Die Rententöpfe der Apotheker Patrick Hollstein, 01.09.2016 10:23 Uhr
Knapp eine Million Menschen in Deutschland sind in einem Versorgungswerk rentenversichert, Doppelmitgliedschaften nicht mitgezählt. Die Apotheker machen mit 72.000 Personen eine vergleichsweise kleine Berufsgruppe aus. Dennoch weckt der Milliarden-Sparstrumpf immer wieder Begehrlichkeiten.
Mit Abstand größtes Versorgungswerk der Pharmazeuten ist die Bayerische Apothekerversorgung. 1925 gegründet, ist es die älteste Einrichtung für die Altersvorsorge der Apotheker. Hier sind nicht nur die Berufsangehörigen aus dem Freistaat versichert, sondern auch die Kollegen aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland.
Insgesamt gibt es 28.000 Mitglieder, die pro Jahr mehr als 205 Millionen Euro einzahlen. Zum Kreis gehören knapp 6000 Selbstständige, 20.000 Angestellte und 1000 Pharmaziepraktikanten und Apothekerassistenten. Knapp 11.000 Menschen empfangen Versorgungsleistungen, 9000 davon Altersrente. Insgesamt werden mehr als 220 Millionen Euro ausgezahlt. Die Kapitalanlagen summieren sich auf 7,5 Milliarden Euro.
2013 hatten die Apotheker auf ein offenes Deckungsplanverfahren umgestellt, um die Bilanz kurzfristig ausgleichen und den Mischrechnungszins bei 3,79 Prozent sicher erwirtschaften zu können Um das operative Geschäft kümmert sich die Bayerische Versorgungskammer, die auch für die Sächsich-Thüringische Apothekerversorgung (STAV) tätig ist.
Mit 3000 Mitgliedern und knapp 500 Versorgungsempfängern gehört die STAV zu den kleineren Versorgungswerken. Das Beitragsaufkommen lag zuletzt bei 25 Millionen Euro, die Rentenzahlungen bei 6 Millionen Euro. Die Kapitalanlagen summieren sich auf 410 Millionen Euro, der Rechnungszinssatz konnte bislang bei 4 Prozent gehalten werden.
Die Nummer 2 unter den Versorgungswerken ist Niedersachen; hier sind auch Apotheker aus Hamburg und Sachsen-Anhalt versichert, die sich keine eigene Einrichtung leisten wollten. 9500 Mitgliedern, die zuletzt 70 Millionen Euro einzahlten, stehen 2300 Versorgungsempfänger gegenüber, an die 50 Millionen Euro ausgezahlt wurden. Der Kapitalstock beläuft sich auf 1,8 Milliarden Euro.
Seit 2012 wird das operative Geschäft nicht mehr von der Ärzteversorgung in Hannover betreut, sondern von der Verwaltungsgesellschaft für Versorgungswerke (VGV) in Berlin. Hier werden auch die Mitglieder der Versorgungswerke der Ärzte aus Berlin und Hamburg, der Landtierärzte in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sowie der Berliner Architekten betreut. Auch die Berliner Apothekerversorgung wickelt ihr Geschäft über die VGV ab.
Knapp 6000 Mitglieder und 1000 Rentner aus der Hauptstadt und aus Brandenburg gehören zur Apothekerversorgung Berlin. Mitgliedsbeiträgen von knapp 45 Millionen Euro stehen Auszahlungen von 15 Millionen Euro gegenüber. Die Kapitalanlagen summieren sich auf knapp 900 Millionen Euro. Wie Niedersachsen konnte auch Berlin den Rechnungszins bei 4 Prozent halten.
Dagegen hatte das Versorgungswerk der Apothekerkammer Nordrhein den Rechnungszins bereits 2012 auf 2,5 Prozent gekürzt. Hier gibt es 7600 Mitglieder mit 65 Millionen Euro an Beiträgen und 1800 Leistungsempfänger mit 36 Millionen Euro an Auszahlungen. An Kapitalanlagen stehen 1,9 Milliarden Euro bereit. Auch in Westfalen-Lippe hat man den Rechnungszins bereits auf 3 Prozent gekappt. Betroffen sind knapp 6500 Mitglieder und 2000 Leistungsempfänger. An Beiträgen eingenommen wurden zuletzt 51 Millionen Euro, ausgezahlt 43 Millionen Euro. Erwirtschaftet werden Erträge aus einem Topf von 1,9 Milliarden Euro.
Ebenfalls 3 Prozent beträgt der Rechnungszins in Hessen, wo 5900 Mitgliedern knapp 1700 Leistungsempfänger gegenüber stehen. 46 Millionen Euro betrugen zuletzt die Einnahmen, 26 Millionen Euro die Auszahlungen. Kapitalstock: 1,4 Milliarden Euro.
Zu einer drastischen Absenkung des Rechnungszinssatzes von 3,65 auf 2 Prozent mussten sich zuletzt die Apotheker in Schleswig-Holstein durchringen. Ihr Versorgungswerk zählt 2800 Mitglieder, davon 550 Selbstständige und 2200 Angestellte, und 700 Rentner. Insgesamt verwaltet das Versorgungswerk 600 Millionen Euro Kapitalanlagen, wobei zuletzt 21 Millionen Euro aus Beiträgen dazugekommen und 14 Millionen Euro für Auszahlungen abgeflossen sind.
Insgesamt haben die 89 Versorgungswerke der verschiedenen Berufsstände 950.000 Mitglieder. Mit 18 Einrichtungen liegen die Ärzte vorn, die mit 420.000 Berufsangehörigen allerdings auch der stärkste Berufszweig sind. 16 Versorgungswerke haben die Rechtsanwälte, sechs die Notare – gemeinsam stellen diese Berufsgruppen 170.000 Mitglieder. Die 70.000 Zahnärzte sind in 15 Versorgungswerken versichert, die knapp 50.000 Steuerberater in 12. Für die 123.000 Architekten gibt es nur fünf Versorgungswerke, weitere Berufsgruppen sind Tierärzte, Wirtschaftsprüfer, Psychotherapeuten und Ingenieure.
Als erste berufsständische Versorgungseinrichtung wurde 1923 die Bayerische Ärzteversorgung gegründet; die Mediziner sorgten sich angesichts der Inflation um ihre Altersvorsorge. Nach dem Krieg schloss Konrad Adenauer die Freien Berufe von der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung aus. Heute gibt es vor allem in SPD-Kreisen immer wieder Bestrebungen, die Freien Berufe zurückzuholen.
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