Streit um Impfzertifikate

Wütende Ärztin macht Apotheker:innen wütend

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Berlin -

Das Erstellen der Impfzertifikate bereitet den Apotheken nicht nur weiterhin viel Stress im Alltag, es gereicht auch zum Zankapfel mit den ärztlichen Kolleg:innen. Ein besonders krasser Einzelfall betrifft die Ärztin Dr. Angelika Heyer. Auf ihren Leserbrief in einer Lokalzeitung zum Thema folgten wütende Proteste von Apotheker:innen. Darüber ist die Medizinerin entsetzt, räumt aber auch Fehler ein.

Heyers Leserbrief im Reutlinger General Anzeiger zielte auf die Honorierung der Apotheken beim Erstellen der Impfzertifikate. „Während wir Hausärztinnen und Hausärzte weiterhin bis an unser Limit impfen und die Apotheken schon hierbei für jede Impfung sechs Euro kassieren, ohne einen Finger krumm zu machen, schleicht sich der Apothekerverband an uns vorbei und dealt mit dem Bund eine Vergütung von 18 Euro für die Digitalisierung der von uns geimpften Patienten aus“, lautet ihr Resümee.

Heyer übersieht dabei, dass die Softwarehäuser der Ärzte schlicht nicht in der Lage waren, den Service fristgerecht umzusetzen. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) erklärte sich dagegen bereit, mit dem eigenen Portal eine Schnittstelle zum Robert Koch-Institut (RKI) auf die Beine zu stellen. Zwar läuft das System nicht sonderlich stabil, doch immerhin haben die Apotheken in der ersten Woche schon sieben Millionen Zertifikate ausgestellt. Heyers eigene Berufsvertretung hatte dagegen abgewinkt: Der Chef des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt hatte erklärt, dass das Ausstellen von Zertifikaten keine ärztliche Leistung sei.

Ein Lapsus ist Heyer auch beim Honorar der Apotheken bei der Impfstoffbeschaffung unterlaufen. Diese bekommen – anders als von der Ärztin behauptet – nämlich bekanntlich nicht 6,58 pro Impfung, sondern pro Durchstechflasche. Das hat die Medizinerin mittlerweile eingeräumt.

Mit ihrem Leserbrief hat sich Heyer den Zorn vieler Apotheker:innen zugezogen. Jens Krautscheid (Park-Apotheke, Dorfen) hat in einem eigenen Leserbrief geantwortet. Er fühlt sich verleumdet und möchte ein paar Dinge geraderücken. Heyer erhalte pro Impfung 20 Euro. Für einen Impftag mit 100 Dosen AstraZeneca erhalte die Apotheke 60 Euro, die Praxis 2000 – also das 33-fache. Er weiß noch nicht, ob der Reutlinger General Anzeiger auch seine Replik drucken wird.

Apotheker Murat Baskur aus Konstanz hat es auf einem anderen Weg versucht. Er hat Heyer einen sehr freundlichen Brief geschrieben und sie in seine Apotheke eingeladen – besonders weit sei es nicht. Er möchte lieber mit der ärztlichen Kollegin in Dialog treten, stand sich gegenseitig online zu beschimpfen. „Es geht eben manchmal nur zusammen und nicht auf Abstand wie es uns suggeriert wird.“ Der Brief ging Anfang der Woche in die Post, Baskur ist gespannt, ob sich Heyer bei ihm meldet. Die Praxis für Rückfragen bislang nicht zu erreichen – der Anrufbeantworter ist voll.

Direktere Reaktionen erhielt Heyer in den Google-Bewertungen ihrer Praxis. Mutmaßlich sind Apotheker:innen unter den Kommentatoren. „Jetzt reichts! Falsche Informationen verbreiten und hetzen! Das macht mich wirklich wütend und traurig! Die Wahrheit und ein wenig Solidarität würden sich dieser Tage mal ganz gut anfühlen...“, schreibt etwa Nutzerin Gisela Klein. „Toly Ney“ vergibt der Praxis ebenfalls nur einen Stern und meint damit ersichtlich keine Behandlungserfahrung in den Praxisräumen: „Gegen andere Heilberufe öffentlich zu hetzen, vor allem in dieser für uns allen schwierigen Zeit, ist einfach nur unprofessionell. Eine öffentliche Entschuldigung wäre angebracht.“ Und Nutzer „Frank Schmidt“ meint: „Frau Heyer verwechselt hoffentlich in der Praxis nicht auch so viele Dinge. Liebe Reutlinger/innen glaubt nicht diesen Quatsch den diese Ärztin in dem Leserbrief geschrieben hat.“

Die Praxis sah sich aufgrund einer ganzen Reihe negativer Bewertungen zu einer Reaktion gezwungen: Die aktuellen schlechten Ratings hätten „nichts mit unserer Praxis oder unserer Arbeit zu tun, die stammen von Apothekern/Innen bundesweit“, betont Heyer. Sie erneuert ihre Kritik an dem Honorar der Apotheken: „Das bedeutet, das wir nach der ganzen stundenlangen, nervenaufreibenden Impfterminvergabe und Impfung (auch die Apotheker/Innen hatten in verschiedenen Phasen sehr, sehr viel zu tun), dann am Ende auch noch die Digitalisierung mit unseren eigenen Steuergeldern an die Apotheken finanzieren, das ist doch einfach ein Unding und darf mich auch aufregen“. Dass sich die Apotheker:innen über sie aufregten, sei auch völlig in Ordnung, „aber bitte nicht auf so unprofessionelle Weise wie hier geschieht“. Heyer räumt hier auch ihren Fehler beim Bezug auf das Logistik-Honorar ein.

Ob FFP2-Masken, Teststellen oder jetzt die Impfzertifikate: „Der Bund hat da einfach sehr viele Fehler gemacht bei der Einschätzung und Verteilung der Gelder“, findet Heyer. Die Ärztin ist überzeugt, dass die Apotheker:innen einen besseren Verband hätten und eine ganz andere Lobby als die Hausärzt:innen. Auch darin dürften ihr viele Pharmazeut:innen widersprechen.

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