Der Bundestag hat heute mit großer Mehrheit die umstrittene Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Für Apotheker ist das besonders kritisch, da sie Berufsgeheimnisträger sind und eine Weitergabe von vertraulichen Informationen strafrechtlich relevant ist. Die Bundesapothekerkammer (BAK) hatte sich daher kurzfristig in einer Allianz mit Ärzten und Rechtsanwälte gegen eine Speicherung ihrer Daten gewehrt.
Laut dem Gesetz speichern Telekommunikationsanbieter demnach sogenannte Verkehrsdaten jedes Bürgers für zehn Wochen. Erfasst wird, wer wann mit wem telefoniert hat und wer welche Internetseite besucht hat. Standortdaten von Handys werden für vier Wochen gespeichert. Will die Polizei diese Daten im Rahmen ihrer Ermittlungen verwerten, muss ein Richter dies zuvor erlauben. Im Bundestag stimmten heute 404 Abgeordnete für das Gesetz und 148 dagegen bei sieben Enthaltungen.
Aus Sicht der Berufsgeheimnisträger gibt es aber schon gegen das bloße Erfassen ihrer Daten „erhebliche verfassungs- und europarechtliche Bedenken“, heißt es in der Resolution, die neben der BAK die Kammern die Ärzte, Zahnärzte, Anwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer unterzeichnet haben. Insgesamt seien mehr als eine halbe Million Geheimnisträger betroffen.
Schon die Speicherung stelle eine nicht zu akzeptierende Beeinträchtigung des Berufsgeheimnisses und des Vertrauensverhältnisses dar, heißt es in der Resolution. Individuelle Persönlichkeits- und Bewegungsprofile sowie Entscheidungsabläufe seien damit nicht mehr geschützt. „Ob, wann und wie lange jemand zum Beispiel mit einem Abgeordneten, Arzt, Apotheker, Journalisten, Rechtsanwalt oder Steuerberater Kontakt aufgenommen hat, unterliegt bereits dem Berufsgeheimnis und muss ohne jede Ausnahme vertraulich bleiben“, heißt es.
Für das Gesundheitswesen sei es essentiell, dass etwa das Vertrauensverhältnis zwischen Heilberufler und Patient ungestört und vor staatlicher Kontrolle geschützt sei. Durch die Speicherung entstehe aber „das Gefühl staatlicher Überwachung und Kontrolle“, Betroffene könnten daher von einer notwendigen Kontaktaufnahme absehen.
Aus Sicht der Unterzeichner wäre es technisch möglich, definierte Anschlüsse von Ärzten, Apothekern und Rechtsanwälten von der Vorratsdatenspeicherung auszunehmen. Laut Telekommunikationsgesetz (TKG) werde bereits eine Liste bei der Bundesnetzagentur mit den Verkehrsdaten der Seelsorger geführt.
Diese Liste könne ohne Probleme erweitert werden, da den Kammern der Berufsgeheimnisträger die Rufnummern ihrer Mitglieder bekannt seien. Teilweise würden ständig aktualisierte elektronische Verzeichnisse geführt. „Insoweit können diese Verzeichnisse problemlos genutzt werden, um für alle Berufsgeheimnisträger eine Erhebung der Daten auszuschließen.“
Zwar dürfen die Daten von Berufsgeheimnisträgern laut Gesetz nicht verwertet werden, dies reicht aus Sicht der Ärzte, Apotheker und Rechtsanwälte aber nicht aus. Denn wenn gegen den Patienten oder Mandanten ermittelt wird, greifen Erhebungs- und Verwertungsverbot nicht.
Ohnehin würden die ermittelnden Behörden kaum erkennen können, dass sich die erhobenen Daten auf eine grundsätzlich geschützte Kommunikation mit einem Berufsgeheimnisträger beziehen. „Verkehrsdaten sieht man nicht an, ob sie einem Berufsgeheimnisträger zuzuordnen sind“, heißt es in der Resolution. Erst bei der Auswertung könne festgestellt werden, ob die Verkehrsdaten eigentlich geschützt seien. „Dann aber ist genau das erhoben, was vermieden werden soll, nämlich die Tatsache einer geschützten Kommunikation eines Bürgers mit Berufsgeheimnisträgern.“
Die Unterzeichner erinnern abschließend an eine Entscheidung de Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Dieser habe in einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte gesehen, wenn sie keine Ausnahme für Personen vorsieht, deren Kommunikation dem Berufsgeheimnis unterliegt.
Da die Resolution erst gestern von den freien Berufen verabschiedet wurde, konnte sie noch keinen Einzug ins Gesetz finden. Die verbündeten Kammer hoffen aber, noch eine Ausnahme für ihre Mitglieder zu erreichen.
Auch in der Hauptstadt haben sich die freien Berufe zusammengeschlossen und gegen das Gesetz protestiert. Die Kammern haben die Abgeordneten direkt aufgefordert, im Bundestag gegen die Vorratsdatenspeicherung zustimmen Beteiligt waren auch die Apothekerkammer Berlin und der Berliner Apothekerverein.
APOTHEKE ADHOC Debatte