Nicht nur Apotheker selbst wollen wissen, was ihre Kunden über sie denken. Auch Pharmaunternehmen schicken Testkunden in die Apotheke. Dabei geht es ihnen einerseits um den Endkunden, andererseits aber auch darum, zu überprüfen, ob Apotheker sich tatsächlich an Vereinbarungen halten.
Immer wieder schicken Pharmahersteller Apotheken Aktionsmaterialien unterschiedlichster Art. Über so manche Aktion besteht sogar eine vertragliche Vereinbarung. Darin werden Apotheker beispielweise verpflichtet, einen Aufsteller für eine bestimmte Dauer an einem bestimmten Ort zu platzieren, um das Aktionsprodukt zu bewerben. Doch nicht jeder Apotheker hält sich offenbar an solche Absprachen. So seien im Durchschnitt solche Aufsteller tatsächlich in nur 35 Prozent der Apotheken verfügbar, lautet das Ergebnis einer Case-Studie von POSpulse, einem Marktforschungsunternehmen aus Berlin.
„Compliance Tracking“ nennt das Unternehmen sein an die Pharmaindustrie gerichtete Angebot. Damit will man sichern, dass die Produkte „gemäß definierter Standards“ präsentiert werden. Will ein Hersteller überprüfen, ob Apotheken sich an die Abmachungen tatsächlich halten, schickt POSpulse Testshopper in rund 1000 Apotheken deutschlandweit und verspricht „volle Transparenz durch Fotodokumentation und direkter Filialzuordnung“.
Naturgemäß wissen Apotheken von solchen getarnten Testern nichts. „Manche Hersteller vereinbaren in den Verträgen, dass es solche Besuche geben kann“, erläutert Elena Bergmann, Senior Sales Management von POSpulse. „Wir als ausführendes Organ nehmen keinen Kontakt mit Apotheken auf.“ Sollte es dazu kommen, dass Shopper als Testkunden enttarnt werden, hätten sie die Anweisung, sich zu erkennen zu geben. Dabei werde allerdings nur POSpulse und nicht der eigentliche Auftraggeber genannt, sodass der betroffene Apotheker auch dann nicht erfährt, welcher Hersteller ihm da genau auf die Finger schauen wollte. „Aber uns ist es noch nie passiert, dass ein Tester aufgeflogen ist“, beruhigt Bergmann. „Manchmal wird der eine oder andere Apotheker skeptisch. Aber das war es dann auch schon.“
Geprüft werde aber auch Empfehlungsverhalten und Beratungsqualität von Apothekern. In einem Fall wollte etwa ein weltweit tätiges Pharmaunternehmen nach Einführung einer neuen Produktsorte gegen Schmerzen wissen, inwiefern Kunden bei der Beratung durch das Apothekenpersonal auf das Neuprodukt hingewiesen werden. Darüber hinaus wollte der Hersteller wissen, ob ein Besuch des Außendienstes zur Verkaufssteigerung führt.
Tut es nicht, war das ernüchternde Ergebnis der Untersuchung. „Ungestützt bestehen kaum Unterschiede zwischen durch den Außendienst besuchten und nicht besuchten Apotheken“, erläutert Bergmann. Erst wenn der Testkunde gezielt nach dem Produkt gefragt hat, wiesen Apotheken mit Außendienstberatung ein fundierteres Wissen auf und neigten eher dazu, die untersuchte Marke zu empfehlen. „Das gibt den Unternehmen die Möglichkeit, die Schulungen des Außendienstes zu optimieren und die Produktunterlagen anzupassen“, erläutert sie.
Ohnehin sei in dem Pharmabereich aus der Sicht von Marktforschung noch viel Potential drin. So seien Pharmahersteller noch deutlich vorsichtiger als Unternehmen aus anderen Branchen, weiß Bergmann. In anderen Bereichen arbeite man schon seit Langem mit solchen Instrumenten wie Mystery Shopping. Das hängt aus ihrer Sicht mit dem Produkt zusammen.
Außerdem sei die Distanz zwischen Herstellern und Kunden traditionell sehr groß. „Pharmafirmen haben früher sehr viel Geld verdient, auch ohne viel über die Vorlieben der Menschen zu wissen“, sagt sie. Die Zeiten hätten sich inzwischen auch für sie geändert. Noch seien es vor allem große Firmen mit internen Marktforschungsabteilungen und entsprechenden Budgets, die Erhebungen selbst durchführen oder spezialisierte Unternehmen damit beauftragen. Aber auch kleinere Unternehmen würden auf diesem Gebiet langsam aufholen. Für diese, so Bergmann, ist es häufig die einzige Möglichkeit Zahlen aus ganz Deutschland zu generieren.
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