Wenn schon das Moos an den Wänden wächst, spricht das eigentlich nicht für einen Gesundheitsbetrieb. Anders ist das bei der neu eröffneten Aischpark-Apotheke im bayerischen Höchstadt: Die ganze Wand hinter der Sichtwahl ist dort grün bewachsen. Inhaber Wolfgang Galster will mit einer Mischung aus moderner Innenarchitektur und Naturoptik die eigene Berufsphilosophie widerspiegeln.
Mit wenig viel erreichen, das sei sein Motto, sagt Galster. Kommt man in seine Offizin, weiß man, was damit gemeint ist. Seine vergangene Woche in Höchstadt bei Erlangen eröffnete Apotheke ist von einfachem Design: keine Schnörkel, sondern weiße Wände, grauer Steinboden, Oberflächen in Schiefer- und Holzoptik, Regale aus einfachem schwarzen Gestänge und dank der Fensterfront viel Licht. Das lässt genug Aufmerksamkeit für die Hauptattraktion: Über knapp zwölf Meter Breite und fast drei Meter Höhe erstreckt sich hinter der Sichtwahl eine grüne Mooswand.
„Ich wollte es nicht zu groß machen, sondern Akzente setzen“, erklärt Galster. Der Inhaber stammt selbst aus einer Apothekerfamilie: Sowohl Mutter Ulrike als auch Vater Georg sind Apotheker. Letzterer ist seit 42 Jahren selbstständig und betreibt die St.-Mauritius-Apotheke im benachbarten Röttenbach. Zwar ist „der Papa“, wie er ihn liebevoll nennt, selbst kurz vorm wohlverdienten Ruhestand. Einfach seine Apotheke zu übernehmen, war jedoch nicht Juniors Sache. „Wer immer in die Fußstapfen anderer tritt, hinterlässt keine eigenen“, sagt er.
Ein Freund seines Bruders war es dann, der ihm den entscheidenden Tipp gab, nämlich dass im Oktober in Höchstadt eines der größten Einkaufszentren Nordbayerns eröffnet und dort noch Platz für eine Apotheke ist. Es war also eine Standortentscheidung. Den Papa hat er dennoch um seine Einschätzung gebeten. „Er hat abgenickt. Wenn er gesagt hätte, das ist zu gefährlich, hätte ich es vielleicht sein lassen.“ Galster wollte die Chance also nutzen, war sich aber bewusst, dass er etwas liefern muss, wenn er mit einer Neueröffnung auch erfolgreich sein will.
„Ich hätte das Ganze auch günstiger haben können“, befindet er über seine Offizin. „Aber man muss sich ja abheben und auch gutes Personal findet man nur, wenn man cool genug ist.“ Dabei wollte er etwas, das seine Arbeits- und Lebensphilosophie repräsentiert. Die Mooswand war da nur folgerichtig, denn die Galsters legen großen Wert auf Naturprodukte aus der Region. So produziert auch sein Bruder bereits seit mehreren Jahren unter dem Namen Naturafit selbst natürliche Nahrungsergänzungsmittel, die laktose-, gluten-, gentechnikfrei und ohne Rieselmittel sind. „Das kommt hier super an, nicht nur bei Ökos“, versichert er.
Ganz so einfach war die Umsetzung seiner Ideen dann aber doch nicht. „Meinen Apothekenbauer habe ich mit meinen Vorschlägen fast verrückt gemacht“, erinnert er sich. „Immer wenn ich gesagt habe, ich will dann noch das und das, hat er die Augen verdreht. Am Ende aber fand er das Resultat ebenfalls toll.“ Selbst die Arbeiter, die sie angebaut haben, hätten am Ende Fotos von ihrer Arbeit gemacht, um sie stolz zu Hause vorzuzeigen.
Die Mooswand ist aber nicht nur optisch ein Hingucker, sondern hat auch ganz praktische Vorteile. „Man spürt ihre Auswirkungen auf die Luftqualität in der Offizin, vor allem wenn man morgens hereinkommt“, erklärt der 33-Jährige. Ausgangspunkt sei aber trotzdem die Symbolik gewesen. „Die Grundidee ist die Bescheidenheit des Mooses, das mit wenig viel erreicht. Es ist genügsam, reinigt aber trotzdem die Luft. Und es bringt eine bestimmte Ruhe in den Raum.“
Die bisherige Begeisterung scheint seinem Konzept recht zu geben. „Bei der Eröffnung haben uns die Leute hier die Bude eingerannt“, freut er sich immer noch. „Es war wirklich ein sehr guter Start, viel besser als ich erwartet hatte. Manche Produkte waren gar am ersten Tag ausverkauft.“ Das sei ganz besonders hervorzuheben, denn er hat nach eigener Darstellung ein „riesiges Warenlager“. Sein Großhändler habe ihm vor der Eröffnung gesagt, dass das viel zu groß sei. Davon will er sich aber nicht beirren lassen: „Mein Anspruch ist, immer alles da zu haben – denn das ist die beste Werbung beim Kunden“, befindet er. „Manche kommen rein und sagen schon beim Vorzeigen des Rezeptes, ‚Das müssen Sie bestimmt bestellen‘. Und ich kann dann trocken sagen: Nö, haben wir da!“
Gespart habe er dafür im Backoffice-Bereich, den er selbst gebaut hat. „Ich bin handwerklich recht bewandert und habe mich da ein bisschen ausgetobt“, sagt er. Besonders stolz ist er dabei auf die Warenannahme, die er so konzipiert habe, dass in genau eine Großhandelskiste in die Fächer passt, die wiederum auf genau der richtigen Höhe angebracht, damit keine seiner Mitarbeiterinnen sich bücken oder nach oben langen muss. Zehn Mitarbeiterinnen sind es bisher, bis Jahresende werden es nochmal drei mehr.
Besonders stolz ist er auch auf die offene, in die Offizin integrierte Beratung. „Kein Kunde geht dafür gern hinter verschlossene Türen“, sagt er. Deshalb gibt es einen kleinen Bereich innerhalb der Offizin, der mit einer halbrunden Glastür abtrennbar ist. Nur ein kleine Nachrüstung muss er noch besorgen, denn das Moos reicht bis zum Boden – auch links der Freiwahl. Das lädt Kinder und Erwachsene gleichermaßen ein. „Ich glaube ich muss da noch Schilder aufstellen, dass die Leute nicht mit dem Moos rumspielen sollen“, sagt er mit einem Schmunzeln.
APOTHEKE ADHOC Debatte