Droht einer Apotheke die Zahlungsunfähigkeit, muss alles sehr schnell gehen. Noch vor dem Insolvenzantrag sollte mit den Gläubigern ein Plan zur Sanierung abgestimmt werden. Im vorläufigen Insolvenzverfahren sollte zudem die Aufsichtsbehörde einbezogen werden, damit die Apotheke vorerst geöffnet bleiben kann. Denn wenn vor Gericht das Insolvenzverfahren formal eröffnet wird, droht der Entzug der Betriebserlaubnis.
Rechtsanwältin Nicole Schmidt von der Kanzlei Andres Schneider rät Apotheken mit wirtschaftlichen Problemen, rechtzeitig zu handeln: „Am besten ist, es besteht schon eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern. Dann kann die Apotheke mit ihrem fertigen Insolvenzplan zum Gericht gehen und den Antrag stellen.“
Stellt die Apotheke dagegen sofort einen Insolvenzantrag, bestellt das zuständige Gericht in der Regel zunächst einen Sachverständigen. Dieser erstellt ein Gutachten, ob ein Insolvenzgrund vorliegt. Bei laufendem Geschäftsbetrieb werden vom Gericht im vorläufigen Verfahren zudem oft Sicherungsmaßnahmen angeordnet, um eine weitere Benachteiligung der Gläubiger zu vermeiden. Die Apotheke hat dann bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens meist drei Monate Zeit.
Nach dem Apothekengesetz ist der Apotheker zur persönlichen Leitung verpflichtet. Deshalb ist es entscheidend, ob das Gericht einen „starken“ oder einen „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Bei einem schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter bleibt der Apotheker handlungsfähig.
Er darf jedoch nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters tätig werden, etwa Investitionen tätigen oder Zahlungen leisten. „Entscheidend ist, dass der Apotheker nach wie vor inhaltlich verantwortlich für den Geschäftsbetrieb ist“, sagt Schmidt. Die Rechtsanwältin wird als Insolvenzverwalterin regelmäßig bestellt.
Ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter hingegen erhält die Verfügungsbefugnis über die Vermögensgegenstände der Apotheke, also insbesondere über den Verkauf von Waren. Anders als bei einer GmbH kann der Insolvenzverwalter bei einer Apotheke aber nicht vorübergehend die Leitung übernehmen. Die Behörden würden die Apotheke in diesem Fall schließen lassen.
Der Insolvenzplan im vorläufigen Verfahren sollte deshalb unbedingt auch mit den zuständigen Behörden abgestimmt werden. Schmidt zufolge sind die Zulassungsstellen oft um Lösungen bemüht und vor allem darauf bedacht, Arbeitsplätze zu erhalten.
Wenn das Gericht ein Insolvenzverfahren eröffnet, geht die Verfügungsgewalt des Apothekers über sein Vermögen auf den Insolvenzverwalter über. In der Regel ist für die Apotheke dann Schluss. „Deshalb sollten Apotheker Einfluss auf den Ablauf einer Insolvenz nehmen, solange dies noch möglich ist“, sagt Schmidt. Denn ohne konkreten Plan sei es reines Glück, wie die Zukunft der Apotheke aussehe.
Zumindest finanziell verschafft das vorläufige Insolvenzverfahren dem Apotheker Luft: Vom Zeitpunkt der Eröffnung an übernimmt das Arbeitsamt rückwirkend bis zu drei Monatsgehälter der Mitarbeiter. Mit diesem so genannten Insolvenzgeld kann die Apotheke eine drohende Zahlungsunfähigkeit womöglich abwenden – sie gewinnt an Liquidität.
Da Apotheken ihre Zahlungsansprüche häufig bereits an den Großhandel abgetreten haben, müssen sie sich vor allem mit ihren Lieferanten, ihren Abrechnungsstellen und ihrem Rechenzentrum einigen. Die Chancen auf eine Rettung stünden oft gar nicht so schlecht, weil auch die Gläubiger von einer Abwicklung nur selten profitierten, so Schmidt.
Sind die Gläubiger überzeugt, bestätigt das Insolvenzgericht den Plan, und das vorläufige Insolvenzverfahren wird aufgehoben. Der Apotheker erhält das Recht zurück, über seine Apotheke frei zu verfügen.
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