Apothekerin Barbara Zeitbös macht sich Sorgen. Die Inhaberin der Enztal-Apotheke in Enzklösterle ist fieberhaft auf der Suche nach einem Mediziner. Die Bedingungen sind aus ihrer Sicht ideal.
Als Zeitbös sich vor 20 Jahren in dem baden-württembergischen Ort niederließ, gab es Zweifel, ob sich dort eine Apotheke halten könnte. Enzklösterle liegt irgendwo im Nordschwarzwald, umgeben von Weilern mit verwunschenen Namen wie Gompelscheuer oder Süßbächle und hat nur rund 1200 Einwohner. Doch nach einiger Zeit in Braunschweig zog es die Apothekerin zurück in ihre badische Heimat. Sie hat es nie bereut.
Auch die Apotheke läuft gut. Es gab lange eine Doppelarztpraxis, in einer hat sogar noch ein angestellter Mediziner mitgearbeitet. Doch vor fünf Jahren ist ein Arzt in Rente gegangen, der andere im vergangenen August im Alter von nur 60 Jahren verstorben. Die angestellte Ärztin hatte die Praxis noch bis Oktober allein weitergeführt, war dann aber auch in Rente gegangen. Seitdem übernimmt eine Ärztin aus dem Ort die Versorgung, die eigentlich eine Privatpraxis führt – was aber auch keine Lösung auf Dauer ist.
Am morgigen Freitag ist Schluss, dann schließt die Praxis. Bis Ende März wäre eine Wiedereröffnung noch problemlos möglich, dann endet das sogenannte „Witwenquartal“. Diese Sonderregelung im Fall des Todes des Vertragsarztes zählt zu den genehmigungspflichtigen Vertretungen. Die Praxis darf auf Antrag der Erben bis zu zwei auf das Sterbequartal folgende Quartale von einem anderen Arzt betrieben werden. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) würde die Zulassung wohl vorerst ruhen lassen, also für einen etwaigen Nachfolger bereithalten.
Den sucht Zeitbös jetzt händeringend – vor allem für die Einwohner von Enzklösterle: „200 Patienten haben noch keinen neuen Arzt gefunden“, berichtet die Apothekerin. Denn die meisten Praxen im nördlich gelegenen Bad Wildbad seien schon überlastet, Simmerfeld im Süden nehme schon gar keine neuen Patienten mehr an. „Die Leute stehen vor mir und haben Tränen in den Augen“, sagt Zeitbös.
Die Voraussetzungen vor Ort sind der Apothekerin zufolge ideal. „Wer von dieser Praxis nicht leben kann, ist selbst schuld“, sagt Zeitbös. Der Ort selbst sei zwar klein, das Einzugsgebiet aber deutlich größer. Wegen der guten Parksituation vor der Praxis und deren moderner Ausstattung kämen viele Patienten aus den umliegenden Dörfern nach Enzklösterle. Es gibt im Ort auch eine Bank, einen Lebensmittelladen und eine Grundschule. „Für eine junge Arztfamilie gibt es eigentlich nichts Schöneres, als sich hier niederzulassen“, ist Zeitbös überzeugt.
Die Gemeinde engagiert sich nach eigenem Bekunden ebenfalls bei der Suche, würde die Praxisräume auch günstig vermieten. „Und die Praxis ist modern eingerichtet und die EDV-Anlage meines Wissens neu, größere Investitionen wären da nicht nötig“, wirbt Zeitbös für den Standort.
Auch ein Privathaus stünde zur Verfügung, das die Erben des Arztes vermieten oder verkaufen würden. Es müsse sich jetzt einfach ein Arzt in den Ort verlieben. „Der hätte mehr als genug zu tun und könnte vermutlich noch einen zweiten anstellen“, ist Zeitbös überzeugt. Ein Mediziner aus Wildbad kann sich vorstellen, die Praxis als Zweigstelle zu betreiben – allerdings müsste auch er dafür zunächst einen Angestellten finden.
Letztlich geht es auch um die Zukunft der Enztal-Apotheke. Mit einem typischen Rezeptanteil von rund 80 Prozent ist Zeitbös auf Ärzte in ihrer Nähe angewiesen. Zwar hofft sie auf gute Zusammenarbeit mit den umliegenden Praxen und die Treue ihrer Kunden.
Aber Zeitbös weiß auch, dass vermutlich nicht jeder sein Rezept nach Enzklösterle zurück tragen wird, der für den Arztbesuch in den nächstgrößeren Nachbarort fahren musste. „Auch für uns ist das eine Ungewissheit. Ich hoffe einfach, dass ich mir einen guten Ruf erarbeitet habe“, sagt Zeitbös. Und noch hofft die Apothekerin, dass sich vor dem Ende des Witwenquartals ein Arzt findet, dem es im Schwarzwald gefällt.
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