Was tun, wenn die Klimaanlage ausfällt Alexander Müller, 30.07.2018 10:15 Uhr
Es zählt zu den Horrorvorstellungen jedes Inhabers an heißen Sommertagen: Die Klimaanlage fällt aus – wie jetzt in der Apotheke im Berliner Hauptbahnhof. Wie können sich Apotheker davor schützen, wie verhalten sie sich richtig und wann springt die Versicherung ein?
Der Versicherungsexperte Michael Jeinsen kennt solche Fälle zuhauf. Wenn es draußen immer heißer wird, kann die Klimaanlage überlastet sein und ausfallen. „Das ist in der Tat eine heikle Sache. Denn die Ursache des Schadens ist voraussichtlich ein technisches Versagen oder eine Überlastung, also eine falsche Auslegung der Klimaanlage für diese aktuellen Temperaturen“, so Jeinsen.
Versicherbar ist die Ware laut Jeinsen nur gegen Verderb im Kühlschrank, entweder bei Stromausfall des öffentlichen Netzes oder bei einem Medikamentenkühlschrank (nach DIN 58 345) oder aus der Folge eines versicherten Sachschadens wie etwa Einbruch, Wasser, Feuer oder Vandalismus. „Es kommt also in solchen Fällen wie Ausfall Kühlschrank, Kommissionierer oder Klimaanlage immer darauf an, warum genau die Anlage ausgefallen ist“, erklärt Jeinsen. Ist es „nur“ technisches Versagen, dann falle das unter das unternehmerische Risiko des Inhabers und es bestehe leider kein Versicherungsschutz.
Der Grund: „Die angemessene Auslegung solcher Anlagen, die technische Wartung und der rechtzeitige Austausch vor dem ‘Nutzungsende’ kann nicht versichert werden“, so Jeinsen. Das wäre schließlich ein hundertprozentiger Versicherungsfall, weil jede Technik irgendwann mal ihren Geist aufgibt. „Sonst könnte auch jeder seinen Gebrauchtwagen bis zum Exitus fahren können und bekäme einen neuen von der Versicherung“, stellt Jeinsen als Vergleich an.
Anders verhält es sich, wenn die Klimaanlage als Folge eines versicherten Schadens ausfällt. „Wenn das der Fall ist, sind sowohl die Waren wie auch die Betriebsunterbrechung in aller Regel voll abgesichert“, so Jeinsen.
Gemäß Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) müssen Arzneimittel unter 25 °C gelagert werden. Im Einzelfall sind aber Rückfragen beim Hersteller angeraten, ob die Wirksamkeit auch bei höheren Temperaturen gewährleistet werden kann. Und was akut zu tun ist, wenn die Klimaanlage ausfällt? „Ich würde alle empfindlichen Waren in den Kühlschrank, in den Keller oder einen anderen kühlen Raum bringen oder größere Kühlgeräte aus dem Baumarkt holen“, so der Tipp des Versicherungsmaklers.
Jeinsens Tipp: „Bei so einer Hitze sollten alle Apotheken immer exakt die Raumtemperatur messen – so wie im Kühlschrank auch.“ Am besten sei es, eine Liste zu machen und jede Stunde oder alle zwei Stunden abzulesen. Messpunkt sollte in Schaufensternähe sein, aber nicht in direkter Sonneneinstrahlung.
Diese Liste sei wichtig, wenn die magische Temperaturgrenze erreicht wird. „Dann kann man nämlich dem Pharmazierat oder Hersteller genau sagen, wie lange die Packung welchen maximalen Temperaturen ausgesetzt war.“ Denn vor einer Vernichtungsentscheidung sollte laut Jeinsen immer eine Anfrage beim Hersteller erfolgen. „Auch der Pharmazierat freut sich über die Temperaturliste, weil er sonst ‚Alles muss raus‘ sagen muss“, so Jeinsen.
Die Liste habe noch eine zweite Bedeutung: „Geht der Wert auf 25 °Cx zu, sollte der Schaufenster-Bereich und alle Freiwahl- oder Sichtwahlregale mit Sonneneinstrahlung oder in Fensternähe ausgeräumt werden.“ Empfindliche Medikamente sollten in Kühlschränke und Keller. „Andere potenziell betroffene Waren sollte sukzessive immer weiter weg von den Wärmequellen geräumt werden. Das behindert zwar den Arbeitsalltag, aber es verhindert die Betriebsunterbrechung oder gar die Warenvernichtung.“
Am besten ist es natürlich, einem Ausfall vorzubeugen. Die Apotheke sollte technisch sichere Klimaanlagen und Kühlschränke anschaffen. Diese sollten groß genug sein, um nicht immer Volllast laufen zu müssen. Regelmäßige technische Wartung und rechtzeitiger Ersatz sind ebenfalls wichtig, vor allem bei Kühlschränken, in denen oft hochpreisige Produkte lagern.
Die Standards sind laut Jeinsen klar gesetzt: „Die DIN 58345 ist heute das Maß aller Dinge und locker 80 Prozent aller Apotheken haben noch deutlich ältere Modell im Dienst. Die sind dann kaum noch versicherbar. Insbesondere mit ausgefallenen Kühlschränken gibt es Jeinsen zufolge immer wieder Schadensfälle. „Schadensummen von 4000 bis 40.000 Euro sind dann die Regel“, so Jeinsen.
Sein Rat an Inhaber: Wärmedämmglas einbauen, ein modernes Kühlsystem anschaffen und dieses im Zweifel etwas überdimensioniert auslegen. Die Kühlgeräte sollten zudem regelmäßig gewartet werden und bei ersten Ermüdungssignalen ausgetauscht werden, spätestens nach fünf bis acht Jahren.