Ein Jahr nach dem Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ziehen Inhaberinnen und Inhaber eine düstere Bilanz. Mit dem Wegfall der Rabatte fehlen unterm Strich nicht nur Tausende Euro. Auch notwendiges Personal musste wegen der auferlegten Sperre gestrichen werden – und der ohnehin angespannte Arbeitsalltag in der Offizin wurde weiter verkompliziert. Kritik hagelt es am Verhalten der marktführenden Großhändler – von partnerschaftlichen Verhältnissen fehle jede Spur.
Nach dem Skonto-Urteil im Februar kamen ab Juni die ersten Kürzungen auf die Apotheken zu. „Das trifft uns hart, da die Großhändler wie auch die Hersteller, bei denen wir direkt beziehen, nun das bis zu 3-prozentige Skonto auf Null gesetzt haben“, sagt Roman Bastian. Der Inhaber der Apotheke am Markt in Krefeld erhielt zwar auch Zugeständnisse seitens des Großhandels, doch kompensieren könne dies die Ausfälle nicht. „Das macht leider im Jahr keine 6000 Euro aus.“
Der Wegfall des wichtigen Einkaufsvorteils „verteuert den Wareneinkauf unserer Apotheke um 75.000 Euro im Jahr“. Deshalb habe er eine Mitarbeiterin entlassen müssen – „obwohl es vom Personalbedarf seit Einführung des E-Rezeptes wie auch wegen wahnsinnig hoher Krankenstände einen Mehrbedarf von 1,5 Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter mehr gibt“.
Nach Corona ist die Apotheke tatsächlich unrentabel.
Nach Corona sei die Apotheke tatsächlich unrentabel geworden – und der angestellte Apotheker verdiene im Moment mehr als der Inhaber. „Insgesamt sieht die Zukunftsprognose leider nicht wirklich gut aus. Allein durch Lieferengpässe habe ich persönlich heute wieder circa 300 Euro nicht generiert. Bei meinen drei weiteren Mitarbeitern im Verkauf habe ich es nicht abgefragt, doch die Summe dürfte ähnlich sein. Das sind gut 1000 Euro pro Tag! Stundenlanges Hinterhertelefonieren von zu ändernden E-Rezepten unter anderem wegen der Lieferengpässe, aber auch anderen Fehlern auf den Rezepten binden das Personal.“ Zwei Apotheken im Umfeld hätten in den vergangenen zwölf Monaten geschlossen. Ein Betrieb stehe zum Verkauf.
Andere Apotheker schildern, wie abgebrüht die Großhändler nach dem Urteil aufgetreten sind. „Phoenix ist in meinen Augen völlig unkooperativ und scheidet auch als zukünftiger Partner mit dieser Art von Kontaktaufnahme letzten Juni vollständig aus. Es gab auch seitens Phoenix keine weitere Kontaktaufnahme mehr“, sagt ein Inhaber. „Großhandelsbeziehungen waren zu Beginn meiner Tätigkeit in den Zweitausendern ein Handschlaggeschäft. Man konnte sich auf die Partner verlassen.“
Bei der Sanacorp sei dies noch so. Nur die genossenschaftlichen Großhändler hätten Zugeständnisse im Rahmen der Möglichkeiten gezeigt, von anderen wie Alliance Healthcare Deutschland (AHD) stehe noch immer ein Angebot aus. „Dort ziert man sich am meisten“, sagt eine Inhaberin. Insgesamt seien die Auswirkungen des Urteils ein herber Verlust.
Ein anderer Apotheker schildert, dass die ausbleibenden Einnahmen deutlich spürbar sind – noch immer. „Wäre die Apotheke nicht schon eine Weile existent gewesen und gäbe es kein zweites Einkommen, hätten wir uns ehrlich gesagt seit Juni letzten Jahres bis jetzt nichts mehr auszahlen können“, sagt er. Von den Großhändlern seien keine großen Zugeständnisse gekommen – er sei bei Phoenix und Noweda geblieben und habe sich unter anderem auf Dekadenzahlung und damit einhergehend eine Erhöhung der Verzinsung eingelassen.
Seitdem hätten sich die Kontobewegungen „extrem verkompliziert“. Ein höherer Kundenzulauf und viele starke Hochpreiser seien dazu gekommen. „Ich war nur noch dabei, das Konto zu managen. Es wurde tatsächlich nur zwischen Tagesgeld und Apothekenkonto hin und hergeschoben, um diese Zahlungen erfüllen zu können.“ Dazu seien noch Weihnachtsgeld und die Direkteinkäufe für den Winter gekommen. „Das war knackig.“
Bei Noweda habe man noch ein paar Gebühren wegstreichen können. „Da lief es auch über die Verzinsung mit Vorauskasse. Es hat einfach alles wahnsinnig verkompliziert. Das ist das Hauptproblem“, sagt er. Die Einkaufsvorteile fehlten. „Wenn ich bei 50 Prozent der früheren Rabatte bin, wäre das schon gut geschätzt. Ich bin auf jeden Fall darunter geblieben. Das Plus, das kam, läuft über andere Kanäle, die ja vielleicht auch vorher nutzbar gewesen wären, aber noch nie angesprochen wurden. Ob das wirklich einen Gewinn darstellt, sei dahingestellt. Selbst mit großer betriebswirtschaftlicher Ahnung ist das alles so verschleiert“, kritisiert er.
Gleichzeitig sehe man die extrem hohen Gewinne der Großhändler. „Da kann mir keiner erzählen, das nicht mehr machbar wäre. Das sind so wahnsinnige Gewinnsummen und wir dümpeln im unteren einstelligen Bereich rum, wo jede Investition das Aus bedeuten kann, wenn ein Arzt wegbricht.“ Natürlich brauche es eine besseres Honorar. „Aber es ist ein Problem, dass wir beim Einkauf abhängig von unseren Großhändlern sind.“