitzenverband auf eine Verlängerung der Übergangsfrist bis zum 2. März 2025 geeinigt.
Doch nicht alle Landesapothekerverbände trauen dem Braten. Während Sachsen bereits über die Verlängerung informiert hat, heißt es aus anderen Ländern: „Offizielle Informationen liegen uns dazu jedoch nicht vor.“ Es gebe legiglich eine Absprache zwischen BMG und GKV-Spitzenverband, aber noch keine belastbaren Regelungen für die Apotheken. Daher solle man bis auf Weiteres die Angaben zur Erstattungsfähigkeit im Artikelstamm als verbindliche Vorgaben berücksichtigen. Denn Verordnungen über nicht erstattungsfähige Produkte könnten nicht zu Lasten der Kassen beliefert werden.
Auch in den Praxen droht Chaos: Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) in Baden-Württemberg weist laut Ärzte Zeitung darauf hin, dass die Produkte in den Praxisverwaltungssystemen (PVS) derzeit nicht gekennzeichnet seien. „Daher kann das PVS nicht für die Beurteilung der Verordnungsfähigkeit dieser Produkte herangezogen werden.“ Auch die KV Hamburg teilte demnach mit, dass die Praxen mangels Kennzeichnung selbst einschätzen müssten, ob es sich um einsonstiges Produkt zur Wundversorgung handele.
Laut Bericht hatte sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) noch beim GKV-Spitzenverband beschwert, dass sich die Kassenseite nicht in der Lage sehe, dem Anliegen des BMG zu entsprechen. Eine Verlängerung der Erstattung entspreche „eindeutig der Intention des Gesetzgebers“, so Vorstandsmitglied Dr. Sybille Steiner. Man fordere die Kassen auf, „im Sinne der Versorgungssicherheit die Verordnungsfähigkeit von sonstigen Produkten der Wundbehandlung ohne die Gefahr von Wirtschaftlichkeitsprüfungen bis zur endgültigen gesetzgeberischen Klarstellung aufrechtzuerhalten“.
Verbandmittel werden in drei Kategorien eingeteilt: Verbandmittel ohne ergänzende Eigenschaften, Verbandmittel mit ergänzenden Eigenschaften und sonstige Produkte zur Wundbehandlung. Letztere besitzen durch einen oder mehrere Bestandteile einen pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Effekt und können einen aktiven Einfluss auf die Wundheilung nehmen. Die Produkte sind in Teil 3 der Anlage Va der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) aufgeführt.
Nach Inkrafttreten der Regelung im Dezember 2020 war zunächst eine Übergangsfrist von zwölf Monaten vorgesehen, diese wurde auf 48 Monate – bis 2. Dezember – verlängert. Dadurch sollte den Herstellern mehr Zeit eingeräumt werden, die nötigen Studien vorzulegen und die Produkte in der Anlage Va zu listen, damit diese weiterhin erstattungsfähig sind. Doch der Zeitrahmen ist nach wie vor eng, denn erst vor rund neun Monaten wurde das Studiendesign vorgelegt.
Der Bundesrat hatte daher einen längeren Zeitraum gefordert: „Da die Evidenzkriterien erst im kommenden Mai vorliegen sollen, ist eine Verlängerung um weitere 24 Monate erforderlich, aber auch angemessen, um die Nachweise nach dem Vorliegen der Kriterien erbringen zu können.“
Betroffen sind nach einer Schätzung des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) rund 400 Produkte. Konkret geht es unter anderem um metallbeschichtete, teilweise silberhaltige und antimikrobielle Wundauflagen, aber auch um halbfeste bis flüssige Zubereitungen, beispielsweise Hydrogele, Lösungen oder Emulsionen.