Wettbewerbsrecht

BGH entscheidet über Abgabe ohne Rezept APOTHEKE ADHOC, 24.03.2014 08:29 Uhr

Illegal, aber nicht spürbar? Der BGH prüft die Abgabe von Rx-Medikamenten ohne Rezept aus wettbewerbsrechtlicher Perspektive. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

In welchen Fällen dürfen Apotheker verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Rezept abgeben? Mit dieser Frage beschäftigt sich demnächst der Bundesgerichtshof (BGH). In Karlsruhe soll vor allem geklärt werden, ob und unter welchen Umständen Verstöße gegen Arzneimittelgesetz (AMG) und Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) auch wettbewerbsrechtlich geahndet werden können.

Im konkreten Fall hatte ein Apotheker aus Aulendorf bei Ravensburg einer Kollegin aus demselben Ort eine Unterlassungserklärung geschickt: Er wirft ihr vor, im Februar 2011 gemäß einer Vereinbarung mit einem Hausarzt den Blutdrucksenker Tri-Normin 25 (Atenolol, Chlortalidon, Hydralazin) ohne Rezept abgegeben zu haben.

Die Abgabe ohne Rezept sei im Ort jahrelang „gang und gäbe“ gewesen, sagt der Pharmazeut, der erst 2010 zugezogen war und zunächst das Gespräch mit seiner Kollegin gesucht hatte.

Bereits in den Vorinstanzen war das Verhalten der Apothekerin als eindeutiger Rechtsverstoß ausgelegt worden, zumal kein Notfall vorgelegen habe. Allerdings kam das OLG im vergangenen Juni zu folgender Einschätzung: Liege nur ein „einmaliger, versehentlicher oder gar entschuldbarer und geringer Gesetzesverstoß“ vor, sei das Interesse von Marktteilnehmern noch nicht spürbar beeinträchtigt.

Die Apothekerin habe nicht einfach dem Drängen der Kundin nachgegeben, sondern versucht, den Arzt über dessen Privatnummer zu erreichen, dann eine befreundete Ärztin eingeschaltet und das Rezept letzten Endes auch unverzüglich nachgereicht. Daher sei von einem „geringen Verschulden“ auszugehen, so das OLG.

Insofern habe der Apotheker – trotz eindeutiger Rechtslage – keinen Unterlassungsanspruch und auch keinen Anspruch auf Schadenersatz. Revision wurde nicht zugelassen. Der Apotheker legte jedoch Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH ein – mit Erfolg. Die Richter in Karlsruhe müssen nun klären, ob Vorschriften, die dem Gesundheitsschutz dienen, wettbewerbsrechtlich relevant sein können.

Der verwaltungsrechtliche Weg ist bereits versperrt: Im Fall von „Zur Rose“ hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) 2011 entschieden, dass Apotheker nur in Ausnahmen auf diesem Rechtsweg gegen Kollegen vorgehen können. Arzneimittel- und Apothekengesetz dienten nicht dem „Schutz der individuellen Interessen von Wettbewerbern“. Nur bei einer „unzumutbaren Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Position“ könne eine Klagebefugnis ausnahmsweise in Betracht kommen.