Retaxationen

Gericht erlaubt Stückeln auf Rezept

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Berlin -

Apotheken sind zur Abgabe wirtschaftlicher Einzelmengen verpflichtet. Allerdings müssen sie verordnete Packungen nicht in Stückzahlen umrechnen und prüfen, ob es günstigere Alternativen gibt. Das hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) entschieden. In dem jetzt veröffentlichten Urteil machen die Richter deutlich, dass es auch beim Sparen Grenzen gibt.

Im konkreten Fall ging es um das Parkinsonmittel Apo-Go (Apomorphin). Ein Arzt hatte das Präparat im Jahr 2009 dreimal verordnet: zweimal je 15 und einmal 25 Packungen mit je fünf Ampullen. Die Apotheke gab die Präparate im Gesamtwert von rund 7500 Euro ab. Die Kasse retaxierte insgesamt fast 2200 Euro – weil die Apotheke gestückelt haben soll.

Der Apotheker wehrte sich juristisch gegen die Retaxation. Zunächst allerdings vergeblich – das Sozialgericht Nordhausen (SG) wies seine Klage ab. Die Kasse hatte erfolgreich argumentiert, die Apotheke hätte statt der 5er- besser 10er-Packungen abgeben müssen, die seit November 2008 auf dem Markt seien. Der Apotheker habe in seinem Einspruchsschreiben selbst eingestanden, dies nicht beachtet zu haben.

Der Apotheker hielt dagegen, dass eben keine Verordnung nach Stückzahlen erfolgt sei. Der Arzt habe eindeutig 15 Packungen des Arzneimittels verschrieben. Die Kasse erklärte, eine verordnete Originalpackung entspreche grundsätzlich einer bestimmten Stückzahl und es obliege dem Apotheker, auf die Abgabe der wirtschaftlichsten Alternative zu achten.

In dem Verfahren ging es also um die Frage, ob der Apotheker sich an die verordneten Packungsgrößen zu halten oder ob er über die Umrechnung auf die Gesamtstückzahl zu einer anderen Packungsgröße hätte kommen müssen. Das Sozialgesetzbuch (SGB V) untersagt es Apothekern, eine verordnete Menge in teureren Teilmengen abzugeben, wenn eine geeignetere Packungsgröße zur Verfügung steht. Über dieses gesetzliche Mindestmaß geht der Rahmenvertrag hinaus, der den Apothekern aufträgt, die größte N-Größe abzugeben, wenn ein Arzt eine Stückzahl verordnet, die zahlenmäßig darüber liegt.

Während die Kasse mit ihrer Argumentation vor dem SG noch Erfolg hatte, stellte sich das LSG auf die Seite des Apothekers: Ihm sei kein Verstoß gegen die Vorschriften zur Vermeidung unwirtschaftlichen Verhaltens vorzuwerfen, stellten sie klar.

Entscheidend ist aus Sicht des Gerichts, was der Arzt verordnet: Er müsse durch einfache Zusätze auf dem Rezept erkennbar machen können, dass er von den Stückelungsvorgaben bewusst abweiche und die Abgabe einer genau bestimmten Menge wünsche. „Durch diese Verfahrensweise wird sowohl die Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln gesichert als auch garantiert, dass der Vertragsarzt weiterhin als 'Schlüsselfigur' der Arzneimittelversorgung für die Verordnung verantwortlich bleibt“, heißt es in dem Urteil.

Im konkreten Fall habe der Arzt keine unbestimmte Menge von Arzneimitteln verordnet, stellten die Richter klar. Er habe keine Stückzahl angegeben, sondern im Gegenteil „zahlenmäßig genau bestimmte Packungen mit jeweils fünf Fertigspritzen“ verschrieben. Diese Verordnungen seien eindeutig. „Eine Verpflichtung, die nach bestimmten Packungen verordneten Arzneimittel in Stückzahlen umzurechnen und dann gegebenenfalls wirtschaftlichere Packungen abzugeben, lässt sich den genannten Regelungen nicht entnehmen“, so die Richter.

Die Abgabevorschriften seien nur vereinbart worden, weil „Vertragsärzte in Anbetracht der fast unüberschaubaren Vielzahl unterschiedlicher Arzneimittel oft nicht genau wissen, welche Packungsgrößen auf dem Markt sind“, so die Richter. Der Arzt solle aber nicht aus bloßer Unkenntnis unwirtschaftlich verordnen. Eine Revision ließ das LSG nicht zu. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

Dass die Entscheidung des Arztes Vorrang hat, hatte 2014 auch das SG Koblenz entschieden: Demnach musste die betroffene Apotheke einen Rabattvertrag über ein Originalarzneimittel nicht bedienen, weil der Arzt einen konkreten Reimport verordnet und das Rezept mit einem Aut-idem-Kreuz versehen hatte. Um gleichartigen Fällen vorzubeugen, hat der Verband der Ersatzkassen (VDEK) seinen Liefervertrag mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) angepasst: Wird ein namentlich genannter Import mit Aut-idem-Kreuz verordnet, so bezieht sich das Kreuz nur auf den Namen des Arzneimittels, nicht aber auf den Hersteller. Bei allen anderen Kassen müssen die Apotheker das Urteil berücksichtigen. Nur in Bayern wurde der Arzneiliefervertrag angepasst.

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