Der Landesapothekerverband (LAV) Baden-Württemberg will den Eindruck aus der Welt schaffen, die Apotheken hätten Vorbehalte dagegen, sich in der Breite dem Angebot kostenfreier Coronatests anzuschließen. Natürlich hätten nicht alle Apotheken die Kapazitäten, um Tests anzubieten, sagt Verbandsvize Tatjana Zambo. Aber der Verband werde allen Apotheken zur Seite stehen, die sich einbringen wollen. Allerdings müsse für ein breites Angebot wohl auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nochmal nachsteuern: „Wenn die Honorierung stimmt, wird auch die Bereitschaft da sein“, so Zambo.
Wie im Rest der Republik sehen auch in Baden-Württemberg viele Apotheken die nun angekündigte Test-Offensive kritisch. Sie hätten keine geeigneten Räumlichkeiten und nicht genug Personal, und mit der angedachten Vergütung von maximal 9 Euro für Material und weiteren 9 Euro für die Durchführung pro Test sehen viele einen kostendeckenden Betrieb nicht als möglich. „Oft scheitert es einfach an der Erfüllung der räumlichen Vorgaben, denn die Tests werden nicht im Kundenbereich der Apotheke, sondern immer in separaten Bereichen durchgeführt”, hatte LAV-Sprecher Frank Eickmann am Dienstag der Heilbronner Stimme und dem Mannheimer Morgen gesagt. Und Kammersprecherin Katina Lindmayer stimmte ein, dass jeder Apothekenleiter eigenverantwortlich entscheiden könne, ob er im Rahmen seines Apothekenbetriebs die notwendigen Ressourcen bereitstellen könne. Ein flächendeckendes Angebot von Schnelltests durch Apotheken in Baden-Württemberg werde deshalb nicht möglich sein.
Ganz so finster sieht Zambo es allerdings nicht. Sie räumt zwar ein, dass sie bei der Vergütung noch Nachbesserungsbedarf sieht. Denn die Investitionen und wirtschaftlichen Risiken sind ungleich höher als bei der Verteilung kostenloser FFP2-Masken seit Dezember. „Es steht und fällt mit dem Honorar“, erklärt sie auf Anfrage. „Falls Herr Spahn bei 9 Euro plus 9 Euro bleibt, wird er damit nicht so viele Kollegen motivieren können.“ Dass es auch anders geht, zeige das Beispiel Baden-Württemberg, wo Tests bereits mit dem Land abgerechnet werden können – und zwar mit 30 Euro. „Das ist auskömmlich und ermöglicht kostendeckendes Arbeiten“, sagt Zambo.
Sie weiß dabei, wovon sie spricht: Bereits seit Dezember bietet Zambo selbst mit ihren beiden Vital-Apotheken in Gaggenau Antigen-Tests an. „Wir testen bereits seit dem ersten Tag, an dem das möglich war“, sagt sie. Mehrere hundert Tests habe sie bereits durchgeführt, was angesichts der ländlichen Lage nicht wenig sei. „Wir hatten anfangs einen recht großen Hype, der dann nach Weihnachten etwas nachließ. Jüngst haben die Zahlen wieder zugenommen.“ Der LAV rechne nun damit, dass sich die Nachfrage ab dem 1. März noch einmal deutlich erhöhen wird.
Zambo kann das stemmen, sie hatte nach eigenen Angaben keine Probleme, die nötigen Räumlichkeiten zu finden. „Ich bin in der glücklichen Situation, dass eine meiner Apotheken in einem Gesundheitszentrum ist, wo wir einen Gemeinschaftsraum haben, den wir dafür nutzen können.“ In dieser Situation sind aber nicht alle Apotheken, weswegen Zambo die Kollegen auffordert, sich um kreative Lösungen zu bemühen. „Wendet Euch an Eure Stadt, die soll Euch Räumlichkeiten zur Verfügung stellen und kann über Organisationen wie das Rote Kreuz oft auch Personal vermitteln, aber für die organisatorischen Abläufe sind wir die Experten“, sagt sie an die Kollegen gerichtet.
Die Apotheken können sich dabei auf ihren Verband verlassen, versichert Zambo. Der habe bereits ein breites Unterstützungsangebot aufgebaut: „Wir stellen uns selbst zur Verfügung und beraten jeden, der etwas wissen möchte.“ So sei bereits am Mittwochabend eine digitale Informationsveranstaltung mit rund 380 Teilnehmern durchgeführt worden, um bei akuten Fragen Beratung zu bieten. „Das war ein sehr guter Austausch“, sagt Zambo. Außerdem sei auf der Verbandshomepage bereits ein umfangreiches Informationsangebot eingerichtet worden. „Da fließen politische Informationen und Erfahrungen aus der Praxis zusammen“, so Zambo.
Die LAV-Vize betont, dass die Wahrnehmung in der Apothekerschaft besser sei als es oft dargestellt werde. „Die Stimmung ist gut, viele Apotheken zeigen sich interessiert“, sagt sie. In Baden-Württemberg hätten sich bereits jetzt rund 200 Apotheken für das Projekt eintragen lassen. Ziel sei, das Netz der testenden Apotheken noch zu erweitern und auszubauen. „Ich weiß, dass das nicht jede Apotheke kann und es muss auch nicht jede Apotheke mitmachen, aber diejenigen, die bereit dazu sind, wollen wir inhaltlich und auch organisatorisch unterstützen.“ Dazu stehe der Verband im engen Kontakt sowohl zur Landesregierung als auch zu den kommunalen Verwaltungen vieler Gemeinden und Landkreise. Zambo appelliert an die Kollegen, die Chancen in dem Projekt zu erkennen: „Wir können jetzt hier so viel Gutes tun und das der Bevölkerung sowie der Politik zeigen. Und auch den Gemeinden können wir damit verdeutlichen, dass man uns braucht.“
APOTHEKE ADHOC Debatte