Verfahren gegen Inhaber geht weiter

Vorwurf Nazi-Propaganda: Umstrittene Apotheke geschlossen

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Berlin -

Die Sonnen-Apotheke in Uetersen ist geschlossen. Seit Jahren stand der Betrieb heftig in der Kritik, weil Inhaber Alexander Lipski seine rechte Gesinnung offen zur Schau trägt. Dem Berufsstand schadet er damit, befand die Apothekerkammer Schleswig-Holstein und leitete ein Verfahren gegen ihn ein. Das läuft auch nach der Schließung weiter.

Hinter dem Eingang zur Sonnen-Apotheke endete „die politisch korrekte Zone“: So hatte es der Inhaber selbst in der Offizin plakatiert. Das ist allein für sich streitbar, aber wohl zweifellos zulässig. Doch in der Gesamtschau kommt noch so einiges hinzu, von einschlägigen Naziparolen bis zu Emaille-Schildern mit Motiven aus der NS-Zeit. „Ein widerliches Gemisch aus völkischer Heimattümelei, Esoterik, Coronaleugnung und Nazipropaganda in den Auslagen einer Apotheke“, nennt es die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA), die seit Jahren gegen die Apotheke mobilmacht.

Zumindest damit ist jetzt Schluss. „Wir haben die Mitteilung erhalten, dass die Apotheke geschlossen wurde“, erklärt die Kammer auf Anfrage. Lipski war telefonisch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, dem Pinneberger Tageblatt zufolge hat er seinen Betrieb aber aus freien Stücken aufgegeben und will sich öffentlich nicht dazu äußern. Einen Zusammenhang zur Kritik an seiner Gesinnung oder dem berufsrechtlichen Verfahren gegen ihn gebe es nicht.

Das hat sich mit der Schließung auch nicht erledigt. „Das Verfahren läuft weiter. Wenn der Betroffene weiterhin eine Approbation hat, was bei Herrn Lipski ja der Fall ist, ist für die Frage nach möglichen Pflichtverletzungen zweitrangig, ob er selbstständig ist oder nicht“, erklärt Kammerjustiziar Dr. Karl-Stefan Zerres. Die Standesvertretung geht berufsrechtlich gegen den Apotheker vor, weil er nach Auffassung des Vorstands „sehr deutlich das Ansehen des Berufsstandes beschädigt“ hat. Zwar sei die Strafbarkeitsschwelle im Detail nicht überschritten worden, aber Lipskis Handeln stehe der Erfüllung seines öffentlichen Auftrags als Apotheker dennoch im Wege.

Ob das wirklich so ist, muss das Berufsgericht für Heilberufe entscheiden, an das die Kammer den Fall zur Überprüfung gegeben hat. Dort liegt er noch. „Das Verfahren ist weiterhin anhängig. Die Schriftsätze sind bereits ausgetauscht und wir warten auf die Terminierung“, sagt Zerres. Wann der erste Termin sein wird, sei jedoch noch nicht bekannt und auch nicht absehbar.

Was Lipski nun beruflich macht, darüber hat auch die Kammer nach eigenen Angaben keine Informationen. Auch wenn die Schließung das Verfahren nicht abgewendet hat, so könnte sie aber durchaus Folgen für ein mögliches Urteil haben. „Im Rahmen der Frage, was für eine Maßnahme zu ergreifen ist, kann das durchaus eine Rolle spielen. Schließlich hat er das ja als Inhaber gemacht.“ Als Ruheständler oder angestellter Approbierter würde außerdem keine wirkliche Wiederholungsgefahr bestehen, schließlich hätte er keine eigene Apotheke mehr, die er zur Ausstellung seines Weltbildes nutzen kann. Dem ehemaligen Inhaber droht schlimmstenfalls eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro und der Entzug des passiven Berufswahlrechts. Der Entzug von Approbation oder Betriebserlaubnis steht laut Kammer allerdings nicht zur Debatte. Dazu müsste seine Zuverlässigkeit als Apotheker infrage stehen, er also schwere pharmazeutische Fehler begangen oder aber mutmaßlich gegen Rechtsbereiche wie das Arznei- oder Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben.

Das wird ihm nicht einmal vorgeworfen, aber schon die Gesamtschau der ausgestellten Objekte reicht, um ein recht eindeutiges Bild: Darunter befanden sich Poster gegen Organspende („Wir sind nicht das Ersatzteillager der Elite“) oder einschlägige Naziparolen wie „Umweltschutz bedeutet Heimatschutz“, inklusive Link zum Verkäufer: „Patrioten-Propaganda“, dem nach eigenen Angaben „heimattreuen Versand“ des bundesweit bekannten Neonazis Michael Brück. Auf einem Foto in der Lokalpresse ist darüber hinauszusehen, wie die Sonnen-Apotheke ihr Schaufenster mit Schildern aus der NS-Zeit zierte: Der „Reichsausschuss für volkswirtschaftliche Aufklärung“ ermuntert die Volksgenossen darauf, mehr Vollkornbrot zu essen. Aufkleber mit einschlägig bekannten Parolen aus der rechten Szene wie „W heißt Widerstand“ runden das Bild laut der Antifa Pinneberg ab. Zumindest der lokale Ärger um die Apotheke dürfte sich mit der Schließung nun erledigt haben – und damit wohl vorerst auch der mutmaßliche Schaden für das Ansehen des Berufsstands.

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