Clearingstelle vor Gericht Alexander Müller, 29.04.2014 15:20 Uhr
In Westfalen-Lippe ist der Streit um die Clearingstelle für Hilfsmittelrezepte vor Gericht gelandet: Der Apothekerverband AVWL wollte eine einstweilige Verfügung gegen das ARZ Haan erwirken, weil das Rechenzentrum die Clearingstelle in Eigenregie fortführt. Im Kern geht es um die Nutzungsrechte der Software. Doch das Landgericht Wuppertal hat den Antrag dem Vernehmen nach Ende vergangener Woche abgelehnt.
Das ARZ Haan hat bislang die Software für die Clearingstelle zur Verfügung gestellt. Doch der Vertrag mit dem AVWL wurde schon vor Monaten zu Ende März gekündigt. Verhandlungen über einen Kontrakt zu neuen Konditionen waren gescheitert. Seit Anfang April bietet das Rechenzentrum die Leistung kostenpflichtig an. Dazu lässt sich das ARZ unter Angabe der Apotheken-IK von den Kunden beauftragen.
Der AVWL kann dem derzeit nur tatenlos zusehen. Zwar arbeitet der Verband fieberhaft an einer eigenen Lösung mit einem externen Dienstleister. Derzeit sind die Mitarbeiter in der Geschäftsstelle aber vollkommen überlastet. Noch Anfang April hatte der Verband eine „nahtlos übergehende neue Lösung“ angekündigt. Ende vergangener Woche wurden die Mitglieder nun aber gebeten, vorerst keine Anfragen mehr zu übermitteln.
Der Auftragsstopp bis zum 9. Mai soll intern genutzt werden, um „den großen Berg offener Aufträge abzuarbeiten“, heißt es in einem Rundschreiben. Die AVWL-Mitglieder erhalten Arbeitshilfen, wie sie bei den Krankenkassen selbst Genehmigungen einholen können. Auch die Retaxstelle soll nur in sehr dringenden Fällen in Anspruch genommen werden.
Zu den Hintergründen will sich der Verband „aus rechtlichen Gründen“ derzeit nicht äußern. Gegenüber den Mitgliedern ist lediglich von „technischen Problemen“ die Rede, da die bisher genutzte Softwarelösung aktuell nicht mehr zur Verfügung stehe.
Diese „Durststrecke“ werde noch bis in den Mai hinein andauern, kündigen AVWL-Chef Dr. Klaus Michels und Geschäftsführer Dr. Sebastian Schwintek an. Sie versichern aber, dass die Dienstleistung vom Verband weiter angeboten werden soll.
Dass der Verband trotz der monatelangen Verhandlungen mit dem ARZ jetzt keine eigene Lösung bereit hält, sorgt an der Basis für Unmut. Denn die Apotheker müssen die Hilfsmittel entweder auf gut Glück abgeben und später genehmigen lassen oder dem ARZ monatlich 49 Euro für die Unterstützung zahlen, Abrechnungskunden die Hälfte.
In den Reihen der AVWL-Mitglieder mehren sich derweil die Stimmen, der Verband möge seine Beiträge senken – schließlich seien die Clearing-Gebühren darin bislang enthalten gewesen. Der AVWL könnte die zusätzlichen Kosten zumindest teilweise mittragen, fordern zwei Apotheker in einem offenen Brief an die Verbandsspitze.
Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht, zumal beide Seiten jetzt juristisch gegeneinander vorgehen. Zwischen dem AVWL und dem ARZ knirscht es ohnehin gewaltig, seit der Verband seinen Ausstieg beim Rechenzentrum bekannt gemacht hat. Dass es jetzt auch wegen der Clearingstelle Ärger gibt, muss wohl vor diesem Hintergrund verstanden werden.
Der Streit um die Clearingstelle könnte weitere Kreise ziehen. Historisch bedingt rechnen bislang viele Verbandsmitglieder ihre Rezepte beim ARZ Haan ab. Sollte der AVWL für die Clearing-Dienstleistung ein anderes Rechenzentrum beauftragen, könnte dies das Kräfteverhältniss in Westfalen-Lippe verschieben. Dem Vernehmen hat sich das norddeutsche Rechenzentrum NARZ/AVN schon in Stellung gebracht.