Stückeln – wenn, dann richtig Julia Pradel, 05.02.2016 09:07 Uhr
Werden auf einem Rezept mehrere Packungen eines Arzneimittels oder besondere Stückzahlen verordnet, müssen Apotheker aufpassen. Denn nun geht es ans Stückeln. Das ist nicht immer erlaubt, manchmal verboten und in wieder anderen Fällen sogar Pflicht.
Die Packungsgrößenverordnung (PackungsV) definiert verschiedene N-Größen: N1 entspricht einer Reichdauer von zehn Tagen (+/- 20 Prozent), N2 einer Dauer von 30 Tagen (+/- 10 Prozent) und N3 einer Dauer von maximal 100 Tagen (- 5 Prozent). Die konkrete Stückzahl hängt von den einzelnen Wirkstoffen ab.
Im einfachsten Fall verordnet der Arzt eine bestimmte N-Größe und diese kann abgegeben werden. Gibt es die verordnete Packungsgröße bei einem Präparat nicht, muss die nächst kleinere N-Größe abgegeben werden. Ist keine Packung mit N-Größe im Handel, muss die kleinste verfügbare Packung abgegeben werden.
Verordnet ein Arzt eine bestimmte Stückzahl, muss zunächst geprüft werden, ob diese einer bestimmten N-Größe oder einer Packungsgröße im Handel entspricht. Dann kann die Packung abgegeben werden. Ansonsten kommt der Rahmenvertrag zum Tragen und es wird komplizierter. Denn dann muss zunächst geprüft werden, ob die Menge oberhalb oder unterhalb der größten verfügbaren Packung liegt.
Dazu wird die größte Messzahl bestimmt. Diese orientiert sich an den N-Größen: Ist eine N1-Packung beispielsweise mit 20 Tabletten definiert und gibt es für diesen Wirkstoff keine N2- oder N3-Packungen, dann beträgt die größte Messzahl 20 – obwohl auch Packungen mit 16 oder 24 Tabletten noch in den Bereich fallen würden. Dasselbe gilt für die N2. Gibt es für einen Wirkstoff eine N3-Größe, so gilt deren Wert als größte Messzahl.
Wurde weniger als die größte Messzahl verordnet und passt die Stückzahl nicht in einen Normbereich und auch nicht zu einer Packungsgröße im Handel, stellt sich die Frage, ob ein verschreibungspflichtiges oder ein apothekenpflichtiges Arzneimittel verordnet wurde. Bei einem OTC-Medikament ist Stückeln nicht erlaubt. Passt die verordnete Stückzahl nicht, muss die nächstliegende Packungsgröße abgegeben werden – auch wenn sie mehr als die verordnete Menge enthält.
Bei einem Rx-Präparat darf in diesem Fall gestückelt werden. Dabei muss die Wirtschaftlichkeit beachtet werden: Sind zwei 45er-Packungen günstiger als eine 30er- und eine 60er-Packung, müssen diese abgegeben werden. Die Summe muss unterhalb der verordneten Menge liegen.
Dabei müssen Apotheker aufpassen, dass sie nicht in einen Normbereich hineinstückeln: Sind beispielsweise zwei 30er-Packungen verordnet, fallen aber 60 Tabletten schon in den Bereich von N2, dürfen diese Packungen nicht abgegeben werden – selbst dann nicht, wenn es die N2-Packung gar nicht gibt. Das war zuletzt einem Apotheker aus Hessen zum Verhängnis geworden, der von der DAK-Gesundheit retaxiert wurde. Der Apotheker hätte sich in diesem Fall zwei Rezepte über jeweils eine N1-Packung ausstellen lassen sollen.
Verordnet ein Arzt mehr als die größte Messzahl, können sowohl bei Rx- als auch OTC-Präparaten mehrere Packungen abgegeben werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Arzt die Gesamtmenge mit dem Hinweis „Menge ärztlich begründet“ oder einem Ausrufezeichen bestätigt und gegebenenfalls mit Datum und Unterschrift abzeichnet.
Zunächst muss geprüft werden, ob noch eine sogenannte „Übergangs-Jumbopackung“ im Handel ist. Das sind Packungen, die mehr als die größte Messzahl enthalten, aber nach der früheren Packungsgrößenverordnung (PackungsV) als N3 gekennzeichnet waren. Hier konnten Hersteller noch bis Ende 2015 entsprechende Anträge stellen. Gibt es eine solche Packung nicht, dürfen Apotheker stückeln. Denn neue Jumbopackungen müssen die Krankenkassen nicht erstatten.
Beim Stückeln dürfen Apotheker nur Packungen mit der größten Messzahl verwenden. Sich mit verschiedenen Packungsgrößen möglichst nah an die verordnete Menge heranzutasten, ist nicht möglich. In der Summe darf die Gesamtmenge der abgegebenen Arzneimittel die verordnete Menge nicht überschreiten.