ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Wo ist das ApoRG? BMG sucht Lauterbachs Notizen

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Berlin -

Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) herrscht helle Aufregung: Das Apothekenreformgesetz (ApoRG) ist spurlos verschwunden! Nach der letzten, geplatzten Kabinettsvorlage wurde es um das Dokument auffallend still, und jetzt wissen wir auch warum – es ist schlichtweg nicht mehr auffindbar.

„Eigentlich wäre das Gesetz schon längst da, aber die Apothekerschaft will ja nicht mit mir darüber reden“, erklärte sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erst diese Woche auf einem Termin auf Nachfrage. Eine Ausrede, wie sich jetzt herausstellt – denn im BMG verdichten sich die Hinweise, dass der Reform­entwurf bereits seit mindestens einer Woche nicht mehr aufzufinden ist. Einer vertraulichen Quelle nach soll am Montagmorgen ein Schrei den wohlig-ruhigen und routinierten Tagesablauf des Ministeriums durchbrochen haben, dicht gefolgt von einem heiseren Röcheln: „Wo ist mein Gesetz?“

Dabei wollte der Minister ja eigentlich, wie er auf dem DAT angekündigt hatte, mit „neuen Vorschlägen“ auf die Branche zugehen. Ganz fleißig hatte er sich dort nämlich Notizen gemacht – direkt auf seinem Entwurf. „Wenn er nervös wird, kritzelt er leider auf jedem Papier herum. So entstehen die meisten seiner Reformideen eigentlich erst“, berichtet ein Mitarbeiter, der hier anonym bleiben möchte. Und genau diese Notizen könnten dem Minister jetzt zum Verhängnis geworden sein: „Gut möglich, dass der Entwurf nach dem DAT aus Versehen entsorgt wurde“, schätzt ein Insider.

Dem Vernehmen nach habe Lauterbach eine umfassende Großfahndung anordnen wollen. Hierzu seien bereits „Wer hat das ApoRG gesehen?“-Plakate in Auftrag gegeben worden. Auch eine Hundestaffel und einen Helikopter habe der Minister verlangt, um jeden noch so kleinen Hinweis zu sammeln. „Wir müssen in einer solchen Krise zusammenstehen“, appellierte Lauterbach an seine Mitarbeitenden.

Wie so oft ist es der kleinste Koalitionspartner, der Lauterbach hier einen Strich durch die buchstäbliche Rechnung macht. Denn Finanzminister Christian Lindner (FDP) soll Wind von der Sache bekommen und auf die durch die Großfahndung anfallenden Kosten hingewiesen haben. „Es ist nicht geplant, irgendwelche neuen Finanzmittel für die Desorganisation im BMG locker zu machen“, so der Finanzminister auf der Plattform X. Also: Kein Großeinsatz, die Aufzeichnungen des Bundesgesundheitsministers bleiben verschwunden.

Lauterbach selbst zeigt indes wenig Interesse, die Reform wieder ganz von vorne zu beginnen, und deutete zuletzt an, sich lieber neuen Projekten zuwenden zu wollen. Die Apothekerschaft sei ohnehin immer sehr undankbar mit seinen Vorschlägen umgegangen, kritisiert er. „Es gibt auch andere Berufsgruppen, die sich kooperativer zeigen.“

Ob nun verschwunden oder nicht: Wirklich an das ApoRG zu glauben scheint niemand mehr – auch Lauterbach nicht. So sagte der Gesundheitsminister auf einer Veranstaltung Anfang der Woche zur umstrittenen Reform: „Im Moment gibt es aber noch Diskussionen in der Ampel und im Kabinett, so dass noch nicht ganz klar ist, ob und wann dieses Gesetz kommt.“

Auch von den neuen Vorschlägen, die er auf dem DAT angekündigt hatte, war nun keine Rede mehr. Erst nach dem Kabinettsbeschluss wolle man weiter diskutieren. Schließlich sei aktuell „vollkommen unklar, ob wir überhaupt dazu kommen, denn momentan hängt die Reform ja“, so Lauterbach. Über den Stand der Verhandlungen im Kabinett wollte er sich nicht äußern, das sei immerhin vertraulich. Anstatt seine Reform ehrlich für tot zu erklären, spricht der Gesundheitsminister gebetsmühlenartig von Verzögerungen: Die Reform sei in den Hintergrund gerückt oder werde „hinterher geschoben, sobald wir uns im Kabinett geeinigt haben.“

Ähnlich vage äußerte sich auch BMG-Abteilungsleiter Thomas Müller in dieser Woche: Das ApoRG sei weiterhin „in Abstimmung“. „Wir sind auch immer noch davon überzeugt, dass wir es brauchen“, betonte Müller. Doch bei der langen Liste an Gesetzesvorhaben, die das BMG noch in dieser Legislaturperiode umsetzen will, könnte das ApoRG ohne klare Priorisierung kaum den Cut schaffen. Müller kam dabei auch auf die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) zu sprechen. In gewohnter Manier räumte er ein, dass diese „nicht fliegen“.

Die pDL wurden ursprünglich mit dem Apothekenstärkungsgesetz beschlossen, wobei der Gesetzgeber den GKV-Spitzenverband und den Deutschen Apothekerverband (DAV) mit der Regelung der Leistungen und Vergütungen beauftragt hat. Am Ende standen Beschreibungen für vier pDL, jedoch ohne festgelegte Vergütung, so dass die Schiedsstelle am 29. Mai 2022 über die Vergütung entschied und die Blutdruckmessung als zusätzliche Leistung aufnahm.

Sowohl der GKV-Spitzenverband als auch die Kassenärztliche Vereinigung Hessen klagten gegen die Festlegung der fünften Leistung und die Vergütung aller Leistungen. Das Gericht wies die Klagen jedoch ab, so dass die Vergütung und das Leistungsangebot der Apotheken im Rahmen der pDL vorerst feststehen. Eine Rettung für die Apotheken werden die pDL also wohl kaum sein.

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