Blumen statt Apotheken-Pleite Carolin Bauer, 06.07.2015 14:45 Uhr
Sechs Wochen war die Apotheke von Andreas Hollasch geschlossen. Der Inhaber der St. Johannes-Apotheke im westfälischen Senden-Bösensell konnte sich nach Gesprächen mit Großhändler und Hausbank aus der finanziellen Misere retten. Seit Freitag läuft das Geschäft wieder. Kollegen mit finanziellen Problemen empfiehlt Hollasch früher zu handeln als er selbst.
Hollasch freut sich über seinen Neustart. Auch die Einwohner seien froh über die Wiedereröffnung, einige hätten sogar Blumen vorbeigebracht, sagt er. „Die Kunden haben gemerkt wie wichtig die dörfliche Versorgung ist, nachdem sie zusammengebrochen ist.“ Die Wiedereröffnung werde von der Bevölkerung voll unterstützt. Die Verkäufe liefen normal. „Dass am Freitag ein Bombenumsatz war, kann man nicht sagen.“
Der 52-jährige Apotheker wollte seine finanzielle Schieflage lange nicht einsehen: „Ich habe den Kopf in den Sand gesteckt und hätte schon vor drei Jahren handeln können“, sagt er. Die Rettung seines Betriebs nahm er erst im letzten Moment in Angriff: Ende Mai meldete Gehe Eigentumsvorbehalt auf das Lager an und holte die Ware ab. In Gesprächen mit dem Großhändler konnte er sich auf einen Vergleich einigen. Die Geschäftsbeziehung wurde beendet. Auch seine Bank unterschrieb das Sanierungskonzept.
Kollegen mit ähnlichen Problemen rät er schneller zu handeln. „Es gibt immer eine Lösung“, sagt er. Um das Geschäft am Laufen zu halten, muss der Apotheker auch Personal kürzen. Von einer seiner zwei Angestellten wird sich Hollasch laut eigenen Angaben zunächst trennen.
Weitere größere Einschnitte seien derzeit nicht geplant. „Wir werden künftig aber zweimal überlegen, ob wir etwas einkaufen.“, so Hollasch. Auch die Kundenbindung soll verstärkt werden. Künftig will er verstärkt auf den Lieferservice hinweisen. Außerdem denkt der Apotheker über eine Reservierungs-App speziell für jüngere Kunden nach.
Die Zusammenarbeit mit dem Großhändler AEP lief am Freitag gut. Der neue Bestellrhythmus und die einmalige Lieferung pro Tag werde sich im Laufe der Sommerferien einstellen. „Wir haben die Grundversorgung im Haus und in 80 Prozent der Fälle reicht alles weitere am nächsten Tag.“ Derzeit ist Hollasch außerdem mit einem weiteren Lieferanten im Gespräch.
In Senden-Bösensell wohnen knapp 3000 Einwohner. Es gibt nur die eine Apotheke, Hollasch hatte sie vor 20 Jahren gegründet. Die Notsituation habe manchen Kunden zum Nachdenken gebracht: „Die Leute machen sich Gedanken um die wirtschaftliche Lage von wohnortnahen Versorgern.“