„Das erste Mal, dass wir nicht draußen standen“

Volkmarsen: Apotheke versorgt Verletzte

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Berlin -

52 Verletzte, 35 davon schwer, glücklicherweise keine Toten: Das ist die Bilanz des Rosenmontagsumzugs im hessischen Volkmarsen. Ein Mann war mit dem Auto in die Menschenmenge gefahren, ob es sich um einen Unfall oder einen Anschlag handelte, ist noch nicht bekannt. Wie viele schreckliche Ereignisse hat jedoch auch der Vorfall in Volkmarsen Helden des Alltags hervorgebracht: das Team von Gunther Böttrich beispielsweise. Der Vorfall ereignete sich zehn Meter vor seiner Burg-Apotheke, seine Mitarbeiter wurden Zeugen dramatischer Szenen. Die Offizin wurde aus dem Stegreif zur Erstversorgung der Verletzten umfunktioniert.

Viele Menschen in Volkmarsen stehen noch immer unter Schock, nachdem ein 29-jähriger Mann am Montag in den ausgelassen feiernden Karnevalszug der hessischen Kleinstadt gefahren ist. Erst nach rund 30 Metern ist der silberne Mercedes zum Stehen gekommen, Augenzeugenberichten zufolge hat der Fahrer noch einmal Gas gegeben, nachdem er die ersten Menschen erwischt hatte. „Die Leute sind wie Papier umhergeflogen“, zitiert der Hessische Rundfunk einen Zeugen. „Ein paar Sekunden war Totenstille, dann haben alle geschrien.“

Mitarbeiter und Kunden der Burg-Apotheke mussten das aus nächster Nähe mit ansehen. „Die schrecklichen Ereignisse haben sich direkt vor unserem Schaufenster abgespielt, als wir aus der Apotheke heraus den Rosenmontagsumzug anschauten“, erklärt Böttrich. Und es hätte sogar noch schlimmer kommen können, denn es war „das erste Mal, dass wir nicht draußen standen“.

Den Anblick fasst Böttrich prägnant zusammen: „Furchtbare Bilder!“ Zeit, diese zu verdauen, blieb allerdings nicht. Er und sein Team schritten sofort zur Tat, um den Verletzten vor der Tür zu helfen. „Nach Unterstützung der Erstversorgung draußen haben wir die Apotheke, die traditionell während des Rosenmontagsumzugs geschlossen ist, sofort wieder geöffnet.“ Daraufhin wurden die nahen, sicheren und gut ausgestattete Räumlichkeiten zum Zentrum der Ersthilfeversorgung vor Ort. „Zahlreiche Verletzte kamen dann zu uns in die Apotheke. Es wurden Verletzte auf Bahren zu uns hereingebracht und Notärzte übernahmen die Versorgung.“

Böttrich und sein Team mussten mit teils schweren Verletzungen umgehen, für die ein normaler Apothekenmitarbeiter in der Regel nicht geschult ist. „Es gab zahlreiche Verletzungen unterschiedlichster Art, unter Anderem auch Kopfverletzungen. Viele Menschen waren unter Schock. Auch viele Kinder!“, erklärt Böttrich. Unter seinen Mitarbeitern gab es glücklicherweise keine Verletzten, aber da Böttrich nebenher auch Geschäftsführer von Promosi, einem Anbieter von Präsentationskonzepten, ist, steht sein Telefon seit gestern nicht mehr still. Zahlreiche Bekannte, aber auch Geschäftskunden erkundigen sich nach seinem Wohlergehen. Mittlerweile hat er eine eigene Aussendung an Betroffene und Besorgte verfasst.

Die Apotheke war direkt nach den Ereignissen Anlaufpunkt für zahlreiche Anliegen. „Wir hatten zeitweise über 40 Personen in der Apotheke“, erklärt Böttrich. „Notärzte haben hier gearbeitet und Seelsorger waren da. Kripo hat Zeugen befragt.“ Welche Rolle er und sein Team in den Ereignissen spielen, war dabei klar. „Wir haben einfach nur geholfen, eine erste Anlaufstelle in diesem grauenhaften Chaos geboten. Wir haben den Menschen eine warme Bleibe geboten, Getränke angeboten und Toilettenbenutzung ermöglicht.“

Erleichterung brachte nach der Erstversorgung der eintreffende Rettungsdienst. „Einige schwerer Verletzte wurden dann durch eintreffende Rettungswagen in Krankhäuser gebracht. Einige wurden von Seelsorgern betreut“, so Böttrich. „Als das DRK draußen Behandlungszelte aufgebaut hatte, leerte sich die Apotheke langsam.“ Eine Einschätzung zur Lage und seinen Emotionen kann er noch nicht abgeben, dafür ist es noch zu früh. Seinen Mitarbeitern, die das Geschehen gestern mit eigenen Augen verfolgen mussten, hat er heute frei gegeben.

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