Zwischen den Apotheken soll es insgesamt gerechter zugehen. Das ist zumindest ein erklärtes Ziel der Gutachter des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi). Deshalb soll Packungshonorar sinken und unter anderem der Notdienst besser vergütet werden. Als angemessen für eine Nachtschicht erscheint den Gutachtern nach Berechnungen von APOTHEKE ADHOC ein Stundenlohn von 44,69 Euro.
Derzeit fließen für jede zu Lasten der Krankenkassen abgerechnete Rx-Packung 16 Cent in den Nacht- und Notdienstfonds (NNF). Aus diesem wird an die Apotheken eine quartalsweise schwankende Pauschale pro Notdienst ausgeschüttet.
Im vergangenen Jahr waren dies nach offiziellen Angaben des Deutschen Apothekerverbands (DAV) nach Abzügen für die Verwaltungskosten des Fonds etwas mehr als 114 Millionen Euro. Zu wenig, sagen die Gutachter. Im Durchschnitt hat jede Apotheke 5700 Euro erhalten, bei insgesamt 415.598 Notdiensten – Teildienste nicht mitgerechnet. Das entspricht im Durchschnitt 275 Euro pro Notdienst.
Die Gutachter schlagen nun vor, den Zuschuss zum Notdienstfonds auf 26 Cent zu höhen – eine Steigerung um satte 62,5 Prozent. Gemessen an den Zahlen aus dem vergangenen Jahr könnte der Fonds 189 Millionen Euro einsammeln und knapp 186 Millionen Euro ausschütten. Bei einer identischen Anzahl an insgesamt geleisteten Notdiensten würde die gezahlte Pauschale pro Dienst knapp 447 Euro betragen.
Die Notdienstpauschale wird nur für geleistete Volldienste zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens ausgezahlt. Zuletzt ergab das einen Stundenlohn von rechnerisch 27,50 Euro. Dieser würde bei der von den Gutachtern vorgeschlagenen Erhöhung auf 44,69 Euro steigern. Bei einem Sonntagsdienst von 24 Stunden wären es dagegen nur 18,62 Euro (heute: 11,45 Euro). Immerhin kommen jeweils die eigentlichen Einnahmen aus dem Notdienst dazu.
Und auch dafür schlagen die Gutachter eine kleine Reform vor: den OTC-Notdienstfonds. Es gebe nur wenige Daten dazu, wie viele Rx- und wie viele Non-Rx in Notdiensten abgegeben würden, heißt es im Gutachten. Pauschalen Angaben der ABDA zufolge sei die Verteilung ungefähr 50:50. „Es ist daher denkbar, auch die OTC-Packungen an der Finanzierung des Notdienstfonds zu beteiligen und damit die Kosten für die Krankenkassen zu senken, gegebenenfalls zu halbieren.“ Wie das bei einer freien Preisbildung bei OTC-Präparaten in der Praxis funktionieren soll, geht aus der Begründung nicht hervor.
Gerecht ist die Ausschüttung aus dem Notdienstfonds nur insofern, als jeder Notdienst vergütet wird. Wer sich mehr Nächte um die Ohren schlägt, bekommt auch mehr Geld aus dem Fonds. Die Gutachter geben aber zu bedenken, dass ein Notdienst von Sonntagmorgen bis Montag früh genauso vergütet werde wie ein Nachtdienst von Dienstagabend bis Mittwochmorgen. Die Gutachter haben deshalb stundenbasiert gerechnet, was „eine flexiblere Vergütung erlauben“ würde. An der Gesamtvergütung ändere sich durch diese Anpassung nichts, allenfalls bei den Verwaltungskosten.
Ungerecht wäre an diesem System allerdings immer noch, dass der Apotheker sein Geld bekommt, ob er nun die ganze Nacht Patienten versorgt hat oder durchschlafen konnte. Diese Unwucht würde sich bei der von den Gutachtern empfohlenen Erhöhung der Pauschale sogar vergrößern – unter dem Strich hätten aber natürlich alle Apotheker mehr Geld.
Und Einzelne könnten so über Nacht geradezu reich werden, genauer gesagt, über alle Nächte. Apotheken auf Inseln wie Usedom haben nämlich immer Dienst. Nach aktuellem „Tarif“ erhielten diese Apotheken im vergangenen Jahr rund 100.000 Euro aus dem Fonds, nach neuem wären es 163.000 Euro. Einer Neiddebatte gegenüber diesen Kollegen vorbeugen sollten die Tatsachen, dass sie in jeder Mittagspause auf Abruf sind und mit einem wasserfesten Handy duschen.
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