„Kunde war verärgert“

Wegovy: Pen-Import zum Wucherpreis

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Berlin -

Seit dem Marktstart von Wegovy (Semaglutid, Novo Nordisk) ist die Nachfrage in Deutschland stark gestiegen. Mehrere Apotheken berichten von zeitweisen Lieferengpässen. So auch Anke von Kolczynski, Apothekerin in der Kron-Apotheke in Stuttgart: „Als meine PTA einen lieferfähigen Import der Wegovy-Spritze beim Großhandel entdeckt hat, war die Freude zunächst groß, denn wir konnten den Patienten versorgen“, berichtet sie. Doch dann folgte die böse Überraschung: „Das Präparat kostet sage und schreibe knapp das Dreifache wie die Originalspritze“, so die Apothekerin.

In den Zeiten der Lieferengpässe sind Apotheken froh über jedes Medikament, mit dem sie die Patient:innen versorgen können. Bei einigen Arzneimitteln ist die Knappheit besonders prekär. So müssen beispielsweise Diabetiker und Diabetikerinnen seit Monaten um die Belieferung mit Ozempic (Semaglutid, Novo Nordisk) bangen. Abnehmwillige haben auch außerhalb medizinischer Indikationen den Wirkstoff Semaglutid genutzt, um besonders schnell Körpergewicht zu reduzieren. Wegovy erfährt nun einen ähnlichen Hype.

Doch während sich Anke von Kolczynski zunächst über die Lieferfähigkeit eines Imports des knappen Mittels freute, musste sie nach Abgabe an den Patienten feststellen, dass dieser erheblich mehr bezahlen musste als für das Original. „Der Kunde hat vor einiger Zeit bei uns das Originalpräparat für etwa 172 Euro erworben. Nun kam er abermals mit einer Wegovy-Verordnung, und wir konnten diesmal nur einen Import bestellen, da das Original über den Großhandel nicht lieferbar war“, so die Apothekerin.

Man wirkt unseriös

Zunächst zahlte er dafür stolze 499 Euro. „Im Nachhinein kam jedoch die Nachfrage dazu. Ich bin nun in Erklärungsnot und kann natürlich auch keine Kulanzregelung anbieten, denn dann mache ich mich strafbar“, so die Approbierte. „Für uns Apotheken ist sowas superärgerlich, denn wir müssen den Patienten erklären, warum das Mittel plötzlich so teuer ist und wirken schnell unseriös, wenn wir den dreifachen Preis verlangen“, so von Kolczynski.

„Die Arzneimittelpreisbindung hat unter anderem den Zweck, dass Medikamente in Zeiten der Verknappung nicht zu überteuerten Preisen veräußert werden können. Der Reimporteur nutzt den Hype von Wegovy aus, indem er dasselbe Arzneimittel unter anderer PNZ auf den Markt bringt und so die Preise selbst bestimmen kann. Dies ist dem Kunden aber nicht zu vermitteln ohne als Apotheke unseriös zu wirken, obwohl wir keinerlei Einfluss auf die Preisbildung haben und an diesem überteuerten Medikament auch in keiner Weise mehr verdienen“, erklärt sie.

Was sagen Hersteller und Importeur?

„Momentan liefern wir Wegovy kontinuierlich an den Großhandel aus. Dennoch können wir abhängig von der hohen Nachfrage nicht ausschließen, dass es immer wieder zu Nichtverfügbarkeiten in Apotheken oder beim Großhandel kommen kann. Wegovy wird von uns zu einem festgelegten Preis an den deutschen Großhandel abgegeben. Auf die Preisgestaltung anderer Unternehmen oder weitere Handelswege haben wir keinen Einfluss“, so eine Sprecherin von Novo Nordisk.

Die von der PB Pharma angebotenen Wegovy-Produkte sind Reimportartikel, die mit Genehmigung der Europäischen Arzneimittelagentur parallel auf dem deutschen Markt vertrieben werden. „Diese Artikel werden von uns in anderen EU-Märkten erworben und gemäß den deutschen Kennzeichnungsvorschriften umverpackt, um die Versorgungslücke für deutsche Patienten zu schließen“, so ein Sprecher.

Der Einkaufspreis dieser Artikel liege bereits im EU-Ausland deutlich über dem deutschen Apothekenabgabepreis. „Zusätzlich entstehen Kosten für Transport, Zulassung, Umverpackung, Logistik und Administration der Artikel“, so der Sprecher. „Die PB Pharma ist seit über 25 Jahren als Arzneimittelimporteur tätig und seit jeher fest davon überzeugt, dass Kosteneinsparungen im deutschen Gesundheitsmarkt von großer Bedeutung sind. Daher bieten wir kontinuierlich ein breites Importsortiment an Präparaten, insbesondere Betäubungsmitteln, zu Preisen unterhalb des Originalherstellerpreises an“, berichtet er.

Und weiter: „Import-Arzneimittel sind günstiger als das Original und entlasten somit das deutsche Gesundheitswesen erheblich. Rund 400 Millionen Euro werden jährlich durch die Abgabe von Importen eingespart“, so der Sprecher. Man sei bestrebt, „etwaige Einkaufspreisreduktionen für Wegovy im EU-Ausland in vollem Umfang an unsere deutschen Patienten weiterzugeben“ heißt es. „Dies entspricht unserer Philosophie, den deutschen Gesundheitsmarkt durch eine nachhaltige Preisgestaltung positiv zu beeinflussen und von Kosten zu entlasten“, so der Sprecher.

Zum Hintergrund

Das Medikament des dänischen Pharma-Unternehmens Novo Nordisk enthält wie Ozempic den Wirkstoff Semaglutid. Bei Menschen mit Adipositas ohne zusätzliche Diabetes-Erkrankung kann die Wegovy-Therapie zu einer Gewichtsreduktion von bis zu 15 Prozent im Behandlungszeitraum von 18 Monaten führen.

Zugelassen ist Wegovy zur Gewichtsregulierung, ergänzend zu einer kalorienreduzierten Ernährung und verstärkten körperlichen Aktivität,

  • bei Erwachsenen mit Adipositas (Ausgangs-Body-Mass-Index (BMI) ≥ 30 kg/m²)
  • bei Erwachsenen mit Übergewicht (BMI von ≥ 27 kg/m² bis < 30 kg/m²) und mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung
  • bei Jugendlichen ab 12 Jahren mit Adipositas (gemäß geschlechts- und altersspezifischen Wachstumstabellen) und einem Körpergewicht über 60 kg
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