An Beschäftigungsverhältnissen auf Honorarbasis kann man sich als Unternehmer nur noch die Finger verbrennen. Sobald irgendeine sachlogische Anbindung an den Betrieb besteht, bittet die Deutsche Rentenversicherung (DRV) zur Kasse. Einem Apotheker aus Brandenburg wurde vorgehalten, dass es in seiner Apotheke einen Hygieneplan gab – daher musste er für eine Putzfrau für mehrere Jahre Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.
Rund 16.500 Euro muss der Apothekeninhaber an Sozialversicherungsbeiträgen für die Jahre 2012 bis 2015 nachzahlen, weil er eine Putzfrau auf Honorarbasis beschäftigte. Laut Landessozialgericht Berlin/Brandenburg (LSG) war die Frau als nichtselbständige Angestellte einzustufen, der Apotheker muss daher nachträglich Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung abführen.
Zwar gab es einen 2006 geschlossenen Dienstleistungsvertrag über die Durchführung „aller anfallenden Reinigungsarbeiten in der Apotheke“, nach dem eine Abrechnung nach Zeitaufwand à 10 Euro brutto je Stunde vereinbart worden war. Auch war die Reinigungskraft für weitere Auftraggeber tätig. Sie konnte sogar eine Gewerbeanmeldung zum Tätigkeitsbereich „Reinigungsservice, Reinigung nach Hausfrauenart“ vorweisen; als Betriebsstätte hatte sie gegenüber der Gewerbeaufsicht die Adresse eines Büroservice angegeben.
Doch all das überzeugte weder die DRV, noch das Sozialgericht Potsdam oder jetzt das LSG. Der Wille der Vertragspartner stelle kein wesentliches Kriterium für Selbstständigkeit dar, vielmehr sprächen die Gesamtumstände deutlich für eine abhängige Beschäftigung. Und die Gewerbeanmeldung sei für sich kein Merkmal einer selbstständigen Tätigkeit.
Ein Unternehmerrisiko sei nicht im Ansatz erkennbar. „Ein solches besteht darin, dass eigenes Kapital mit dem Risiko des Verlustes eingesetzt wird.“ Hiervon könne bei der Reinigungskraft nicht die Rede sein: „Sie ‚investierte‘ lediglich ihre Arbeitskraft mit der sicheren Aussicht auf wöchentliche Barentlohnung. Dass sie selbst Reinigungsmittel anschaffen musste und auch die meisten Reinigungsgeräte selbst stellte, kann nicht als relevantes Unternehmerrisiko angesehen werden. Im Wesentlichen wurde dadurch nur ihr ohnehin niedriges Gehalt vermindert.“
Und überhaupt: Schon der niedrige Stundenlohn von 10 Euro deute für sich genommen auf abhängige Beschäftigung hin. „Ein signifikant hohes Honorar kann in Richtung von selbstständiger Tätigkeit deuten.“ Das sei hier aber nicht der Fall, da die Entlohnung zuletzt fast gleichauf mit dem allgemeinverbindlichen Mindestlohn im Gebäudereiniger-Handwerk gelegen habe. „Die Höhe des vereinbarten und geleisteten Entgelts spricht damit deutlich gegen eine selbständige Tätigkeit.“
Der erhebliche Umfang der Reinigungstätigkeit – in der Regel 18 Wochenstunden, teilweise auch deutlich mehr – lasse schließlich auf eine Eingliederung in den Betrieb schließen. Die Putzfrau fungierte laut LSG als „Mitarbeiterin eigener Art, die regelhaft während der Apothekenöffnungszeiten in Gegenwart von Mitarbeitern und Kunden die Apotheke sauber zu halten hatte“. Somit sei sie arbeitsteilig im Apothekenteam tätig geworden. „Da sie auf die Öffnungszeiten der Apotheke angewiesen war, konnte sie ihre Arbeitszeit auch nur eingeschränkt selbst bestimmen.“ Vielmehr unterlag sie deswegen der besonderen Kontrolle durch den Inhaber beziehungsweise durch leitendes Apothekenpersonal.
Von einer weisungsfreien Tätigkeit sei schon deswegen nicht auszugehen, weil es sich bei Reinigungsarbeiten um einfache Arbeiten handele, für die umfangreiche praktische Weisungen gar nicht erforderlich seien. Im Übrigen habe es zu Beginn der Tätigkeit eine Einweisung gegeben: In der Apotheke habe es nämlich einen allgemeinen Reinigungsplan gegeben, den sie einhalten musste.
Unerheblich war laut DRV auch, dass die Putzfrau noch für andere Auftraggeber tätig war; das LSG ging darauf gleich gar nicht mehr ein. Eigene Arbeitnehmer habe die Reinigungskraft auch nicht eingesetzt. Dass ihre Tochter gelegentlich ausgeholfen habe, sei kein entscheidendes Indiz für Selbstständigkeit. „Auch bei abhängig Beschäftigten besteht die Möglichkeit, dass der verhinderte Arbeitnehmer – als Geschäftsbesorgung seinem Arbeitgeber gegenüber – dafür sorgt, dass diesem eine Ersatzkraft zur Verfügung steht. Ganz allgemein steht die Befugnis, Arbeiten an andere Arbeiter zu delegieren, nicht zwingend der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses entgegen.“
Glück im Unglück hatte der Apotheker nur insofern, als die DRV auf die Säumniszuschläge von immerhin rund 4000 Euro verzichtet hatte.
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