ApoRetro – Der satirische Wochenrückblick

Was Spahn übersehen hat

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Berlin -

Ob Bottrop, Valsartan oder Lunapharm – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat auf alles eine Antwort. Mit seinem GSAV möchte er – dafür steht das Akronym – mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung schaffen. Natürlich weiß der Minister, dass das ein Fass ohne Boden ist: „Wo kriminelle Energie unterwegs ist, wird es möglicherweise immer wieder auch entsprechendes Handeln geben“, prophezeite er düster. Aber auch im aktuellen Entwurf wäre in Sachen Arzneimittelsicherheit noch der ein oder andere Punkt zu ergänzen.

Zum GSAV hat das Ministerium eine Übersicht zusammengestellt. Die jüngsten Arzneimittelskandale werden systematisch durchgeackert: Was ist passiert? Wo ist das Problem? Was sind die Konsequenzen? Beispiel Bottrop: Es wurden Krebsmedikamente gepantscht (die Urteilsgründe liegen inzwischen vor). Das Problem liegt laut BMG in der fehlenden Trennung von Herstellung und Preisverhandlung auf Apothekenebene sowie den falschen ökonomischen Anreizen. Und die Lösung: Eine pauschale Vergütung, Erstattung der Einkaufspreise und unangemeldete Kontrollen in Zyto-Apotheken.

Wie wäre es ergänzend zum Beispiel mit: Was ist passiert? Versandapotheken verschicken temperaturempfindliche Arzneimittel bei jedem Wind und Wetter in nicht klimatisierten Blechdosen. Wo ist das Problem? Die strengen GDP-Vorgaben gelten im Versandhandel nicht. Für die Stabilität der Wirkstoffe und die Wirksamkeit der Arzneimittel kann niemand mehr garantieren. Was sind die Konsequenzen? Versandapotheken müssen künftig gewährleisten, dass sie Medikamente gemäß den Vorgaben der Hersteller zum Endkunden transportieren.

Oder: Was ist passiert? Krankenkassen retaxieren Apotheken aufgrund formaler Ungenauigkeiten auf dem Rezept. Was ist das Problem? Der Rahmenvertrag lässt so einen Blödsinn zu, weil sich früher niemand vorstellen konnte, dass Vertragspartner so miteinander umgehen. Es kann zu Verzögerungen in der Arzneimttelversorgung kommen, weil der Patient sich ein neues Rezept besorgen muss. Was sind die Konsequenzen?Der Rahmenvertrag wird angepasst. Und für jede zu Unrecht erfolgte Retaxation müssen die Kassen einen Versicherten abgeben und der betroffenen Apotheke Blumen schicken. Man darf ja noch träumen.

Als Reaktion auf den Valsartan-Skandal will das BMG jedenfalls die Bundesbehörden befähigen, Rückrufe schneller zu starten. Und nicht nur die Krankenkassen sollen sich bei den Herstellern schadlos halten können, auch die Versicherte sollen nicht doppelt zuzahlen müssen. Diese Selbstverständlichkeit hatten die Kassen zwar schon im Juli eingesehen, aber ihren Versicherten nur eine ziemlich umständliche Lösung geboten.

Ob sich Skandale wie der rund um die Firma Lunapharm künftig dadurch verhindern lassen, dass die 15-Euro-Regel zugunsten der 15-Prozent-Regel gestrichen wird, sei dahingestellt. Auswirkungen auf den Importmarkt wird die Änderung haben – nur welche, lässt sich noch kaum vorhersehen.

Dass mit dem E-Rezept vieles besser wird, aber nicht alle Probleme auf einen Schlag gelöst werden, daran wird sich auch bis zum Start im Februar 2020 kaum etwas ändern. Hier können Sie sich noch ansehen, was Spahn selbst über sein neues Gesetz sagt. Und hier, was er über sich sagt.

Damit ist das Arzneimittelpaket auf den Weg gebracht, jetzt warten die Apotheker gespannt auf ihr eigenes Paket. Bis ein möglicher Strukturfonds tatsächlich greift, werden sich noch viele Apotheken für immer schließen. Die Treuhand Hannover hat ausgerechnet, dass die Überlebenden immerhin davon profitieren und ihre Ergebnisse zuletzt verbessern konnten. Der Trend geht also weiter zu immer weniger Groß-Apotheken. Dass Größe allein kein Erfolgsgarant ist, musste die Mega-Apotheke erfahren, die schon vor Jahren die Segel gestrichen hat. Jetzt ging auch der Streit mit der Apobank endgültig verloren.

Gelegentlich rote Zahlen zu schreiben ist nicht so wild, wenn es nicht das eigene Geld ist, dass man versenkt. Trotzdem waren die Anleger der Shop-Apotheke nicht erfreut über die Gewinnwarnung des Hollandversenders. Konkurrent DocMorris konnte sich die kleine Erfolgsmeldung nicht verkneifen, dass man selbst keine Gewinnwarnung herausgebe. CEO Olaf Heinrich ätzte parallel gegen die ineffiziente inhabergeführte Apotheke vor Ort und gab sich seinen Alleinherrschaftsfantasien hin (The winner takes it all).

Sorry, falls Sie jetzt einen ABBA-Ohrwurm haben. Sorry, wenn Sie erst jetzt einen haben. Der ABDA-ABBA-Song der Stunde wäre wohl eher Gimme! Gimme! Gimme! ein Rx-Versandverbot. Präsident Friedemann Schmidt gab zu, man habe der Versuchung nicht widerstehen können, als Ex-Minister Gröhe das Rx-Versandverbot erst an den Kabinettstisch und dann auch noch in den Koalitionsvertrag gebracht hatte. Und wie das immer ist mit der Versuchung – die ABDA hat vom Baum der Erkenntnis genascht und erkannt, dass es gar kein Paradies ohne Rx-Konkurrenz aus Holland geben wird.

Dafür gibt es vielleicht bald einen neuen Skonto-Prozess. Die Wettbewerbszentrale hat da so eine Andeutung gemacht. Aber bis das passiert, werden noch viele Touren ausgefahren. Oder auch ein paar weniger, bei Phoenix zu Beispiel. Die Konkurrenten planen natürlich keine zeitlich oder inhaltlich ähnlichen Kürzungen ihrer Konditionen, allerdings, naja, die Sorgen des Branchenprimus teilt man auch anderenorts. Das Trittbrett ist ausgeklappt. Und wer trotz der Kürzung noch Geld übrig hat, sollte es aus verschiedenen Gründen nicht der AfD spenden. Ist meine persönliche Meinung. Schönes Wochenende!

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