Apotheke zu verschenken

„Wenn meine Apotheke schließt, wird das hier eine große Lücke reißen“

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Berlin -

Vor allem in ländlichen Gebieten sollten Apotheken immer auch für ihre Gemeinschaft da sein statt nur als Handelsbetriebe zu arbeiten. Diesen Anspruch hat Inhaberin Daniela Hundelshausen ihr ganzes Berufsleben lang hochgehalten. Nun geht sie auf den wohlverdienten Ruhestand zu – doch einen Nachfolger zu finden ist wie überall äußerst schwer. Ihr gehe es aber nicht ums Geld, sondern um die Bedeutung ihrer Brunnen-Apotheke für den Ort Hallenberg im Sauerland. Sie will deshalb nicht über irgendwelche Kaufpreise feilschen müssen, sondern hat nun angekündigt, ihre Apotheke verschenken zu wollen. Nun hat die Rheinische Post (RP) das Thema aufgegriffen: In einem Gastbeitrag klärt Hundelshausen die Leser darüber auf, was der Ort an ihrer Apotheke verlieren würde und warum ihr die Zukunft des Betriebs wichtiger ist als das Geld, das sie erhalten würde.

Als sie die Apotheke vor fast 30 Jahren gründete, sei Hallenberg noch „ein blühendes Sauerland-Städtchen“ gewesen. „Dann kam das Internet auf, und das Geschäftssterben begann. Heute ist die ehemalige Ladenzeile nur noch eine Güterverkehrsstraße für den Online-Handel“, so Hundelshausen in der RP. „Das betrifft auch den Handel mit Medikamenten. Aber eine Apotheke ist so viel mehr. Deshalb würde ich meine verschenken, wenn ich jemanden finden würde, der sie in meinem Sinne weiterführt.“

Die Idee dazu sei ihr gekommen, als sie bei Facebook den Post einer Kollegin sah, erklärt sie in der RP und meint damit Heike Kouril-Arlt, die Inhaberin der Apotheke St. Ulrich im baden-württembergischen Sulzbach. Drei Jahre habe die 62-Jährige noch „bis es akut wird. Deshalb habe ich mir gesagt, fang bloß früh genug mit der Suche an.“ Denn sie sei sich durchaus bewusst, dass es für junge Apotheker attraktiver ist, in der Stadt zu arbeiten. Auf dem Land müsse man deutlich mehr Notdienste übernehmen, und je nach Wohnort größere Distanzen zurücklegen.

„Dafür ist meine Apotheke sehr attraktiv, viele sagen, es sei die schönste im weiten Umkreis. Bei uns fühlt man sich gleich wohl, wir wenden uns den Kunden zu. Wissen Sie, es geht eben nicht nur um Medikamente.“ Die Apotheke sei die erste Anlaufstelle bei Gesundheitsproblemen, „und wir sehen es unseren Kunden an, wenn etwas nicht stimmt“. Hinzu komme die Herstellung von Kapseln und Salben, Blutdruckmessungen, das Messen von Kompressionsstrümpfen, das Anmessen von Bandagen und bei Bestellung eine schnellere Auslieferung als beim Online-Handel. „Wenn meine Apotheke schließt, wird das hier eine große Lücke reißen“, erklärt sie der Leserschaft.

Dabei gehe es ihr auch um die soziale Verantwortung, die sie für ihre Mitarbeiter trage, die für sie wie eine Familie seien. „Ein zentraler Satz für mich lautet: Sei im Alter der Mensch, den du gebraucht hättest, als du jung warst. Mein Mann, der auch Apotheker ist, und ich haben damals viel investieren müssen. Das tat weh. Ich möchte niemandem wehtun mit der Weitergabe meines ‚Kindes‘.“ Dass sie ihre Apotheke als eigenes Kind bezeichnet, kommt nicht von ungefähr: Hundeslhausen hat ihren Betrieb wortwörtlich selbst aufgebaut, erklärt sie auf Nachfrage. Die Brunnen-Apotheke befindet sich in einem ehemaligen Stall, den sie 1991 für damals 250.000 Mark zu einer Offizin umbauen ließ – und all das, während sie schwanger war. „Am 1. September 1991 habe ich die Apotheke eröffnet und am 10. September habe ich entbunden“, erzählt sie. „Am Anfang war nichts da, aber mit viel Zuwendung und Engagement haben wir die Apotheke großgezogen wie ein echtes Kind und auch da viele schlaflose Nächte gehabt. Das war kein Zuckerschlecken und ich bin sehr glücklich, dass dabei alles gut gegangen ist – wie bei meinem echten Kind.“

Und das will sie nun in guten Händen wissen – was ihr wichtiger sei als ein guter Übergabepreis. „Bevor ich in den Stress komme, verhandeln, hauen und stechen zu müssen, möchte ich meine Apotheke lieber gütig übergeben“, sagt Hundelshausen. „Denn das würde mir Sorgen und Ärger bereiten. Ärger grämt, er macht alt und hässlich – und das wird man auch von alleine“, erzählt sie.

Diese Botschaft – dass die soziale Funktion wichtiger ist als das Geld – transportiert sie auch gegenüber der Leserschaft. „Ich bin dankbar für so viele Dinge, und ich will diese Dankbarkeit weiterreichen. Dass man so handelt, davon lebt die Welt doch. Im Idealfall bietet mir meine Nachfolgerin oder mein Nachfolger freiwillig einen fairen Obolus an, und ich könnte als Vertretungsapothekerin ab und an dort arbeiten“, so Hundelshausen. „Aber wie gesagt, es hat keine Eile. Ich bin jetzt 62. Andererseits freue ich mich darauf, irgendwann Zeit zu haben für andere Projekte, aus diesem durch die vielen Regularien fremdbestimmten Leben herauszukommen.“

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