Vertretungsapotheker auf Corona-Mission Carolin Ciulli, 15.03.2021 15:16 Uhr
Vertretungsapotheker:innen sind in der Corona-Pandemie alles andere als arbeitslos. Auch wenn Urlaubstrips vielerorts wegfallen, seien die zeitlich begrenzten Einsätze von Freien gefragt, sagt Dr. Devid El-Wahsch von der Vermittlungsplattform Flying Pharmacist. Erst kürzlich meldeten sich an einem Tag zwei Betriebe mit mehreren Corona-Erkrankten im Team. Eine schnelle Lösung musste her.
Apothekenvertretungen werden in der Regel bei Urlauben und Notdiensten eingesetzt. Auch bei anderen Engpässen melden sich Inhaber bei Vermittlungsportalen mit ihrem Bedarf. Normalerweise würden die Einsätze langfristig geplant, sagt El-Wahsch. Seit elf Jahren vermittelt die Düsseldorfer Firma Personal für Apotheken – 420 Apotheker:innen und 50 PTA sind als freie Mitarbeiter:innen für ihn tätig.
In der Corona-Pandemie habe sich die Einsatzplanung geändert. „Das Arbeiten ist anders geworden.“ Von einer langfristigen Urlaubsplanung habe sich die Nachfrage in eine kurzfristige Notfallbuchung verschoben. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Corona-Erkrankte im Team seien ein Beispiel, weshalb Chefs schnell Vertretungen bräuchten.
Vor kurzem hätten sich an einem Sonntag gleich zwei Apotheken mit Virusinfektionen unter den Mitarbeitern gemeldet. „Bei einer Apotheke waren der Inhaber und drei Angestellte an Corona erkrankt, bei der anderen alle außer dem Apothekerehepaar“, sagt El-Wahsch. „Einer hat gesagt: ‚Wir brauchen alles, was ihr habt‘. Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit die Apotheken nicht geschlossen werden müssen.“
Die Vertretungsapotheker:innen müssten kurzfristiger reagieren als früher. „Sie können sich nicht mehr nur Wunschtermine rauspicken, sondern müssen auch schnell einspringen.“ Das Arbeiten sei „hektischer“ geworden. Weitere Gründe für „Notfallbuchungen“ seien Quarantäne im Team oder der schnelle Einsatz in Testzentren. Auch der Aufruf vieler Kammern und Verbände, sich in einem Impfzentrum zu engagieren, sei spürbar.
Die freien Mitarbeiter könnten sich gut auf die schnellen Wechsel einstellen. „Sie sehen im Portal, dass eine langfristige Planung schwer ist.“ Es findet ein Umdenken statt. Diese Flexibilität brächten Vertretungsaptheker:innen von Natur aus aber mit. „Unsere Freelancer sind alle geschult und können schnell mit neuen Anforderungen etwa wechselnder EDV-Systeme um gehen.“
Für die Apothekenbetriebe bedeute dies auch, dass die neuen Mitarbeiter nicht mehr wie bei einer regulären Urlaubsvertretung drei Wochen am Stück in der Offizin tätig seien. „Das ist unwahrscheinlich, und eher so, dass die Freelancer zwei Tage hier und zwei Tage dort sind.“ In der Regel seien die Inhaber jedoch froh, schnell Ersatz gefunden zu haben. Natürlich würden auch noch regulär „Urlaubsvertretungen“ gesucht. Auch wenn das Reisen eingeschränkt ist, machten viele „Urlaub auf Balkonien“.
Die Einsätze seien wenig planbar geworden, bestätigt auch ein Approbierter, der seit drei Jahren als Vertreter tätig ist. Der Bedarf sei noch da, aus seiner Sicht aber geringer geworden. „Ich bin als Apothekenleiter im Einsatz, vielleicht ist deshalb die Nachfrage für mich gesunken“, sagt er. Natürlich nähmen die Inhaber:innen anders als vor Corona-Zeiten weniger Urlaub, sagt der Apotheker. Er selbst gab seinen Betrieb auf, um als Vertreter tätig zu sein. „Ich kann mir vorstellen wie das ist, wenn man kurzfristig Ersatz braucht.“