Auf die Banken rollt möglicherweise eine Klagewelle ihrer Kunden zu. Nach den Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Verjährung von Rückforderungen unzulässiger Kreditgebühren können auch ältere Verträge noch angegriffen werden. Laut dem Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Bernhard Bellinger könnten auch Betriebskredite von Apothekern unter diese Regelung fallen.
Diese Rechtsprechung gilt laut Bellinger zunächst nur für Verbraucherdarlehen, da es in den beiden BGH-Urteilen nur darum ging. Solche Kredite können überwiegend weder der gewerblichen noch der selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden. „Hierzu gehört auch das Darlehen für die private Immobilie, die also als Verbraucherkredit gilt, selbst wenn der Kreditnehmer Apotheker ist“, so Bellinger.
Ob die aktuellen BGH-Urteile auch für betriebliche Kredite anzuwenden sind, ist laut Bellinger noch offen. Er sieht dafür aber Anhaltspunkte: Der BGH habe die Unwirksamkeit der Standardgebühren in den Kreditverträgen über § 307 des Bürgerlichen Gesetzbuches begründet. Diese Vorschrift zur Inhaltskontrolle sei gegenüber Unternehmern „nicht gesperrt“, so Bellinger. „Daher müsste der BGH das Urteil eigentlich auch auf unternehmerische Kredite erstrecken“, so der Steuerberater.
Er rät Apothekern, sofort die Kreditunterlagen herauszusuchen und sich an die Bank zu wenden. Reagiert diese nicht oder verweigert die Zahlung, sollten die Kreditnehmer klagen. Angesichts der Vielzahl der erwarteten Fälle könnte es Bellinger zufolge allerdings schwierig werden, kurzfristig einen Anwalt zu finden.
Denn die Zeit drängt: Der BGH hat den Beginn der kenntnisabhängigen Verjährung – aufgrund der zuvor unklaren Rechtslage – auf das Ende des Jahres 2011 terminiert. Bankkunden müssen daher bis zum Jahresende die dreijährige Verjährungsfrist unterbrechen.
Über die absolute Verjährung von zehn Jahren können dann noch Kreditgebühren angegriffen werden, die 2004 abgeschlossen wurden; allerdings gilt diese Frist auf den Stichtag genau. Ab 2015 können dagegen nur noch Kreditgebühren moniert werden, die nach 2011 von den Banken zu Unrecht erhoben wurden.
Apotheker sind bei Privatkrediten ganz normal als Verbraucher betroffen. Auf Unternehmerseite dürfte das Kreditvolumen insgesamt deutlich größer sein: Jeder Existenzgründer hat vermutlich ein Darlehen aufgenommen. Typischerweise werden auch der Umbau der Einrichtung oder die Anschaffung eines Kommissionierers finanziert. Bellinger geht davon aus, dass mindestens 80 Prozent der Apotheker einen oder mehrere solcher Kredite abgeschlossen haben.
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